Denkmaldatenbank

Tuileriensäule

Obj.-Dok.-Nr. 09075574
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Inselstraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Denkmal & Säule
Datierung nach 1564
Entwurf Delorme, Philibert
Bauherr Wessel, Friedrich Wilhelm (Lampenfabrikant)

An einer leichten Steigung der Inselstraße steht vor dem Grundstück Inselstraße 8 ein kleines Ruinenensemble auf einer halbkreisförmigen Platzerweiterung des Bürgersteiges. Es handelt sich um ein Architekturfragment aus Paris, die so genannte Tuilerien-Säule (1), die aus dem 1871 im Pariser Kommune-Aufstand niedergebrannten königlichen Palast, dem Tuilerien-Schloss, stammt. (2) Friedrich Wilhelm Wessel hatte das Architekturstück beim Abbruch der Schlossruine erworben und es 1884 am Eingang seiner neu erworbenen Insel aufstellen lassen. Das sieben Meter hohe Schlossfragment besteht aus einer Marmorsäule mit korinthischem Kapitell und Gesimsstück sowie einem Bogenteil und einer Konsole mit Widderkopf, gestützt von Ziegelmauerwerk. Die der Havel zugewandte Rückseite ließ Wessel einer klassischen Exedra ähnlich halbkreisförmig mit einer Steinbank ausbilden. Dort ist ein Vanitas-Vers in den Stein gemeißelt, der lautet: "Dieser Stein vom Seinestrande / hergepflanzt in deutsche Lande / Ruft Dir, Wanderer mahnend zu: / Glück, wie wandelbar bist du !" (3)

An dieser Stelle, die damals noch nicht bebaut war, gehörte die Säule zu den werbewirksamen Inszenierungen, mit denen Wessel den Verkauf der Inselparzellen anzukurbeln suchte. (4) Der landschaftlich reizvolle Standort bot einen einmaligen Rundblick auf die Havellandschaft. Im Rahmen der 2003 erfolgten Restaurierung des Säulenmonuments konnte mit der Freilegung einer Sichtachse auf die Havel auch ein Teil des Panoramablicks zurückgewonnen werden. Neben seiner Bedeutung als Point de vue am Zugang zur Inselkolonie ist der authentische Rest des verlorenen Tuilerien-Schlosses ein Beleg für die außerordentliche Qualität französischer Bauornamentik des 16. Jahrhunderts.


1) Pomplun, Kurt: Berliner Häuser, Geschichte und Geschichten, Berlin 1975, S. 84 f.; Reclams Kunstführer 1977, S. 540; Wolff 1983, S. 104; Endlich/Wurlitzer 1990, S. 219; Reif/Schumacher/Uebel 2000, S. 21, 51, 53 201, 204, 257.

2) Vom zerstörten königlichen Tuilerien-Schloss, das ab 1564 von Philibert Delorme für Katharina von Medici errichtet worden war, existieren nur noch die beiden Eckpavillons de Marsan und de Flore, die in den Louvre-Komplex eingebunden sind.

3) Der Text stammt von der Gattin des Verlegers Dr. Paul Parey, der wie Wessel Mitglied des Vereins Seglerhaus am Wannsee war.

4) Wessel ließ zur Aufwertung des Gebiets verschiedene "Staffagen" aufstellen.

Literatur:

  • Wolff, Karl, Wannsee, 4. Aufl., Berlin 1974 / Seite 104
  • Reclam Berlin, 1980 / Seite 540
  • Curth, Roland, Insel Schwanenwerder =Geschichtslandschaft, Zehlendorf, 1992 / Seite 412-428

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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