Denkmaldatenbank

ehem. Alliierter Checkpoint Bravo (Dreilinden) mit Bärenplastik

Obj.-Dok.-Nr. 09075573
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Potsdamer Chaussee 61A, 61B, 62, 63
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Militäreinrichtung & Plastik & Tankstelle & Raststätte
Datierung 1956, 1968-1973
Entwurf & Ausführung Sintenis, Renée (Bildhauer)
Entwurf Bauamt Nord der Oberfinanzdirektion Berlin (Hans Joachim Schröter) & Bauabteilung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Rainer Gerhard Rümmler)

Die Potsdamer Chaussee dient nicht nur als wichtige Ausfallstraße, sondern auch als Zubringer zum Zehlendorfer Autobahnkreuz der A115, dem so genannten Kleeblatt. Kurz vor der Autobahnauffahrt erinnert auf dem Mittelstreifen der Chaussee ein kleiner Ehrenhain mit hohem Holzkreuz an die Opfer des Aufstandes am 17. Juni 1953. (1) Die vier der Form eines vierblättrigen Kleeblattes nachempfundenen Autobahnauffahrten, die insgesamt eine Fläche von 12 Hektar einnehmen, wurden als Teil der Reichsautobahn Berlin-Hannover 1940 fertig gestellt. Mit dem Autobahnbau war 1938 begonnen worden; der Anschluss an die Avus (Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße), der so genannte Avus-Verbinder entlang des Nikolassees, wurde 1941 vollendet. Zum Kleeblatt gehört ein großer Parkplatz, der südlich der Potsdamer Chaussee oberhalb der Autobahn im Zusammenhang mit der Einrichtung des Kontrollpunktes Dreilinden, dem Alliierten Checkpoint Bravo an der Potsdamer Chaussee 61A-63, gebaut wurde. (2) Die Parkfläche diente einst als "Stauraum", um bei schleppender Grenzkontrolle die wartenden Fahrzeuge aufzunehmen. Der 1968-72 erbaute und 1971 eröffnete Kontrollpunkt war bis zur Öffnung der deutsch-deutschen Grenze 1989/90 einer der wichtigsten Grenzübergänge, über die man von West-Berlin die Bundesrepublik Deutschland erreichen oder in die DDR einreisen konnte; nur von hier aus gelangte man über die Transitstrecken nach Helmstedt und Hof. Der in seiner Struktur unverändert erhaltene Grenzkontrollpunkt zeugt von den schwierigen Verhältnissen während der deutschen Teilung.

Der Neubau der Grenz- und Zollgebäude unmittelbar hinter dem Kleeblatt war notwendig geworden, weil die DDR sich 1968 entschlossen hatte, die alte winklige Führung der Autobahn mit dem Grenzübergang in Albrechts Teerofen durch ein neues Teilstück zwischen den neuen Kontrollpunkten Drewitz auf DDR-Terrain und Dreilinden auf West-Berliner Stadtgebiet zu ersetzen. (3) Der amerikanische Teil des Kontrollpunktes Dreilinden bekam die Bezeichnung Checkpoint Bravo; er war damit einer von drei durch die Amerikaner genutzten alliierten Kontrollpunkte im geteilten Deutschland beziehungsweise im geteilten Berlin. (4) Die Grenzanlage besteht seitdem aus einem Brückenbauwerk, dem eigentlichen Alliierten Kontrollgebäude, der Raststätte Dreilinden, zwei Tankstellen und den Verplombungsrampen für den LKW-Transitverkehr. Was der Reisende bei der Fahrt von und nach Berlin-West sofort wahrnahm, war das H-förmige Alliierte Kontrollgebäude, das aus einem Brückenbauteil und zwei seitlichen flachen Zoll-Abfertigungsgebäuden besteht. Der Stahlbeton-Komplex wurde zusammen mit zwei Rampenanlagen, wo die Lastkraftwagen für die Durchfahrt der DDR verplombt wurden, unter Hans-Joachim Schröter vom Bauamt Nord für die Oberfinanzdirektion Berlin errichtet worden. 1972 kamen, ebenfalls nach Entwurf des Bauamts Nord, Erweiterungsbauten für die LKW-Abfertigung hinzu. Allen Bauteilen gemeinsam ist eine zweckmäßige, auf die Konstruktion reduzierte Architektur, die ihre Funktionen klar zum Ausdruck bringt. Lediglich die mit weißem Keramikmosaik verkleideten Flachbauten des Kontrollgebäudes zeigen ein dekoratives Element. Während der deutschen Teilung, als die freien Zugangswege in das Bundesgebiet für das politische und wirtschaftliche Überleben der Stadt eine existentielle Rolle spielten, hatte das Brückenbauwerk eine besondere Bedeutung als Ein- und Ausfahrttor für West-Berlin.

Nördlich davon liegen drei von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen unter Rainer G. Rümmler, dem damaligen Leiter der Entwurfsgruppe in der Abteilung Hochbau, errichtete Bauwerke: die 1973 eröffnete Raststätte Dreilinden nahe beim Stauraumparkfeld sowie jeweils eine Tankstellenanlage an Ein- und Ausfahrtsseite der Bundesautobahn, deren Bau bereits 1968-69 erfolgte. (5) Noch mehr als das konstruktivistische Brückenbauwerk erzielen die drei von Rümmler entworfenen Gebäude durch ihre kräftige Form- und Farbgebung eine auffällige Signalwirkung. (6) Vor allem der viergeschossige knallrote Kopfbau der Raststätte mit blauem Turmaufsatz und Beschriftung "Dreilinden", auf dessen Spitze sich ein gelbes "R" (für Raststätte) drehte, ragt in das Blickfeld des Autofahrers. Wie "einem Nietkopf ähnlich", sollte der "in die Böschung zwischen Kontrollpunkt- und Stauraumebene" geschobene Baukörper eine Brückenfunktion wahrnehmen. (7) Dafür gab Rümmler dem Betonbau eine stark plastische Gestalt, die in Dynamik, in Rundungen und Flächigkeit sowie in Details, wie etwa den blauen Fensterbändern, an Bauten der Neuen Sachlichkeit erinnert. Der über konzentrischen Kreisen sich erhebende Kopfbau setzt sich bis zur Geländeböschung mit einem brückenartigen Bauteil fort, um eine Anbindung zum oberen Parkplatz des Stauraumes zu ermöglichen. Vorbild für die turmartige Form war wohl die Raststätte an der Nordkurve der Avus von 1935-36. Auch dieser Bau zeigt einen runden Turmbau mit umlaufenden Galerien. (8) Die plakative Architektur am Kontrollpunkt Dreilinden sollte sicherlich auch ein Zeichen gegen die tristen Abfertigungsanlagen auf der DDR-Seite setzen. Bereits Ende der 1970er Jahre verlor die Raststätte aufgrund des Viermächteabkommens, das eine zügigere Grenzabfertigung mit sich brachte, ihre Bedeutung und wurde geschlossen; im Erdgeschoss richtete man um 1978 einen Imbiss ein. Nach der Wiedervereinigung wurde auch dieser nicht mehr benötigt. (9) Nach langem Leerstand ist nun die Sanierung und die Wiederbelebung der früheren Raststätte geplant.

Auch die beiden von Rümmler entworfenen baugleichen Tankstellen, die direkt an den südlichen Ein- und Ausfahrten des Kleeblattes stehen, sind seit langem außer Betrieb. Die bunten Stahlskelettbauten vergegenwärtigen noch mehr die farbenfreudige Popkultur der 1970er Jahre; alles ist groß und bunt. Die gesamte Tank- und Abfertigungsanlage wird von einem mächtigen Dach mit hoher roter Kante überdeckt, das auf ebenfalls roten breiten Vollwandträgern ruht. Letztere sind von großen Löchern durchbrochen, wobei die mittleren von einem gelben Rohr durchstoßen werden, in dessen Enden Uhren mit großen Ziffern gesteckt sind. Funktionalität und Verspieltheit dieser Stilepoche sind hier in Szene gesetzt.

Nahe den Tankstellen steht zwischen den Leitplanken, der 1956 von Renée Sintenis geschaffene Berliner Bär. Die Bronzeplastik in der für Sintenis typischen naturgetreuen Gestaltung steht auf einem Granitsockel, der die Aufschrift "Berlin" trägt. Das Berliner Wappentier "winkt aufrecht schreitend den Einreisenden zu und zeigt den Ausreisenden den Rücken". (10)


1) Bis 1951 stand hier das sowjetische Panzerdenkmal, das an den Endkampf um Berlin und an den Sieg der Roten Armee erinnerte.

2) Rümmler, Rainer G.: Neubau der Raststätte Dreilinden. In: Die Bauverwaltung 48 (1975), H. 8, S. 280 f.; Rave/Knöfel 1981, Obj. 358; BusB VIII B 1980, S. 98, 119. Zur Autobahn Berlin-Helmstedt vgl. Mielke, Hans-Jürgen: Die Autobahn Berlin-Helmstedt, Über 160 km Langeweile ?, Berlin 1984.

3) Das alte Teilstück der Reichsautobahn (Avus-Anbinder) verlief parallel zur Stammbahn, der 1838 eröffneten ersten preußischen Eisenbahn Berlin-Potsdam, und bog dann scharf nach Süden ab, um den Teltowkanal zu überqueren. Hier, auf einem schmalen Streifen bei Albrechts Teerofen, befand sich der zu Berlin (West) gehörende Kontrollpunkt Dreilinden. Die funktionslose Brücke über dem Teltowkanal, für lange Zeit Standort eines Camping-Platzes, sowie die aufgelassene alte Trasse sind heute noch vorhanden. Ebenfalls erhalten ist die 1951-52 erbaute Raststätte Dreilinden; vgl. Albrechts Teerofen 44/45 in Wannsee.

4) Er wurde nach dem zweiten Buchstaben des heutigen ICAO-Alphabets benannt. Checkpoint Alpha war die west-alliierte Seite des Grenzüberganges Helmstedt-Marienborn und Checkpoint Charlie der alliierte Grenzkontrollpunkt innerhalb Berlins.

5) Mitarbeiter R. Dübner, G. Schneider, D. Kremser vom Senator für Bau- und Wohnungswesen, Abt. VI.

6) Baubeschreibung von Rainer G. Rümmler zu seinen U-Bahnhofentwurf Fehrbelliner Platz. In: BusB X B (1), S. 89.

7) Rümmler, Rainer G.: Neubau der Raststätte Dreilinden. In: Die Bauverwaltung 48 (1975), H. 8, S. 280. In dem Gebäude war auch eine Polizeistation, eine Trafostation sowie Toiletten für den angrenzenden Stauraum für PKW untergebracht.

8) Entwurf Oberbaurat Bettenstaedt von der Reichsbauverwaltung. Das im Krieg beschädigte Haus wurde in den 1950er/-70er Jahren mehrmals umgebaut und erweitert, zuletzt unter der Regie von Rainer G. Rümmler. Vgl. Wörner/Mollenschott/Hüter 1997, S. 133, Obj. 216.

9) In den 1980er Jahren richtete man im zweiten oberen Geschoss eine Büroetage für das Bundesamt für Güterverkehr ein.

10) Endlich/Wurlitzer 1990, S. 212.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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