Denkmaldatenbank

Weiter westlich, wo ehemals die Baracke des Kinderhortes lag[.erstreckt sich an der Charlotten- und Schulstraße ein Schulbaukomplex mit der alten Gemeindeschule von Wannsee. Auf dem Schulgrundstück befand sich auch ein Kinderhort], grenzt das weitläufige Gelände der Conradschule, Charlottenstraße 10, an. (1) Hier liegen längs der beiden Straßen drei Gebäude der früheren Gemeindeschule Wannsee, die der damals in Wannsee ansässige Architekt Otto Stahn in zwei Bauetappen geschaffen hat. (2) Die außerhalb des Dorfkerns errichteten Gemeindebauten veranschaulichen das rasche Wachstum von Stolpe zum Ende des 19. Jahrhunderts. Besonders der 1898 erfolgte Zusammenschluss zur Landgemeinde Wannsee ließ die Schülerzahl im Einzugsgebiet rapide anwachsen. (3) Die Räumlichkeiten der alten Schulbauten am Wilhelmplatz und an der Kohlhasenbrücker Straße reichten längst nicht mehr aus. (4) Zunächst entstand 1897-98 an der Charlottenstraße ein neues Gebäude; doch nur wenige Jahre später musste die Gemeinde erneut bauen. So folgten 1903-04 an der Schulstraße ein weiteres größeres Schulgebäude und, an der Ecke zur Charlottenstraße, ein Wohnhaus für den Rektor der jetzt zwölfklassigen Gemeindeschule. In Erinnerung an den Gründer der Villenkolonie Alsen erhielt sie den Namen Conradschule. Mit den Neubauten legte die Gemeinde das kurze Stück der Schulstraße an, die man damals noch über das spätere Sportplatzgelände hinweg bis zur Königstraße zu verlängern plante.

Alle drei Schulbauten sind in dem für Otto Stahn typischen neogotischen Backsteinstil gehalten. Trotz ihres zurückhaltenden, akademischen Habitus heben sie sich deutlich von der dörflichen Bebauung ab und sind als öffentliche Gebäude erkennbar. Allerdings zeigen sich in der Ausgestaltung und im Aufbau bestimmende Unterschiede. Blieb Stahn bei seinem ersten Schulbau an der Charlottenstraße durch einen einfachen Aufbau mit Traufständigkeit und Achsensymmetrie noch im dörflich-ländlichen Maßstab, so ist der nachfolgende Erweiterungsbau schon deutlich repräsentativer angelegt. Der Architekt erhöhte die Geschosse, betonte die Risalite mit Stufengiebeln, verdichtete die neogotischen Elemente und gab dem Bau größere, mehrfach gesprosste Fenster. Das Direktorenwohnhaus nahm er dagegen zurück - der bescheidene Würfelbau mit Walmdach sollte beide Schulgebäude optisch miteinander verbinden. Ein 1982-84 von Horst Hielscher und Georg P. Mügge geschaffener halbkreisförmiger Grundschulneubau schließt an den Altbau von 1904 an und umfasst einen großen Pausenhof am Ende der Schulstraße. Seine Verkleidung mit roten Klinkern und auch seine Maßstäblichkeit sorgen für eine harmonische Verbindung von alter und neuer Bausubstanz. (5) Seitdem dient die jüngere Schule von Stahn ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß als Teil der Conrad-Grundschule, während das ältere Gebäude heute von der Japanischen Internationalen Schule zu Berlin genutzt wird.

1) BusB V C, S. 376, 419, 441 f.; Bauwelt 78 (1987), S. 1197-1201.

2) Otto Stahn (1859-1930), von 1888 bis 1897 als Regierungsbaurat bei der Stadt Berlin beschäftigt und vor allem mit der künstlerischen Ausgestaltung Berliner Brücken befasst, u.a. Oberbaumbrücke (1894-96). Zugleich war er Vorsitzender der Landgesellschaft Kleiner Wannsee. Vgl. Bahns 1971.

3) Das Dorf Stolpe wurde 1898 mit den Kolonien Steinstücken und Kohlhasenbrück, dem Etablissement Nikolskoe und den Villenkolonien Alsen und Wannsee zur Landgemeinde Wannsee zusammengeschlossen.

4) Vorhergehende Schulbauten in Stolpe: Wilhelmplatz 1, erbaut 1845, und Kohlhasenbrücker Straße 14, erbaut 1875.

5) Auch der 1957 errichtete rückwärtige Erweiterungsbau wurde 1984 miteingebunden, wodurch der gesamte Raum städtebaulich neu geordnet wurde. Vgl. BusB V C, S. 289-291, Wolff 1983, S. 101.