Denkmaldatenbank

Reichsluftschutzschule, Krankenhaus Heckeshorn

Obj.-Dok.-Nr. 09075480
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Am Großen Wannsee 77, 80
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Ausbildungsstätte
Datierung 1938-1939
Entwurf Siedler, Eduard Jobst (Architekt)
Bauherr Präsidium des Reichsluftschutzbundes

Die Straße Am Großen Wannsee endet als Sackgasse in einem asphaltierten Platz, der von einer Klinkermauer mit angedeuteten Torbauten eingefasst und von zwei übereck stehenden Klinkergebäuden dominiert wird. Die den Platz rahmenden Baulichkeiten - ein zweigeschossiges Verwaltungsgebäude mit spitzem Satteldach und großen Fensterkreuzen sowie ein eingeschossiges Torgebäude mit einer von einem breiten Segmentbogen überspannten Durchfahrt - bilden den öffentlichen Empfangsraum der 1938-39 errichteten ehemaligen Reichsluftschutzschule, Am Großen Wannsee 77, 80. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs diente sie für kurze Zeit als Kaserne der amerikanischen Streitkräfte. Ab 1947 wurde der umfangreiche Gebäudekomplex als Städtisches Tuberkulosekrankenhaus Heckeshorn genutzt, dann sukzessive zur Lungenfachklinik ausgebaut; er bildete zuletzt mit dem "Bereich Heckeshorn" einen Teil der Zentralklinik Emil von Behring. (1)

Die Anlage erstreckt sich auf einem gut 90.000 Quadratmeter großen, bewaldeten Areal, das zum Teil auch als Landschaftsschutzgebiet mit zahlreichen Naturdenkmalen ausgewiesen ist. Die Planung einer Reichsluftschutzschule, einer Ausbildungsstätte für Luftschutzwarte, begann im Mai 1937 mit dem Erwerb der Grundstücke durch den damals gegründeten Reichsluftschutzbund. Den Entwurf der Anlage lieferte Eduard Jobst Siedler, der Architekt des Zehlendorfer Rathauses und des Erweiterungsbaus der Reichskanzlei in Berlin-Mitte. (2) Ein wesentlicher Aspekt seiner Planung war die Bewahrung der bewaldeten Landschaft, wobei das Verstreuen der einzelnen Bauten auf dem Gelände womöglich auch ein Erkennen aus der Luft erschweren sollte. Hinter dem Torhaus öffnet sich ein von Kiefern bestandener, wie eine Lichtung im Wald wirkender weiter Platz. Er wird rechts und links von zwei lang gestreckten, zweigeschossigen Gebäuden gefasst. Links liegt das eigentliche Schulgebäude, mit zweigeschossiger gläserner Halle und jeweils vier Klassen pro Etage sowie einem Ausstellungsraum im Obergeschoss. Die Räume wurden nach 1950 zu Krankenstationen umgebaut. Rechts gegenüber steht das "Wohlfahrtsgebäude" - einst mit einem bemerkenswerten stützenlosen Vortragssaal von 440 Quadratmeter Grundfläche, Kantine, Bierkeller, Kegelbahn und Wirtschaftsflügel ausgestattet. 1952 erfolgte der Umbau zu Stationsräumen, Laboratorien und Schwesternzimmern. Eine der Geländetopografie folgende geschwungene Straße führt von hier aus in eine Senke hinunter, wo sich weitere Schulungsgebäude befinden, und von dort wieder hinauf zu acht zweigeschossigen Wohnhäusern mit Satteldächern am Waldrand. 1943 entstand zwischen Verwaltungs- und Schulgebäude ein Hochbunker; in der Zeit des "Kalten Krieges" diente dieser als Notkrankenhaus. Ihm gegenüber steht das "Haus der Stamm-Mannschaften" mit Garagen und Werkstätten im Untergeschoss. Auch hier wurden ab 1952 Räume des Krankenhauses eingerichtet. Der ursprünglichen Bestimmung entsprechend sind sämtliche Gebäude in den Kellergeschossen mit Luftschutzräumen ausgestattet. Die äußere Gestaltung der geradlinigen, mit Walm- und Satteldächern eingedeckten Baukörper ist zeittypisch zweckmäßig und schlicht. Die Fassaden wirken allein durch das braun-rötliche bis bläuliche Farbspiel der Klinker, wobei einzelne Partien dezent durch abstrakte Ornamente hervorgehoben sind. Dazu gesellen sich einige gliedernde Motive - so besitzen die Eingänge zum Beispiel einzeln oder in Dreiergruppen gesetzte Segmentbogenportale, die durch leicht vorkragende flache Klinkerbänder und Stürze mit angedeutetem Schlussstein betont werden. Die Dachgesimse sind mit im "deutschen Verband" gesetzten Friesen versehen. Ein weiteres wiederkehrendes Motiv bilden die durch Geländergitter auf Betonkonsolen angedeuteten Austritte in den Obergeschossen. (3) Ein Charakteristikum stellen die überwiegend sehr groß dimensionierten weiß gerahmten Fenster dar.

Mit Anlage und Gestaltung der ehemaligen Reichsluftschutzschule versuchte Eduard Jobst Siedler, zwischen Siedlungs- und Kasernenbau zu vermitteln, indem er die Gebäude zum einen in die vorhandene Umgebung einpasste und formal mit Gestaltungselementen des ländlichen Bauens versah, zum anderen aber diese in Lage und Größe übersteigerte und die dekorativen Details auf wenige Formen reduzierte. Unter den erhaltenen Großbauten aus der Zeit des Nationalsozialismus in Berlin stellt die ehemalige Reichsluftschutzschule damit ein bemerkenswertes Beispiel dar.


(1) Zur Zeit nutzt auch das DRK (Blutspendedienst) einige Gebäude, weitere stehen zur Disposition. Zur Geschichte der Lungenklinik Heckeshorn vgl.: Krankenhaus Zehlendorf, Örtlicher Bereich Heckeshorn, Einladung anlässlich der Fertigstellung der neuen Häuser 20. Februar 1992 (Denkmalakte).

(2) BusB III, S.111; Schäche 1991. Schäche gibt noch 1938 als Planungsbeginn an, tatsächlich erfolgte der Erwerb der Grundstücke bereits am 21.05.1937 vom Preußischen Staat und von Dr. Collignon (Am Großen Wannsee 72/76); die Bauzeichnungen stammen vom Dezember 1937 sowie Januar bis März 1938.

(3) In den Bauzeichnungen hat Siedler dahinter noch Fenstertüren vorgesehen, ausgeführt sind nur Fenster.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 108f
  • BusB III 1966 / Seite 111
  • Schäche, Wolfgang: Architektur und Städtebau in Berlin zwischen 1933 und 1945, Berlin 1991Donath, Matthias: Architektur in Berlin 1933-1945, Berlin 2004 / Seite 159-161

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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