Denkmaldatenbank

Auch das repräsentative Wohnhaus Bismarckstraße 46 liegt weit hinter dem Vorgarten mit einer zweigeteilten Vorfahrt zurück. Eine elegante Einfriedung mit massivem Stabgitterzaun und barock geschwungener Toranlage begrenzt das Grundstück zur Straße hin. Der Architekt Paul Renner entwarf das vornehme Wohnhaus mit Mansarddach, hohem Mittelrisalit und mächtigem Dreiecksgiebel 1911 für den Fabrikbesitzer Otto Müller aus Görlitz. (1) Das 1912 fertig gestellte Haus wurde in einem sachlich-strengen Stil errichtet: Der achsensymmetrische naturfarbene Putzbau mit Sockel und Eckbänderungen wird maßgeblich durch den zweigeschossigen Mittelrisalit geprägt, dessen Gestaltung anhand von monumentalen Pilastern, drei großen Hallenfenstern, einem Balkon über der kassettierten Eingangstür und einem Thermenfenster im Frontispiz dem Gebäude eine würdevolle Noblesse verleiht. Die Rückfront zum See mit vorgewölbter Terrasse ist beidseitig von halbrunden Söllern flankiert und als Schaufassade ebenfalls durch einen breiten Dreiecksgiebel betont. Dahinter fällt das Grundstück steil zum See hin ab, wo sich - inzwischen auf dem Nachbargrundstück Nr. 44 - ein zugehöriges Gartenhaus befindet. Paul Renner, der neben Villen und Landhäusern auch Industrieanlagen entwarf, orientierte sich mit seinem Entwurf im Sinne der von Alfred Messel begründeten Bauschule an Vorbildern aus Spätbarock und Klassizismus. Typisch sind hier die ausgewogenen, lagernden Proportionen, der vom Dreiecksgiebel überfangene Mittelrisalit, die Eckbänderungen und die reizvollen bildhauerischen Details in Form von Putten, Vasen und Festons darstellender Reliefs. Innen ist das repräsentative Raumgefüge um eine großzügige, über zwei Geschosse reichende zentrale Halle mit Holztäfelung und dreiläufig gewendeter Treppe gruppiert. Die Belichtung erfolgt durch bleiverglaste Hallenfenster mit buntfarbiger Glasmalerei. Der Grundriss ist streng symmetrisch aufgebaut: Hinter dem mittig angeordneten Eingang mit Windfang, Garderobe und Gäste-WC liegen um die Halle U-förmig gruppiert die Wohnräume. Die ursprünglich im Keller befindliche Küche mit Speisenaufzug wurde im Rahmen einer behutsamen Modernisierung und Instandsetzung 2004 ins Erdgeschoss verlegt. Paul Renner schuf mit dem Haus Müller einen vornehmen Wohnsitz von zurückhaltender Eleganz. Mit seiner auf frühklassizistischen Vorbildern fußenden, aber in eine eigene sachliche Formensprache umgesetzten Formgebung überwand er den preußischen Historismus bereits zu einem frühen Zeitpunkt.

1) Architekt Paul Renner, Sammelwerk moderner Bauten und Architektur von Paul Renner, o. J. (vermutl. 1914), mit einer Einführung von Paul Westheim, S. 53-57.

Otto Müller war vermutlich einer der fünf Söhne des Görlitzer Seidenfabrikanten ("Gloria-Seide") und Stadtverordneten Otto Müller (1829-1908). Vgl. www.goerlitz.de/stadtportrait-von-goerlitz/stadtgeschichte/ persönlichkeiten (zuletzt geprüft am 01.03.2013).

Neben der Berliner Adresse Bismarckstraße 46 in Wannsee besaß Otto Müller ein Rittergut in Weissack, Kr. Luckau, Heideblick. Vgl. http://www.maerkische-landsitze.de/lexikon.htm#-M- (zuletzt geprüft am 01.03.2013).