Denkmaldatenbank

Wohnhaus Am Großen Wannsee 4A

Obj.-Dok.-Nr. 09075506
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Am Großen Wannsee 4A
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1932-1933
Entwurf Lesser, Moritz Ernst (Architekt)
Bauherr Gericke, Herbert
Ausführung Heilmann und Littmann AG

(...) entstand 1932-33 das Wohnhaus Am Großen Wannsee 4A. Bauherren waren Professor Herbert Gericke und seine Frau Erika, eine Enkelin von Eduard Arnhold. Herbert Gericke bekleidete seit 1928 das Amt des Direktors der von Eduard Arnhold gegründeten Villa Massimo in Rom. (1) Das in Hanglage über dem Wannsee ruhende Haus wurde von Moritz Ernst Lesser entworfen. Im Gegensatz zu anderen Berliner Bauten des Architekten, die eher einer moderaten Moderne zuzuordnen sind, wirkt Haus Gericke avantgardistisch und nimmt damit eine Sonderstellung in seinem Werk ein. (2) Es ist ein zur Straße eingeschossiger, zum Wannsee unter Ausnutzung der Hanglage zweigeschossig ausgebildeter, hell verputzter Mauerwerksbau mit überstehendem Flachdach. Der Einbau einer Travertinwand und einer neuen Eingangstür an der Straßenfassade sowie Veränderungen an den Fenstern wurden 1955 vorgenommen. (3) Gleichwohl ist der Charakter des Hauses als bauliches Zeugnis der Neuen Sachlichkeit erhalten geblieben. Der Baukörper ist an der Straße schmal und verbreitert sich in zwei Stufen zur Seeseite hin, wo ein zylindrischer Bauteil asymmetrisch eine Gebäudeecke betont. Bedingt durch die Hanglage befindet sich der Hauseingang im Obergeschoss. Konzeption und Raumgefüge sind außerordentlich großzügig. Eindrucksvoll sind insbesondere die zweigeschossige Halle mit Galerie, Kamin und Panoramafenster zum See sowie das ovale Speisezimmer, das nach außen hin mit seiner halbkreisförmigen Fassade als vorspringender Bauteil in Erscheinung tritt. Im Obergeschoss liegt hier eine umlaufende Balkonterrasse mit relingartigem Geländer, welche die gerundete Form aufnimmt und dem Gebäude zusammen mit dem ebenso halbkreisförmig umlaufenden Dach das aerodynamische Aussehen von Schiffsaufbauten verleiht: Ein beliebtes Motiv des Neuen Bauens, für die das Haus Gericke mit den sonst strengen geometrischen Formen seines stark plastisch wirkenden Kubus ein herausragendes architektonisches Beispiel darstellt.


1) Herbert Gericke (1895-1978) wurde 1938 aus dem Amt entlassen, 1956 wiederberufen und leitete das Institut bis 1965. Vgl. Windholz, Angela: Villa Massimo, Zur Gründungsgeschichte der Deutschen Akademie in Rom und ihrer Bauten, Petersberg 2003.

2) Der Entwurf stand unter dem Eindruck eines zuvor von Gericke ausgeschriebenen Architekturwettbewerbs, an dem u.a. auch Ludwig Mies van der Rohe teilnahm. Vgl. Haus Gericke, Projekt, Berlin-Wannsee. In: Mies in Berlin, hrsg. v. Terence Riley und Barry Bergdoll, München-London-New York 2001, S. 268-271. Zu Ernst Moritz Lesser siehe: Warhaftig 2005, S. 313 ff.

3) Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Bau- und Wohnungsaufsicht, Bauakte. Architekt: Kurt Weise; die filigranen Fenster der 1950er Jahre sind mittlerweile durch Kunststofffenster ersetzt, geringe Veränderungen erfolgten auch im Gebäudeinneren.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 91
  • Windholz, Angela: Villa Massimo, Zur Gründungsgeschichte der Deutschen Akademie in Rom und ihrer Bauten, Petersberg 2003Haus Gericke, Projekt, Berlin-Wannsee, in: Riley, Terence; Bergdoll, Barry (Hrsg.): Mies in Berlin, München/ London-New/ York 2001 / Seite 268-271
  • Warhaftig, Myra: Deutsche jüdische Architekten vor und nach 1933, Berlin 2005 / Seite 313 ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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