Denkmaldatenbank

Wohnhausgruppe Hugo-Vogel-Straße 12, 14, 16, 18, 27

Obj.-Dok.-Nr. 09075464
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Hugo-Vogel-Straße 12, 14, 16, 18, 27
Denkmalart Ensemble
Sachbegriff Wohnhausgruppe
Datierung 1895-1905

In der Hugo-Vogel-Straße - ehemals Moltkestraße - bauten gleich drei in Wannsee tätige Architekten: Carl Bernhard, Otto Stahn und Adalbert Metzing; alle drei nahmen in der Straße auch ihren eigenen Wohnsitz. (1) Ein eindrucksvolles Beispiel für die ursprüngliche Bebauung dieses Abschnittes der Kolonie Alsen bildet eine Wohnhausgruppe von 1895-1905 in der Hugo-Vogel-Straße 12/18, 27. Im Gegensatz zu den zumeist sehr großen, mit herrschaftlichen Landhäusern und Villen bebauten Grundstücken am Seeufer entstanden in der Hugo-Vogel-Straße auf überwiegend kleineren Parzellen Sommerhäuser mittlerer Größe. Die Bauherren entstammten dem gut situierten Bildungsbürgertum. Die von Bernhard, Metzing und Stahn geschaffenen Villen sind einander sehr ähnlich. Zumeist historisierend "altdeutsch" im Fachwerkgewand des 15./16. Jahrhunderts errichtet, zeigen sie niedrige, oft Stein verkleidete Sockel, ein massiv gemauertes und verputztes Erdgeschoss, Fachwerkwände oder Fachwerkverblendungen im Obergeschoss, Türmchen, Erker, Ausluchte, Loggien sowie aufwendiges Holzzierwerk in Schwebegiebeln und Veranden. Mit Verwendung dieses in den 1880er Jahren einsetzenden Baustils zeigten sich die Architekten ganz á la mode, wie noch 1900 im Handbuch des Bautechnikers verzeichnet: "(...) und wenn wir auch nicht in unseren Städten ganze Fachwerkhäuser in alter Art von Grund auf errichten können, so sehen wir doch, wie für das freistehende Wohnhaus in der Vorstadt und auf dem Lande die Hauptzierden des alten Holzbaus, die Giebel und Erker und Chörlein, sowie die Auskragungen der Stockwerke mit all ihren farbigen und formenreichen Zuthaten mit großem Geschick wieder herangezogen werden." (2) Formal bilden die Gebäude in der Hugo-Vogel-Straße häufig eine Zwitterstellung zwischen Villa und Landhaus, da ihnen Merkmale beider Gattungen zu Eigen sind. In ihrer städtebaulichen Disposition sind sie durch Versatz vor und hinter der Bauflucht leicht gestaffelt, was zum gefälligen Gesamteindruck wesentlich beiträgt.

Der jüngste Teil des Ensembles, Hugo-Vogel-Straße 12, ist zugleich das größte Gebäude der Gruppe. Es wurde 1904-05 nicht mehr als Sommerhaus, sondern als Wohnhaus mit Praxis für den Arzt Georg Brasch - später Verfasser des Wannsee-Buches - errichtet. (3) Otto Stahn entwarf es als "Landhaus" und ordnete folglich Küche und Anrichte im Erdgeschoss an; gleichwohl ist immer noch ein Souterraingeschoss vorhanden. Die verputzten großflächigen Fassaden strahlen hier eine größere Ruhe aus als die der älteren Villen, die in rotem Biberschwanz gedeckten Satteldächer mit Fachwerkgiebeln zeigen weniger Holzzierwerk. Das Haus in der Hugo-Vogel-Straße 14 entstand 1897 als Sommerhaus für Paul Simon. Auch der Regierungsbaumeister Carl Bernhard bezeichnete seinen Entwurf als "Landhaus", obwohl es mit seinem Sockelgeschoss und in seiner Fassadengestaltung noch Merkmale einer Villa aufweist. Ursprünglich nur mit zwei Zimmern, Diele und Küche im Erdgeschoss sowie drei Zimmern und Kammer im Obergeschoss ausgestattet, wurde es von demselben Architekten 1905 und 1913 auf die heutige Form erweitert.

In der Hugo-Vogel-Straße 16 baute der Regierungsbaumeister Carl Bernhard 1895-96 ein eigenes Wohnhaus für sich und seine Familie. (4) Es besitzt eine bewegte Baugeschichte und ist gewissermaßen ein über die Jahre gewachsenes Haus. (5) Das breit gelagerte, giebelständige Gebäude mit asymmetrischem Flügel links und Schiefer gedeckten Satteldächern fällt unter den anderen Villen durch die ungewöhnliche Form seiner Straßenfront und den reicheren Dekor auf.

Für die Villa Hugo-Vogel-Straße 18 zeichneten Otto Stahn als Architekt und Carl Bernhard als Bauherr verantwortlich. Der Kernbau, ein "Gartenhaus" mit massiv gemauertem und verputztem Erdgeschoss, Fachwerkwänden im Obergeschoss und Schiefer gedecktem Satteldach entstand 1895-96. Es besitzt einen Feldsteinsockel, Sprossenfenster mit grünen Klappläden, einen Erker auf Kopfstreben an der Straßenseite und ein weit auskragendes übergiebeltes Obergeschoss auf Kopfstreben an der rechten Seitenfront - dort befindet sich auch der Hauseingang mit überdachter Treppe.

Die landhausartige Villa Hugo-Vogel-Straße 27 entstand 1902-03 nach einem Entwurf von Otto Stahn für den Kaufmann Julius Stahn. (6) Sie ist nahe an die hintere Grundstücksgrenze zurückgesetzt, sodass sich ein auffallend tiefer Vorgarten ergibt. Die hervorstechenden Merkmale des zweigeschossigen Hauses sind helle Putzfassaden über einem mit bunten Bruchsteinen verkleideten Sockel, ein mit braunem Blendfachwerk versehenes Obergeschoss und eine unterschiedlich tief heruntergezogene, vielgliedrige rote Dachlandschaft mit verdachten Zierschornsteinen.


1) Carl Bernhard in Nr. 16, Otto Stahn in Nr. 31/33 (früher Moltkestraße 29) und Adalbert Metzing in Nr. 35/41 (früher Moltkestraße 30). Vgl. Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Bau- und Wohnungsaufsicht, Bauakten.

2) Hans Issel, Handbuch des Bautechnikers Bd. VIII, Leipzig 1900, zit. nach: Brönner 2009, S. 298.

3) Fabricius: Das Landhaus eines Arztes. In: Das Deutsche Landhaus 4 (1908), H. 4, darin Mitarbeit des Architekten von Csóka erwähnt; Abb. in: Brasch 1926.

4) Laut Bauakte war er Dr. Ing. e. h., Privatdozent und beratender Ingenieur in Berlin; vermutlich handelt es sich um den bekannten Bauingenieur Carl Bernhard, der unter anderem eine große Anzahl bedeutender Brücken konstruiert und maßgeblich am Bau von Peter Behrens Turbinenhalle in Berlin-Moabit mitgewirkt hat. Dieser ist auf dem nahe gelegenen Städtischen Friedhof Wannsee in der Lindenstraße bestattet.

5) 1914 wurde die Villa von Carl Bernhard mit großem Aufwand zum wohnlichen Landhaus umgestaltet, 1926-27 erfolgte, ebenfalls durch Bernhard, ein tief greifender Umbau zum Zweifamilienhaus. 1939 schließlich setzte Johannes Niemeyer das Haus für einen neuen Eigentümer unter Neustrukturierung des Eingangsbereichs einfühlsam instand; zu Niemeyer vgl. Helmut Geisert (Hrsg.): Johannes Niemeyer, Architekt und Maler, Ausstellungskat. der Berlinischen Galerie, Berlin 1990 (Umbau nicht erwähnt). Auch die Modernisierung der jüngsten Zeit - mit einem links vorspringenden Küchenanbau - versuchte sich dem historisch gewachsenen Charakter des Hauses anzupassen; vgl. Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Bau- und Wohnungsaufsicht, Bauakte.

6) Möglicherweise ein Bruder des Baumeisters; die Gräber der beiden befinden sich nebeneinander auf dem Friedhof Wannsee in der Lindenstraße.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 120f
  • Brönner, Wolfgang: Die bürgerliche Villa in Deutschland 1830-1890, Worms 2009 / Seite 298
  • Fabricius: Das Landhaus eines Arztes in
    Das Deutsche Landhaus 4 (1908) 4 Brasch, Georg (Hrsg.): Das Wannseeebuch, (Berlin 1926), 2010

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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