Denkmaldatenbank

Die nördliche Seite der rechteckigen Platzanlage vor der Alfred-Wegener-Schule, Im Gehege 6-8, wird von der Reihenhaussiedlung Im Gehege 2-5 u.a. bestimmt, die Heinrich Schweitzer geplant und 1912-33 gemeinsam mit seinem Bauleiter Bruno Ahrends ausgeführt hat. (1) Insgesamt 33 großzügige Einfamilienhäuser umschließen als unterschiedlich lange, zum Teil leicht gekrümmte Zeilen in Blockrandbebauung mit innenliegenden Gärten das Geviert der Straßen Im Gehege, Falkenried, Hohe Ähren und Am Hirschsprung. Die Hausreihen lassen die Blockecken offen, sodass es keine benachteiligten Eckgebäude gibt. Trotz einer sich über mehr als 20 Jahre erstreckenden Bauzeit sind die individuell entworfenen Reihenhäuser durch ihre Zweigeschossigkeit und ihren einheitlichen landhausartigen Charakter mit Satteldächern, Gauben, Giebeln und hölzernen Klappläden zu harmonisch gestalteten Baugruppen zusammengefasst. Dennoch wird der Eindruck einer schematisierten Reihenhaussiedlung vermieden. Die in der Bauflucht vor- und zurückspringenden Fassaden sind mit verschiedenartigen Materialien (roter Backstein, Putz, Fachwerk) gestaltet und durch den Variationsreichtum der Architekturdetails deutlich voneinander unterschieden. Den städtebaulichen Zusammenhang mit dem Platz und der Schule stellt die Hausreihe Im Gehege her, die als malerische Begrenzung des Platzraumes fungiert und als Point de vue von der Königin-Luise-Straße und sogar schon vom Bachstelzenweg aus sichtbar ist.

Kurz nach Genehmigung des Bebauungsplanes von Schweitzer und Jansen erhielt Heinrich Schweitzer die Gelegenheit, die darin projektierte Reihenhaussiedlung zu realisieren. Als erste Baureihe entstanden 1912-13 die fünf Häuser Im Gehege. Darüber hinaus wurden bis zum Ersten Weltkrieg fünf Häuser am Falkenried (Nr. 2/10), acht Häuser in der Straße Am Hirschsprung (Nr. 7/13 und 19/25) sowie das Haus Hohe Ähren 5 für den Maler Ludwig Bartning gebaut. 1922-25 kamen die restlichen Bauten in den Straßen Hohe Ähren und Falkenried sowie das Chauffeurshaus Am Hirschsprung 5 dazu. Mit der zuletzt errichteten Hausreihe Am Hirschsprung 15/17 wurde die Siedlung 1933 fertig gestellt.

Die Häuser zeigen in ihrer sparsamen und ausgewogenen Verwendung architektonischer Gestaltungsmittel - Fachwerkgiebel, Erker mit geschweifter Haube, Eingänge mit kunstvoll gestalteten Treppen, Haustüren, Rahmen und Oberlichtern - Anklänge an altdeutsche Städte. Die dem Malerisch-Kleinstädtischen verpflichtete Architektursprache war für Schweitzer in diesem Teil von Dahlem der angemessene Ausdruck; die fünf Ziegelhäuser Hohe Ähren heben sich als einzige in Material und Gestaltung davon ab. (2) Im Inneren sind die Häuser großzügig und geräumig. (3) Die ursprüngliche Aufteilung mit Küche und Gesellschaftsräumen im Erdgeschoss, Schlafzimmern im Obergeschoss sowie Wirtschafts- und Personalräumen im Dachgeschoss erlaubte eine der gesellschaftlichen Schicht der Bewohner, bei denen es sich hauptsächlich um höhere Beamte, Fabrikanten und Wissenschaftler handelte, angemessene Lebensweise. Weitläufige Räume, Veranden zum Garten und die Ausstattung mit Kaminen, Badezimmern und Zentralheizung deuten auf einen für die Entstehungszeit gehobenen Standard.

Den Zweiten Weltkrieg überstanden die meisten Bauten weitgehend unversehrt, erst verschiedene Baumaßnahmen der 1960er und 1970er Jahre haben zum Teil zu beträchtlichen Veränderungen an der historischen Bausubstanz geführt. Vor allem der Einbau großflächiger Fenster und der Verlust von Bauornamenten und Klappläden beeinträchtigen an vielen Stellen den einzigartigen Charakter der Häuser. Trotzdem strahlt die Reihenhaussiedlung in ihrer Gesamtheit noch immer die stilvoll-elegante und doch gemütvoll-behagliche Atmosphäre aus, die ihr Erbauer im Sinn hatte.

Die vier Häuser Falkenried 12 und 14 (1921-22) sowie Hohe Ähren 1 und 3 (1923-25) hat Bruno Ahrends selbstständig entworfen und als Bauherr zum Verkauf angeboten. (4) Sie sind gekennzeichnet durch den Versuch, sich trotz der gewandelten Architekturauffassung in den 1920er Jahren an die vor dem Krieg gebauten Häuser Heinrich Schweitzers anzupassen. Die geschweiften Schmuckgiebel am Doppelhaus Falkenried und die an norddeutsche Traditionen anknüpfende Backsteinarchitektur der Häuser Hohe Ähren stellen Ahrends' Verneigung vor den malerischen Entwurfsprinzipien Schweitzers dar, während er im Inneren bereits mit klareren Grundrissdispositionen die neuen Erkenntnisse im Wohnungsbau erprobte.

----------------------------------------------------------

(1) BusB IV D, S. 45, 47, 234 f., 245; BusB IV A, S. 143, 256; Ahrends, Bruno: Die Reihenhäuser in Dahlem, Architekt: Heinrich Schweitzer. In: Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin 8 (1913), S. 145-150. Bruno Ahrends (1878-1948) war nach mehrjähriger Tätigkeit im Staatsdienst 1910-14 im Büro von Heinrich Schweitzer tätig. Vgl. Wohnhäuser Miquelstraße 66/68/72 und Wachtelstraße 4. Zu Bruno Ahrends siehe Balkow-Gölitzer u.a. 2006, S. 89-91.

(2) Die ursprüngliche Planung für die Zeile Hohe Ähren von Schweitzer sah vier Wohnhäuser, dazwischen zwei Atelierbauten, als kleine Künstlerkolonie vor. Nach diesem Plan wurde nur das Haus Nr. 5 für den Maler Ludwig Bartning 1913 fertig gestellt. Die Häuser Nr. 7 und 9 baute Schweitzer 1922/23, Nr. 1 und 3 Bruno Ahrends 1923-25.

(3) Mit Grundflächen von zum Teil mehr als 100 Quadratmetern pro Geschoss ergeben sich auf jeweils zwei Vollgeschossen und den ausgebauten Dachgeschossen Wohnflächen von mehr als 200 Quadratmetern.

(4) Der Neubau 6 (1924), S. 267 f.