Denkmaldatenbank

Wohnhaus Kyllmannstraße 4

Obj.-Dok.-Nr. 09075557
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Kyllmannstraße 4
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1927-1928
Entwurf Ahrends, Bruno (Architekt)
Bauherr Heß, Carl (Arzt)

Parallel zur Hugo-Vogel-Straße verläuft die nach dem in Wannsee ansässigen Architekten und Stadtverordneten benannte Kyllmannstraße. (1) Das Wohnhaus in der Kyllmannstraße 4 wurde 1927 von Bruno Ahrends für den Arzt Dr. Carl Heß als Einzelwohnhaus mit integrierter Arztpraxis erbaut. Das heute zwischen zwei mehrgeschossigen Wohnbauten eingeengte Haus stand ursprünglich auf einem nach Süden hin offenen, wesentlich größeren Grundstück. Es stellt ein gestalterisch eindrucksvolles Beispiel für den Mitte der 1920er Jahre einsetzenden Übergang vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit in der Architektur dar. Der quaderförmige helle Putzbau mit Klinkersockel und markantem Klinkerportal liegt erhöht über dem Straßenniveau. Ein flaches überstehendes Dach, breite Fensterformate mit horizontaler Sprossung, ein weites Portal mit aufliegendem, bis zu den seitlichen Fenstern reichenden Klinkergesims betonen die Horizontale. Einen Blickfang bildet das differenziert gestaltete Portal durch sein schräg gestelltes Gewände aus geschichteten Ziegeln mit dekorativ auskragenden Klinkerköpfen und rahmenden Klinkerbändern. Das Erscheinungsbild wird von einer stützmauerartigen Betoneinfriedung mit Klinkerabdeckung abgerundet. Die Erschließung über eine mehrläufige Treppe mit seitlichem, auf dem oberen Podest eckig ausgeweitetem Geländer ist geschickt inszeniert.

Mit seinem quaderförmigen Baukörper, der an der Südseite durch einen verklinkerten Erker, an der Westseite durch eine vorspringende Veranda und an der Nordseite durch einen eingeschossigen Anbau ergänzt wird, entspricht das Haus den gestalterischen Zielen der Neuen Sachlichkeit, die weitgehend auf schmückenden Dekor verzichtete und allein auf die Wirkung der Proportionen der architektonischen Gliederung des Baukörpers vertraute. (2) Dazu gehören ferner die horizontalen Fensterteilungen und das flache Dach. Fensterklappläden und sichtbare Balkenköpfe unter dem Dachüberstand sind hingegen Relikte traditioneller Fassadengestaltung. Erinnerungen an den Expressionismus ruft vor allem die Eingangssituation mit dem Klinkerportal, der großen Laterne und den spitz auslaufenden Treppenstufen hervor. Der Grundriss zeigt einen auf die individuellen Bedürfnisse des Bauherrn zugeschnittenen Baukörper, der keinem der seinerzeit richtungsweisenden Vorbilder zuzuordnen ist. Zwar sind gewisse Einflüsse der damals einflussreichen Architekten Peter Behrens oder Walter Gropius noch spürbar, im Prinzip aber zeigt sich hier ein neuer Typ des frei konzipierten modernen Einzelwohnhauses.


1) Walter Kyllmann (1837-1913) wohnte Am Kleinen Wannsee 4. Beruflich war er mit Adolph Heyden assoziiert; er entwarf 1901 den ersten Bebauungsplan für Dahlem. Als Regierungskommissar vertrat er Preußen auf den Weltausstellungen von Paris, Wien und Chicago. Vgl. Ribbe/Schäche 1987, S. 634; Kieling 1987, S. 233; Thieme-Becker 1925, Bd. 22, S. 154.

2) 1955 wurde in Anpassung an die vorhandene Gestaltung an der Rückseite ein Sprechzimmer angebaut. Von diesem Anbau und der in jüngster Zeit errichteten Garage abgesehen, entspricht das Haus, das zu den am meisten ausgereiften Einfamilienhäusern im Werk von Bruno Ahrends zählt, heute noch weitgehend seinem ursprünglichen Zustand.

Literatur:

  • BusB IV C 1975 / Seite S. 247
  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 121
  • Weber/ Kleine Baugeschichte Zehlendorfs, 1970 / Seite S. 60
  • Ribbe/Schäche: Baumeister, Architekten, Sadtplaner, Biogaphien zur baulichen Ebtwicklung Berlins, Berlin 1987 / Seite 634
  • Kieling, Uwe: Berlin, Baumeister und Bauten, Berlin 1987 / Seite 233
  • Thieme-Becker, Bd. 22 / Seite 154

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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