Denkmaldatenbank
Haus Springer
09075510 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Wannsee |
Adressen | Am Großen Wannsee 39 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Wohnhaus & Landhaus |
Datierung | 1901 |
Entwurf | Messel, Alfred (Architekt) |
Bauherr | Springer, Ferdinand (Verlagsbuchhändler) |
Das Haus Springer, Am Großen Wannsee 39, ist eine Ikone der Berliner Landhausbewegung. Der Verlagsbuchhändler Ferdinand Springer hatte 1901 das große, damals mit der Conrad-Villa Nr. 8 bebaute Grundstück erworben. (1) Noch im gleichen Jahr ließ er von dem renommierten Wertheim-Architekten Alfred Messel ein Wohnhaus bauen, das als eines der ersten und vollendetsten Landhäuser nach englischem und amerikanischem Vorbild in die Berliner Baugeschichte einging. (2) Messel setzte das Haus bewusst an die höchste Stelle des Grundstücks und mit seiner Schmalseite zum Wannsee, sodass der Garten in zwei unterschiedliche Partien geteilt wurde. Zum Hauseingang an der Südseite führt eine geschwungene Vorfahrt. Der tiefer gelegene südwestliche Gartenabschnitt wurde Ende der 1970er Jahre mit einer Wohnanlage bebaut, das Haus Springer in ein Mehrfamilienhaus umgewandelt - die äußere Gestaltung blieb dabei erhalten. Das ebenerdige Haus besitzt eine um 1900 in Deutschland ungewöhnliche Form und Materialität: kein Sockelgeschoss sowie vor- und zurückspringende Bauteile wie Giebelrisalite mit asymmetrischen, weit heruntergezogenen Dächern, Erker, Loggien, überdachte Austritte, Hebefenster, an der Außenwand sich abzeichnende Schornsteine. All diese der englischen Landhausarchitektur entlehnten Stilelemente sind zu einer malerisch-harmonischen Einheit zusammengeführt; dazu gehört auch eine hellgraue Fassadenbekleidung mit bossierten Muschelkalksteinen im Erdgeschoss, die Ton-in-Ton mit einem hohen, Pfannen gedeckten Mansarddach und einem Schindelbehang an Obergeschoss und Giebeln steht. Die Holzschindelverkleidung erinnert aber auch an den nordamerikanischen "Shingle style", der bei ländlichen Bauten Neuenglands bereits in den 1870er Jahren typisch war. Die aufgelockerte äußere Form des Hauses Springer wird wesentlich bestimmt durch den vielgliedrigen Grundriss, der gemäß den Prinzipien des englischen Hauses aus der Funktion heraus entwickelt ist. (3) Er wurde im Rahmen von Instandsetzung und Umbau zum Mehrfamilienhaus 1979 in Teilen verändert. In der Mitte liegt immer noch, hinter dem zurückgesetzten Eingang mit offener Vorhalle, die bis zur Gartenseite durchgehende Wohndiele mit Treppe zu Obergeschoss und Galerie. Sie erschließt Herren-, Damen- und Speisezimmer sowie den durch eine Dienstbotentreppe abgetrennten Küchentrakt. Der Diele an der Nordseite vorgelagert ist eine überdachte Terrasse. Sie führte auf ein symmetrisches Rasenparterre, das ehemals von einem Landschaftsgarten eingefasst wurde. Der Verlust dieser ebenfalls von Alfred Messel entworfenen Gartenanlagen wirkt sich auf das Erscheinungsbild des Gebäudes aus, das heute wie ein kostbarer Solitär in einer ihm fremden Umgebung ruht. Ferdinand Springer verkaufte das Haus 1922 an die Rustika AG. 1933 erfolgte die Einrichtung einer Dienststelle der Deutschen Arbeitsfront und von 1940-45 wurde es als "Reichschulungsburg der NSDAP" genutzt. (4) 1956-71 gehörte es als "Haus IV" zum Krankenhaus Wannsee. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind an der Zufahrt des Grundstückes Am Großen Wannsee 38 noch zwei Torpfeiler erhalten geblieben, die wie die Torpfeiler von Haus Springer ebenfalls von Alfred Messel entworfen wurden - Springer hatte das Seegrundstück 1904 erworben und dort einen Teepavillon errichten lassen. (5)
1) Zur Vorgeschichte des Grundstücks, das 1883 mit der Conrad-Villa Nr. 8 bebaut worden war und zahlreiche Nebengebäude aufwies: Vgl. Heinisch/Schumacher 1988, S. 156 f. Der Bau des Hauses Springer wird dort irrtümlich als "Erweiterung und Umbau Wohngebäude" bezeichnet.
2) Posener 1979, S. 160; Alfred Messel, Ein Führer zu seinen Bauten, hrsg. v. Artur Gärtner, Robert Habel und Hans-Dieter Nägelke, Kiel 2010, S. 143 f. mit weiterführenden Literaturangaben; Habel, Robert: Alfred Messels Wertheimbauten in Berlin, Berlin 2009, S. 668-671; Jacob, Brigitte: Alfred Messel. In: Ribbe/Schäche 1987, S. 301-320.
3) Es unterscheidet sich damit wesentlich von Messels 1898 fertig gestelltem Landhaus Wilhelm Wertheim in Berlin-Grunewald, dessen Fassaden ebenfalls Landhauselemente aufwiesen, dessen Grundriss aber noch dem blockartigen Villenschema entsprach. Abb. in: Alfred Messel, Ein Führer zu seinen Bauten, hrsg. v. Artur Gärtner, Robert Habel und Hans-Dieter Nägelke, Kiel 2010, S. 120 f.
4) Villenkolonien 2000, S. 68.
5) Heinisch/Schumacher 1988, S. 156.
Literatur:
- BusB IV C 1975 / Seite 145
- Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 96-97
- Heinisch/Schumacher: Colonie Alsen, Berlin 1988 / Seite 153, 156 f
- Posener, Julius: Berlin auf dem Wege zu einer neuen Architektur, München 1979 / Seite 160
- Gärtner/Habel/Nägelke (Hrsg.): Alfred Messel, Ein Führer zu seinen Bauten, Kiel 2010 / Seite 120, 143 f
- Kampe, Norbert (Hrsg.): Villenkolonien in wannsee 1870-1945, Berlin 2000 / Seite 68
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