Denkmaldatenbank

Glienicker Brücke

Obj.-Dok.-Nr. 09075538
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Brücke
Datierung 1905-1907
Entwurf Fürstenau, Eduard
Ausführung Fa Harkort (Duisburg)

Eine markante Stelle im Bereich der Glienicker Schlösser sowie Übergang und Grenze zwischen Potsdam und Berlin bildet die Glienicker Brücke. (1) Seit etwa 1680 überquert an dieser Stelle der Weg zwischen den beiden Residenzstädten die Havel. Anfang des 20. Jahrhunderts musste die 1831-34 nach Entwurf von Karl Friedrich Schinkel errichtete Steinbrücke wegen des stetig zunehmenden Verkehrs zu Lande und zu Wasser ersetzt werden. (2) Die heutige Brücke wurde 1905-07 im Auftrag der Preußischen Wasserbauverwaltung von der Duisburger Firma Harkort als Stahlfachwerkträgerbrücke errichtet. Für die architektonische Gestaltung der Strompfeiler, Brückenköpfe und Uferbefestigungen war die Hochbauabteilung des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten zuständig, die Entwürfe lieferte Oberbaurat Eduard Fürstenau. (3) Bei der Schlacht um Berlin im April 1945 wurde die Glienicker Brücke von der Wehrmacht gesprengt und dabei stark beschädigt; 1947-49 konnte sie weitgehend originalgetreu instand gesetzt werden. (4) Während des Kalten Krieges als Grenzübergang für den Zivilverkehr gesperrt, gelangte das nun "Brücke der Einheit" genannte Bauwerk als Schauplatz für den Austausch von Agenten zwischen Ost und West in den Blick der Weltöffentlichkeit. (5) Ihre verbindende Funktion konnte erst nach den Ereignissen im November 1989 wiederhergestellt werden. Als Symbol für die Zeit der deutschen Teilung wie auch als Abschnitt des an dieser Stelle über mehr als 300 Jahre bestehenden Verbindungsweges zwischen Berlin und Potsdam hat die Glienicker Brücke eine herausragende historische Bedeutung. In ihrer architektonischen Gestaltung, die durch den reizvollen Kontrast von filigranem Stahlfachwerk und monumental ausgebildetem steinernen Unterbau geprägt ist, repräsentiert sie zudem die Ingenieurbaukunst am Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die Brücke ist als dreifeldriger Stahlfachwerkträger, der die Form einer Hängebrücke aufnimmt, mit untenliegender Fahrbahn konstruiert. Die Obergurte verlaufen in einer Kettenlinie über je zwei kräftige Pylonenpfeiler; in der Querrichtung sind jeweils zwei Pylone durch Portalbögen miteinander verbunden. Das durchlaufende Brückentragwerk ruht auf vier Strompfeilern, die eine mittige Durchflussöffnung von 74 Metern und zwei seitliche halb so breite für den Schiffsverkehr freilassen. Die Widerlager an den Ufern sind als runde, bastionsartige Brückenköpfe mit Aussichtsterrassen auf Fahrbahnhöhe und mit zum Ufer hinabführenden Treppen ausgebildet. Sie sind wie die Strompfeiler mit kräftigem Quadermauerwerk verkleidet und nehmen in Anlage und Material Bezug auf den steinernen Vorgängerbau. Auf Potsdamer Seite begleiten Kolonnaden die Brückenauffahrt, auf Berliner Seite sind zwei der ehemals vier Sandsteinskulpturen des Bildhauers Stephan Walter aus dem Jahre 1908 erhalten. (6) Bei der Wiederherstellung 1947-49 konnte zwar der größte Teil der beschädigten Brücke gesichert und wiederverwendet werden, die Tragfähigkeit war aufgrund der Beschädigungen jedoch geringer. Daher wurde die Fahrbahnbreite reduziert, die ehemals seitlich über die Brücke auskragenden Fußwege wurden entfernt und nach innen verlegt sowie die Verdachungen der Portale und Stützen vereinfacht. (7)


1) Die Grenze zwischen Berlin und Potsdam bzw. zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg verläuft genau in der Mitte der Brücke, die damit von zwei Bundesländern je zur Hälfte verwaltet und instand gehalten wird.

2) Die erste, um 1680 errichtete Holzbrücke an dieser Stelle war 1777 durch eine hölzerne Zugbrücke ersetzt worden. Die 1831-34 ausgeführte und von Schinkel entworfene Steinbrücke mit elf steinernen Bögen hatte eine Länge von 177 Metern; die mittlere Durchflussöffnung war knapp 20 Meter breit, für den Schiffsverkehr konnten zwei Zugklappen geöffnet werden.

Vgl. Kaak Glienicker Brücke 1992, S. 447;

Blees 1996, S. 11 ff. Sowohl der Verkehr auf der Straße nahm mit Pferde-Straßenbahnen, Omnibussen und Automobilen zu, als auch der Schiffsverkehr im Zusammenhang mit dem 1906 fertig gestellten Teltow-Kanal. Vgl. Blees 1996, S. 34 ff.

3) Weinland, Martina: Wasserbrücken in Berlin, Berlin 1994, S. 138 f.;

Thiemann, Eckhard/Deszyk, Dieter/Metzing, Horstpeter: Berlin und seine Brücken, Berlin 2003, S. 131 f.;

Blees 1996, S. 34 ff. Der Architekt Eduard Fürstenau (1862-1938) war nach seinem Studium an der TH Berlin ab 1898 Baubeamter im Staatsdienst und leitete seit 1905 das technische Büro der Hochbauabteilung im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, zu seinem Werk gehört u.a. das Geheime Staatsarchiv in Dahlem. Vgl. Saur: Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 46, München-Leipzig 2005.

4) Der Wiederaufbau war zu diesem Zeitpunkt die wirtschaftlichste Lösung. Vgl. Dehnert, Hans: Die Wiederherstellung der Glienicker Brücke bei Potsdam. In: Bauplanung und Bautechnik 3 (1949), Nr. 12, S. 375-84.

5) Tatsächlich wurden nur dreimal - 1962, 1985 und 1986 - Agenten ausgetauscht. Vgl. Blees 1996, S. 91 ff.6) Je zwei männliche und weibliche Kentauren. Die ursprünglich auch auf Potsdamer Seite vorhandenen Figuren sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

6) Zu Stephan Walter (1871-1937) siehe: Thieme-Becker 1925, Bd. 35, Leipzig 1942, S. 132.

Auf Potsdamer Seite fehlen neben den Skulpturen auch Gittertor, Obelisk und Brunnenanlage an den Kolonnaden (Vgl. Blees 1996, S. 44 f.). Der stählerne Brückenaufbau war ursprünglich mit schmiedeeisernen Türmchen über den Pylonen und Ziertafeln an den Portalen geschmückt; die Tafeln wurden bereits 1927, die Aufsätze 1931 entfernt (Vgl. Blees 1996, S. 48). Darüber hinaus wurde 1938 für den vierspurigen Ausbau der Königstraße die östliche Auffahrt der Brücke angehoben und verbreitert, infolgedessen musste die Große Neugierde des Glienicker Schlosses nach Norden versetzt werden (Vgl. Kaak Glienicker Brücke 1992, S. 454).

7) Nur rund 200 Tonnen der insgesamt 1.400 Tonnen schweren Stahlkonstruktion mussten erneuert werden. Brückenhebung: Beuchelt & Co., Tiefbauarbeiten: Siemens-Bauunion GmbH, Stahlbauarbeiten: Krupp-Druckenmüller. Die Bauarbeiten begannen im November 1947 und waren im Dezember 1949 weitgehend abgeschlossen.

Vgl. Dehnert, Hans: Die Wiederherstellung der Glienicker Brücke bei Potsdam. In: Bauplanung und Bautechnik 3 (1949), Nr. 12, S. 377 ff.

Literatur:

  • Kaak, Heinrich: Die Glienicker Brücke, in: Geschichtslandschaft, Zehlendorf, 1992 / Seite 447
  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 165f
  • Bauplanung und Bautechnik 3 (1949) 12 / Seite .
  • Kaak, Heinrich: Die Glienicker Brücke, in: Geschichtslandschaft Berlin, Bd. 4 Zehlendorf, Berlin 1992 / Seite 447
  • Blees, Thomas: Glienicker Brücke, Berlin 1996 / Seite 11, 34 ff
  • Weinland, Martina: Wasserbrücken in Berlin, Berlin 1994 / Seite 138 f
  • Thiemann, Eckhard; Deszyk, Dieter; Metzing, Horstpeter: Berlin und seine Brücken, Berlin 2003 / Seite 131 f
  • Dehnert, Hans: Die Wiederherstellung der Glienicker Brücke bei Potsdam, in: Bauplanung und Bautechnik 3 (1949) 12 / Seite 375-384
  • Thieme-Becker, Bd. 35 / Seite 132
  • Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 76f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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