Denkmaldatenbank

Villa Wild

Obj.-Dok.-Nr. 09075516
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Am Sandwerder 1
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1875
Entwurf Petzholtz, Ernst (Maurermeister)
Bauherr Wild, Emil (Lampenfabrikant)

Mit dem Haus Wild, Am Sandwerder 1 ist einer der ältesten Wohnsitze in der Villenkolonie Wannsee erhalten. Das vom Bahnhofsvorplatz wie auch von der Dampfer-Anlegestelle her sichtbare Gebäude liegt hoch über dem See am Rand einer öffentlichen Grünanlage. Ein Stück davon war bis 1975 Bestandteil des parkartigen Villengartens, den der Lampenfabrikant Emil Wild auf seinem 8.330 Quadratmeter großen Wassergrundstück anlegen ließ. Dazu gehörte auch das kürzlich restaurierte, auf einer kleinen Aussichtsterrasse am Hang liegende Standbild der "Borussia" von Eduard Lürssen. Wild hatte es auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 erworben und in seinem Garten oberhalb des Eiskellers aufstellen lassen. (1)

Mit Entwurf und Ausführung der Turmvilla war 1875 der Potsdamer Hofbaumeister Ernst Petzholtz betraut. Dieser hatte in der Nachfolge von Ferdinand von Arnim für den Prinzen Carl in Glienicke gearbeitet und brachte somit beste Referenzen mit. Mit dem Bau von Turmvillen war er in Potsdam seit Ende der 1860er Jahre befasst. (2) Das Gebäude ist über eine kleine Stichstraße vom Sandwerder aus erreichbar. Von der bauzeitlichen Einfriedung sind die gemauerte Toreinfahrt mit schmiedeeisernen Flügeln und eine frei im Gelände stehende Pergola an der ehemaligen südöstlichen Grundstücksecke erhalten. Durch ein im rechten Winkel zur Villa an die rechte Grundstücksgrenze gesetztes, ziegelsichtiges Nebengebäude von zwei Stockwerken mit Pultdach und Mittelrisalit entstand hinter der Einfahrt ein kleiner Vorplatz. Das Haupthaus steht in der Tradition der Schinkelschule und ist insbesondere von Persius' italienisierenden Villenbauten beeinflusst. Der ursprünglich symmetrische Bau mit flachen Risaliten an der Eingangs- und Seeseite wurde 1891 und 1908 asymmetrisch erweitert. Sein zweigeschossiger, durch Stockwerkgesimse und ein kräftiges Kranzgesims horizontal betonter Baukörper ruht auf einem Sockelgeschoss und besitzt ein sehr flach geneigtes Dach. Die glatt verputzten Fassaden sind durch applizierte Pilaster, Architrave und Rundbögen gegliedert. Die Eingangsseite wird durch einen zweiachsigen, flachen Mittelrisalit mit minimal geneigtem Giebeldach betont. Über dem von einer Doppelarkade umschlossenen Eingang mit zwei Türen hat im Obergeschoss die Skulptur einer Muse Platz gefunden. Der zierlich wirkende Turm befindet sich asymmetrisch an der Seeseite. Das Motiv der offenen Turmhalle mit Aussichtsplattform übernahm Petzholtz aus Glienicke, wo er 1870 den Remisenturm aufgestockt und ganz ähnlich ausgebildet hatte. Statt des Palladio-Motivs baute er hier aber Doppelarkaden im Turmgeschoss. In ihrer schlichten, aber doch ausdrucksvollen Gestaltung, die von guter baukörperlicher Durchbildung und ausgewogenen Proportionen gekennzeichnet ist, lässt die Villa Wild in ihrem Architekten Petzholtz einen "gehobenen Entwerfer in der Enkelgeneration der Schinkelschule" erkennen. (3) 1915 übernahm der Maschinenbau- und Textilfabrikant Julius Gebauer die Villa, von 1945 bis 1964 war sie im Besitz des Volkskommissariats für den Außenhandel der UdSSR. 1975 wurde sie in sechs Wohneinheiten aufgeteilt und sukzessive restauriert. Im Inneren sind Stuck- und Holzkassettendecken erhalten. (4)

Wilds Kompagnon in der Lampenfabrik Wild & Wessel, der spätere Gründer der Kolonie Schwanenwerder Wilhelm Wessel, ließ 1874 - ebenfalls von Ernst Petzholtz - eine Villa auf dem Nachbargrundstück Am Sandwerder 3 bauen. Im Gegensatz zur Villa Wild ist diese aber nicht in ihrer ursprünglichen Gestaltung erhalten, sondern sie wurde 1911 grundlegend umgestaltet.


1) Bei Untersuchungen von 1997 wurden noch folgende Datierung und Signaturen gefunden: 1776, Steinmetzzeichen von P. Wimmel (Brüstungsquader der Plattform), Inschrift: P. Wimmel, P. Rosche, Hofsteinsetzmeister, Ed. Luerssen, A. Luerssen, Bildhauer, E. Sputh, Architekt (Sockelplatte), unveröff. Gutachten i.A. des Landesdenkmalamtes, Berlin 2004.

2) Zum Beispiel die Villen Henckel und Quistorp, die Aufstockung des Remisenturms von Schloss Glienicke. Zu Petzholtz siehe: Bohle-Heintzenberg 1997 und ausführlich Bröcker 2005, S. 200-218.

3) Bernhard, Andreas: Die Bautätigkeit der Architekten von Arnim und Petzholtz. In: Schloss Glienicke 1987, S. 105.

4) Berlin-Wannsee, Am Sandwerder 1, Umbau und Restaurierung eines Landhauses, hrsg. v. Senator für Bau- und Wohnungswesen, Berlin 1977.

Literatur:

  • Informationsblatt des Senators für Bau- und Wohnungswesen Berlin 2/77, Berlin-Wannsee, Am Sandwerder 1, Umbau und Restaurierung eines Landhauses Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 125
  • Bernhard, Andreas: Die Bautätigkeit der Architekten von Arnim und Petzholtz in
    Schloss Glienicke 1987 / Seite 105
  • Bohle-Heintzenberg/Hamm: Architektur und Schönheit, Berlin 1997 Bröcker, Ulrike: Die Berliner Vorstädte 1861-1900, Worms 2005 / Seite 200-218

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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