Denkmaldatenbank
Wohnhaus Otto-Erich-Straße 9
09075561 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Wannsee |
Adressen | Otto-Erich-Straße 9 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Wohnhaus |
Datierung | 1906-1907 |
Entwurf | Blunck, Erich (Architekt) |
Bauherr | Pallat, Ludwig |
Ausführung | A. Liebenow (Baugeschäft) |
Das geräumige Wohnhaus, das sich 1906-07 der angesehene Erziehungswissenschaftler und Archäologe, damals Oberregierungsrat im Preußischen Kultusministerium, Professor Ludwig Pallat (1) auf der Parzelle Otto-Erich-Straße 9 erbauen ließ, liegt heute verborgen hinter zwei Mehrfamilienhäusern der 1980er Jahre. (2) Diese sind vorne an der Straße auf abgetrennten Grundstücken allerdings so aufgestellt, dass dazwischen ein Blick auf die charakteristische hohe Giebelfront des Landhauses Pallat möglich ist.Das von Erich Blunck entworfene Haus zählt zu den wichtigsten reformerischen Landhausbauten Berlins, die unter dem Einfluss von Hermann Muthesius nach 1900 entstanden. Blunck, einer der Hauptexponenten des modernen Landhausbaues, verband in seinen Entwürfen traditionelle Elemente altdeutscher bürgerlicher Wohnhäuser mit denen des englischen Landhausstils. Stets sind seine Häuser individuelle, auf die Bedürfnisse des Bauherrn zugeschnittene Eigenheime, die das moderne Einfamilienhaus mit gehobenem Anspruch für den ländlichen Vorort verkörpern.
Alle Merkmale der Reformbewegung sind am Haus Pallat zu finden. Die flache Lagerung des Baukörpers sichert den bequemen Zugang zum Garten. Blunck hatte extra den Garten absenken lassen, um das Untergeschoss mit Küche, Speisezimmer und Gartenhalle ebenerdig auszubilden. Ein rauer Edelputz umfasst die ornamentfreien Fassaden, deren flächiger Eindruck durch bündig gesetzte, weiß gestrichene Fenster gesteigert wird, die nach englischem Vorbild mit kleinteiligen Sprossen unterteilt sind. Ihre unterschiedlichen Formate und die asymmetrische Verteilung spiegelt das Raumkonzept wider. Um das Volumen des immerhin viergeschossigen Hauses optisch zu reduzieren, ist das hoch aufragende ausladende Steildach mit Krüppelwalm ausgebildet.
Im Innern veranschaulicht eine originelle Raumgliederung einen unkonventionellen bürgerlichen Wohnstil, der mehr Wert auf Komfort und Zweckmäßigkeit als auf Repräsentation legte. Über einen seitlichen Eingangsvorbau gelangt man auf eine Zwischenebene, von der aus Treppen zum Untergeschoss auf Gartenniveau oder zum Erdgeschoss führen. Um zentrale Dielen sind ebenerdig zwei Wohnzimmer, das Kinderspielzimmer und eine Nähstube sowie in der oberen Etage Schlaf-, Fremden- und Mädchenzimmer gruppiert, während im Dach 1911 noch ein Atelier hinzukam. Die ungewöhnliche Führung der Haustreppe schafft abwechslungsreiche Raumbeziehungen, die vom Wechsel von engen zu weiten Räumen bestimmt sind. So durchmisst die Treppe an der rechten vorderen Hausseite beginnend, Podeste und Dielen passierend, mehrfach gewendelt das ganze Haus, bis sie schließlich im Dachgeschoss nach einer Kehrtwendung von über 180 Grad endet. In dieser Art von Organisation des Hauses löste sich Blunck nicht nur vom Villenstil des 19. Jahrhunderts, er vermied auch die englische "hall" mit seitlicher Erschließungstreppe. Stattdessen fand er eine eigene bauliche Lösung, um die individuellen Wünsche des Bauherrn mit den Prinzipien eines modernen Landhauses zu vereinen.
1) Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 7. München 1998, S. 551; Degeners Wer ist´s ?, X. Ausg. Berlin 1935, S. 1180.
2) BusB IV C, S. 147; Posener 1979, S. 160, 165, Abb. 7 f.; Bappert/Immenhausen/Schneider 2000, S. 44, 251.
Literatur:
- BusB IV C 1975 / Seite S. 147 (Bauangaben dort fehlerhaft)
- Weber/ Kleine Baugeschichte Zehlendorfs, 1970 / Seite S. 60
- Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 70
- Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 7. München (1998) / Seite 551
- Degeners Wer ist´s ?,Berlin (1935) / Seite 1180
- Posener, Julius: Berlin auf dem Weg einer neuen Architektur, München, 1979 / Seite 160, 165
- Bappert/Immenhausen/Schneider: Wannsee-Bilderbuch, Berlin 1992 / Seite 44, 251
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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