Denkmaldatenbank

Säuglingsheim Alsenstraße 12

Obj.-Dok.-Nr. 09075500
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Alsenstraße 12
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Säuglingsheim

Auf der Nordseite der 1889 chaussierten Alsenstraße blieb ein breiter Abschnitt unbebaut. Hier reichen die Sport- und Spielplatzanlagen des 1926 eingeweihten Sportstadiums Wannsee bis zur Straßenflucht. Westlich der Sportplätze erstreckt sich an der Charlotten- und Schulstraße ein Schulbaukomplex mit der alten Gemeindeschule von Wannsee. Auf dem Schulgrundstück befand sich auch ein Kinderhort, der seinerzeit in einer einfachen Holzbaracke untergebracht war. Als Erweiterung ließ der Verein Kinderhort Wannsee 1926-27 einen massiven Anbau auf dem Grundstück Alsenstraße 12 nach Plänen des in Wannsee wohnenden Architekten Bruno Ahrends errichten. (1) Der Neubau, ein Säuglingsheim mit einer Tag- und Nachtkrippe, steht daher auf dem Grundstück weit zurückgesetzt von der Bauflucht. Der eingeschossige Putzbau mit ausgebauten Räumen im steilen Satteldach könnte der äußeren Form nach ein traditionelles Einfamilienwohnhaus sein, wäre nicht die nach Süden gerichtete offene Veranda vorhanden. Die gesamte Hausbreite einnehmend, diente sie einst als Liegehalle, um den Säuglingen ausreichend Licht, Luft und Sonne zu bieten. Sich der Sonne und der frischen Luft auszusetzen, galt seit der Jahrhundertwende als gesundheitsfördernde oder heilende Maßnahme. Vor allen in den Elendsquartieren der Berliner Mietshausviertel war vor und besonders nach dem Ersten Weltkrieg die Säuglingssterblichkeit und Unterversorgung der Kleinkinder sehr groß. Auch im vornehmen Wannsee war zur Säuglingsfürsorge und -pflege dieser Kinderhort an der Alsenstraße geschaffen worden, da viele Frauen, kriegsbedingt allein stehend, zur Berufstätigkeit gezwungen waren. Wie auch in anderen Bezirken Berlins übernahm ein privater Verein die Trägerschaft, da die Kommune nicht über ausreichende Mittel für die Wohlfahrtspflege verfügte.

Bautypologische Vorbilder für die Einrichtung eines modernen Säuglingsheimes gab es damals nicht, sodass Ahrends eigens ein Raumprogramm aufstellen musste. Im Erdgeschoss brachte er neben der Liegehalle Schlaf-, Tages- und Sanitärräume sowie einen Untersuchungsraum unter, während im Obergeschoss Schwesternzimmer und ein Krankenzimmer lagen. Damit hatte er ein vorbildliches und zukunftsweisendes Modell zur Säuglingsunterbringung geschaffen. Seit einem Umbau von 1990 ist allerdings die ursprüngliche Raumaufteilung nur noch in einigen Hausbereichen vorhanden.

Der Bau von Ahrends besticht durch eine detailreiche expressionistische Ausgestaltung. Vorhangfenster der Liegehalle, wellenförmig geschnittene Balken der Halle, Gitter mit Zackenmotiven, ein Spitzerker auf der Ostseite, der das Untersuchungszimmer markiert, Ziegelverblendungen in Fischgrätmuster und auch der schuppenartige Kellenputz geben dem Ganzen ein heimeliges, verwunschenes Flair, was recht gut zur Bestimmung des Gebäudes passte. Es wird auch heute von einem sozialen Trägerverein genutzt.


1) Bruno Ahrends, mit einer Einleitung von Fritz Stahl (= Kunst und Architektur der Gegenwart), Berlin 1927, Taf. XIII.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 65
  • Kunst und Architektur der Gegenwart, Berlin 1927

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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