Denkmaldatenbank

Haus Wiegand

Obj.-Dok.-Nr. 09075406
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Peter-Lenné-Straße 28, 30

Drygalskistraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1911-1912
Entwurf Behrens, Peter (Architekt)
Bauherr Wiegand, Theodor (Archäologe)

Der durch seine Ausgrabungen von Didyma, Milet, Priene und Samos international bekannt gewordene Archäologe Theodor Wiegand ließ sich nach seiner Berufung zum Direktor der Antikenabteilung der Berliner Museen 1911-12 eine repräsentative Villa,ehemaligen Haus Wiegand, Peter-Lenné-Straße 28/30, im klassizistischen Stil errichten. Der Entwurf für das Haus und die streng darauf bezogene Gartenanlage stammt von dem damals zur Avantgarde gehörenden Architekten Peter Behrens. (1) Dessen an der klassischen Antike sowie am Klassizismus Schinkels orientierter und mit moderner Sachlichkeit gepaarter Monumentalstil scheint den architektonischen Vorstellungen Wiegands in hohem Maße entsprochen zu haben. Auf dieser Grundlage entstand in enger Zusammenarbeit von Architekt und Bauherr eine Ikone der Architektur des frühen 20. Jahrhunderts - ein Archäologenhaus, in dem Form und Inhalt wie auch Tradition und Moderne gleichermaßen perfekt miteinander verschmelzen. Das zweigeschossige Gebäude wird durch graue Steinquaderfassaden mit geböschtem Sockel, ein flach geneigtes Walmdach über einer Attika, Laubengänge und zurückhaltenden klassizistischen Dekor geprägt. Das an der Straßenfassade vor den Eingang gestellte dorische Peristyl soll an das von Wiegand ausgegrabene hellenistische Haus 33 in Priene erinnern. Eine Anleihe an Industriebauten der Moderne sind die in den Kassettendecken verwendeten Glasbausteine. An der Gartenseite treten zwei Seitenrisalite symmetrisch vor einen mit Pfeilern großer Ordnung geschmückten Rücksprung; im Norden schließt ein winkelförmiger Laubengang mit Tennishaus am ehemaligen Tennisplatz an. Hier wie auch im klar strukturierten Grundriss tritt Behrens' große Verehrung für Karl Friedrich Schinkel zutage, der das Laubengangmotiv sowohl am Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci wie auch am Casino in Glienicke verwendete.

Gleichermaßen wie das Äußere des Gebäudes, das Ernst und Würde ausstrahlt, ist auch das Raumprogramm im Erdgeschoss ganz auf die gesellschaftlichen Pflichten des Hausherrn abgestellt. Kernstück der achsensymmetrischen Anlage ist ein großer Gartensaal, dem links ein Speisezimmer und rechts Herrenzimmer mit Bibliothek beigeordnet sind. Zur Straße hin liegen Vestibül und Vorraum, Garderobe und Wirtschaftstrakt. Die Erschließung kommt einer Inszenierung gleich: Sie erfolgt durch den Peristylhof über eine an der linken Seite verborgene Eingangstür und den Windfang, der rechts den Blick in das Vestibül durch eine Panoramascheibe freigibt, weiter zur Garderobe und von dort aus um 180 Grad gewendet in das Vestibül und den lang gestreckten "Vorraum", der wiederum einen Ausblick zurück auf den Peristylhof bietet. In allen Repräsentationsräumen ist die kunsthandwerklich hervorragende wandfeste Innenausstattung erhalten wie zum Beispiel die aus Vogelaugen-Ahorn bestehende Wand- und Deckenverkleidung des Windfangs, die Schleiflack-Paneele der Garderobe mit Hutablage und türkischem Brunnen als Handwaschbecken, das Treppenhaus aus heller Eiche, die Schränke und Regale des Herrenzimmers und der Bibliothek, außerdem Tafelparkett- und Mosaikfussböden. Eindrucksvoll sind die eingebauten archäologischen Fundstücke und Gipsabgüsse, zu denen auch die einem Haus des 18. Jahrhunderts aus Istanbul entstammenden Paneele an den Wänden und Decken des Vorraums vor dem Gartensaal zählen. Sie stehen im Gegensatz zu den von Behrens verwendeten Dekorationssystemen, die ganz im Sinne des Werkbundes durch Formenvereinfachung und große handwerkliche Präzision charakterisiert werden.

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(1) Hoepfner, Wolfgang/ Neumeyer, Fritz: Das Haus Wiegand von Peter Behrens in Berlin-Dahlem, Baugeschichte und Kunstgegenstände eines herrschaftlichen Wohnhauses. In: Das Deutsche Archäologische Institut, Geschichte und Dokumente, Bd. 6, Mainz 1979; Kyrieleis, Helmut: Haus Wiegand von Peter Behrens. In: Das Zwanzigste Jahrhundert, Ein Jahrhundert Kunst in Deutschland, Architektur in Berlin, Köln 1999, S. 24-25; Reidt, Klaus/ Lutz, Barbara A. (Hrsg.): Peter Behrens, Theodor Wiegand und die Villa in Dahlem, Berlin 2004; Breuer, Robert: Das Haus Wiegand in Dahlem bei Berlin. In: Innendekoration 24 (1913), S. 431 ff.; Hoeber, Fritz (Hrsg.): Peter Behrens, München 1913, S. 191 ff.; Breuer, Robert: Haus Dr. Wiegand in Dahlem. In: Deutsche Kunst und Dekoration 17 (1914), Bd. 34, S. 121 ff.; o.A. In: Die Kunstwelt 3 (1913/14), H. 4, S. 129 (Abb.); o. A.: Wohnhaus in Dahlem bei Berlin, Peter Lenné Straße 28-30. In: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 28 (1915), S. 1, Taf. 1-3; Stahl, Fritz: Landhaus Wiegand in Dahlem. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst 3 (1918/19), S. 265 ff.

Literatur:

  • Hoepfner, Wolfram/Neumeyer, Fritz, Das Haus Wiegand von Peter Behrens in Berlin-Dahlem, Mainz 1979Topographie Dahlem, 2011 / Seite 122
  • BusB IV C 1975 / Seite S. 93 (dort weitere Literaturangaben)

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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