Denkmaldatenbank

Paulinum (heute Evangelisches Theologisches Seminar)

Obj.-Dok.-Nr. 09075420
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Reichensteiner Weg 24, 26

Ehrenbergstraße 6
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Schule
Entwurf 1907
Datierung 1908-1909
Entwurf Kujath, Carl & Delius, Oskar (Maurermeister)
Ausführung Jänicke, August
Bauherr Kuratorium des Paulinums

Breit gelagert dominiert auf der Südwestseite ein imposanter Bau den gesamten Platzraum. Der Architekt des Hauses suchte offenbar, die monumentale Wirkung des mächtigen Baukörpers durcheine malerische Landhausarchitektur abzumildern und ihn an die umgebenden Einfamilienhäusern anzupassen. Denn es war eine landhausgemäße Bauweise vorgeschrieben, als der Zentralausschuss der Inneren Mission 1907-09 sein neues Berliner Paulinum, eine höhere Erziehungsanstalt für Jungen, hier am Reichensteiner Weg 24/26, Ehrenbergstraße 4 (Abb. 99, Liste Nr. 174), errichten ließ.(1) Für den Neubau hatte der Wohlfahrtsverband der Evangelischen Kirche ein ausgedehntes dreieckiges Areal erworben, das begrenzt wird von Reichensteiner Weg, Ehrenberg-, Altenstein- und Wichernstraße und noch zusätzlich Platz bot für ein großvolumiges Dienst- und Wohngebäude an der Altensteinstraße. (2)

Beide Häuser, damals umgeben von parkartigen Gartenanlagen, entstanden zur gleichen Zeit nach Plänen des auf dem Gebiet des Erziehungs- und Wohlfahrtsbaues versierten Architekten Carl Kujath aus Berlin. Die oberste Bauleitung hatte Oberbaurat Oskar Delius vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten inne, der zugleich Mitglied des Kuratoriums des Zentralausschusses war. Das 1864 gegründete Paulinum hatte sich zur Aufgabe gemacht, den "Zöglingen nach Möglichkeit das christliche Elternhaus zu ersetzen und sie durch sittliche wie wissenschaftliche Förderung auf ihren künftigen Beruf vorzubereiten".(3) Das Paulinum in Dahlem bot Platz für bis zu 52 Schüler, die hier wohnen und verpflegt werden konnten. Heute sind hier verschiedene soziale Einrichtungen des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche untergebracht. (4)

Ähnlich wie der Architekt Albert Gessner zur gleichen Zeit Landhausformen auf das städtische Mietshaus übertrug, sah auch Kujath in dieser Entwurfsmethodik eine Lösung der schwierigen Bauaufgabe. Da eine Pavillonbauweise nicht in Frage kam, galt es, das umfängliche Raumprogramm in einem Gebäude unterzubringen. Dieses musste zudem in die im Entstehen befindliche Landhauskolonie eingepasst werden. Fachwerkelemente und vor allem die Auflösung der kompakten Baumasse mittels abwechslungsreiche Dacheinschnitte und tiefe Abwalmungen, Giebel, Loggien und Erker sind die bewährten Mittel. Auch hatte Kujath Ansehen und Anspruch des Paulinums als höhere Erziehungsanstalt zu berücksichtigen. So erhielt die flächige Platzfront eine angemessene Fassung mit Versatzstücken der Renaissance, wie das Portal und die Fensterrahmungen in Werkstein und ein hoher Giebel mit Schleifwerk bezeugen. Eine derartige Reduktion auf wenige historische Stilelemente lassen den Einfluss des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann erkennen, der zeitgleich mit einer Vielzahl von Schul- und Wohlfahrtsgebäuden das wilhelminische Berlin prägte - das bauplastische Renaissanceportal mit den beiden allegorischen Kinderfiguren könnte durchaus auch an einem Hoffmann- Bau vorkommen.


(1) Delius: Über den Bau und Betrieb von Schülerheimen. In: Zentralblatt derBauverwaltung 35 (1915), S. 320 f.; Zentralblatt der Bauverwaltung 36(1916), S. 521 f.; Erziehungs- und Wohlfahrtsbauten von Carl Kujath inBerlin. In: Deutsche Bauzeitung 51 (1917), Nr. 24, S. 117-119, Tafel vorS. 117; Nr. 25, S. 121-124; Engel 1984, S. 62.

(2) Auslöser für den Umzug nach Dahlem war, dass man das seit 1864 bestehendeStammhaus in Berlin, Genthiner Straße 13-15/ Ecke Lützowstraße33-36, für die Errichtung von zwei Bürogebäuden aufgeben musste.

(3) Engel 1984, S. 62.

(4) Seit den 1920er Jahren diente das Gebäude der Verwaltung des Central-Ausschusses der Inneren Mission der Deutschen Evangelischen Kirche.1972-76 Umbau für die Evang. Fachschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik,zum Teil mit großen Eingriffen, hierbei auch Veränderung derFensterteilung.

Literatur:

  • N.N./ Geheimer Oberbaurat Delius in
    Zentralblatt der Bauverwaltung 36 (1916) / Seite 521-522
  • N.N./ Erziehungs- und Wohlfahrtsbauten von Carl Kujath in Berlin in
    Deutsche Bauzeitung 51 (1917) / Seite 116-119, 121-124
  • Topographie Steglitz-Zehlendorf/Dahlem, 2011 / Seite 154-155

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen