Denkmaldatenbank

Wohnhaus Am Sandwerder 39

Obj.-Dok.-Nr. 09075519
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Am Sandwerder 39
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1928-1929
Entwurf Schweitzer, Heinrich (Architekt)
Bauherr
Ausführung Allgemeine Häuserbau AG (AHAG)

Gegen Ende der 1920er Jahre ließ der Mediziner und Privatgelehrte Dr. Bruno Mendel auf dem östlichen, zur Straße hin gelegenen Teil des Grundstücks ein modernes Wohnhaus für sich und seine Familie errichten. (1) Den Entwurf seines Wohnhauses Am Sandwerder 39, lieferte Heinrich Schweitzer, der als Architekt von Landhäusern und Reihenhäusern zuvor insbesondere in Dahlem hervorgetreten war. Mit dem 1928-29 errichteten Haus bewies der 57jährige, dass er - der Schule Alfred Messels entstammend - auch die Prinzipien der Neuen Sachlichkeit glänzend beherrschte. (2) Einflüsse aus Amerika, zum Beispiel von Frank Lloyd Wright, sind unverkennbar. Wieder stand ein Bauplatz nahe der Straße an der nördlichen Grundstücksgrenze zur Verfügung - ein Ort, der Am Sandwerder traditionell den Nebengebäuden zugedacht war. Schweitzer setzte den Neubau mit der Schmalseite dicht an die Straße, sodass sich die Längsseite des Baukörpers entlang der Nachbargrenze in die Grundstückstiefe erstreckt. Damit war es möglich, dem Haus nach Süden und Westen hin großzügige Gartenflächen vorzulagern. Das sockellose Gebäude besitzt rot verklinkerte Fassaden. Sein flach geneigtes, in Schiefer gedecktes Walmdach flieht hinter dem weit überstehenden Dachkasten zurück. Das im seltenen englischen Verband mit Fugenschnitt gesetzte Mauerwerk, ein umlaufendes Stockwerkgesims aus Naturstein und zu Dreier- bis Sechsergruppen zusammengefasste Fenster führen zur Betonung der Horizontale. Der Bau erlangt damit eine lagernde, ruhige Ausstrahlung. Dies wird an der Straßenfassade nochmals geschickt unterstrichen, indem das Gesims über seitliche, die Terrasse und den Eingang abgrenzende Maueröffnungen hinausgeführt wird. Gemeinsam mit den fein abgestimmten Proportionen der Bauteile zueinander ergibt sich so eine sachliche Eleganz, die ursprünglich durch Stahlfenster mit schmalen Rahmen noch verstärkt war. Raumprogramm und Grundriss greifen dagegen wieder auf den klassischen Landhauskanon zurück. Nach Norden hin liegen, von den Wohnräumen durch Diele und Treppe getrennt, der Eingang mit Windfang und Garderobe sowie die Küche und Wirtschaftsräume. Zur Süd- und Westseite öffnen sich die ineinander übergehenden Gesellschaftsräume mit Erker, umlaufender Terrasse und einer Veranda zum Garten. Nach Emigration der Familie Mendel Ende der 1930er Jahre wurde das Haus zwangsverkauft. Anfang der 1960er Jahre bis Mitte der 1990er Jahre diente es als Privat-Hospital-Wannsee. Im Zuge dieser Gebäudenutzung ging die originale Ausstattung größtenteils verloren, sie wurde aber in Anlehnung an den historischen Bestand inzwischen rekonstruiert. (3)


1) Der bedeutende Arzt und Pharmakologe Prof. Dr. Bruno Mendel (1897-1959), Sohn des Mediziners und Forschers Felix Mendel, kam 1922 nach Berlin, arbeitete als praktischer Arzt, als Assistent an der Medizinischen Klinik der Universität Berlin und mit Otto Warburg am Institut für Zellphysiologie der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft; 1933 emigrierte er über die Niederlande nach Kanada, wo er Professor am Banting-Institute der University of Toronto wurde. Vgl. Holldorf, August W.: Mendel, Bruno. In: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 38 f. (http://www.deutsche-biographie.de/sfz61537.html, zuletzt geprüft am 01.03.2013); Berliner Adressbücher 1922, 1930.

2) Der Stuttgarter Heinrich Schweitzer (1871-1953) arbeitete 1900-08 bei Alfred Messel; als Chef des Entwurf-Büros war er maßgeblich an Messels großen Aufträgen beteiligt. Vgl. Schweitzer, Emmy: Die Entwicklung Dahlems, wie ich sie seit 1907 erlebte, unveröff. Manuskript im Archiv der Domäne Dahlem, geschrieben 1967, S. 3. Als selbstständiger Architekt baute er neben Wohnhäusern den Admiralspalast (1910) und das Bürohaus des Deutschen Herold (1928). Vgl. Posener 1995, S. 631.

3) Kaltenbach, Angelika: Denkmalgerechte Instandsetzungen in Wannsee. In: Denkmalschutz und Denkmalpflege, Berlin 2001, S. 89 f.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 141
  • Kaltenbach, Angelika: Denkmalgerechte Instandsetzungen in Wannsee, in: Denkmalschutz und Denkmalpflege, Berlin 2001 / Seite 89f.
  • Posener, Julius: Berlin auf dem Weg zu einer neuen Architektur, München 1995 / Seite 631
  • Holldorf, August W.: Mendel, Bruno, in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994) / Seite 38f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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