Denkmaldatenbank
United States Army Chapel (Simultankirche für christliche Konfessionen und Amerikaner mosaischen Glaubens)
09075347 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Dahlem |
Adressen | Hüttenweg 46 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Kirche |
Datierung | 1957 |
Entwurf | Mertz, Carl (Architekt) |
Bauherr | Amerikanische Garnison |
Entlang des Hüttenwegs, den man nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Grunewald bis zur Avus ausbaute, siedelten sich Versorgungsbauten der US-Siedlung an, darunter ein Schulkomplex und - gegenüber dem Eingang des Waldfriedhofs - die United States Army Chapel, Hüttenweg 46. (1) Der Kirchenentwurf stammt von Regierungsbaudirektor Carl Mertz vom damaligen Bauamt Süd der Sondervermögens- und Bauverwaltung, das auch die Baudurchführung in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Dienststelle, der Engineer Division, leitete. (2) Da der Kirchenbau die gesamte, über die südwestlichen Vororte verteilte, amerikanische Gemeinde zu betreuen hatte, war die 1957 geweihte Kirche als Simultankirche für alle drei amerikanischen Glaubensrichtungen, die evangelische, die katholische und die jüdische Konfession, konzipiert. Es sollte ein Gemeindezentrum erbaut werden, das die vielfältigen Anforderungen dreier Konfessionen erfüllt und dabei seine religiöse Bestimmung zum Ausdruck bringt.
Mertz entwarf eine aus drei versetzten Bauteilen zusammengefügte Gruppe mit einer Höhenstaffelung, die im 35 Meter hohen Glockenturm kulminiert. Dicht beim Turm, der einem Kampanile gleich frei steht, öffnet sich das hohe Kirchenschiff mit einem trapezförmig eingeschnittenen Portal, das, zweigeschossig, fast bis zum Kirchenschiffdach reicht. Der senkrecht zum Hüttenweg liegende Kirchenbau folgt dem Typus der Saalkirche (3) und dient mit getrennten Sakristeien um den Altarraum der katholischen und der evangelischen Konfession. Zurückgesetzt schließt ein eingeschossiger Flachbau an, den man erst später zu einem Viereck um einen begrünten Innenhof erweiterte. Er nimmt, zum Hüttenweg orientiert, zunächst die katholische Kapelle für den täglichen Gottesdienst auf. Der verglaste Haupteingang erschließt die dahinterliegenden Gemeindeeinrichtungen. Zu ihnen gehört ein großer Gemeindesaal, der auch für jüdische Gottesdienste ausgestattet ist.
Zeittypisch folgt die Gestaltung einem funktional-konstruktiven Kirchenbaustil, hier aber zugleich Charakteristika der 1950er-Jahre-Architektur wie Leichtigkeit und Transparenz einbindend. Klar bildet sich innen wie außen die Stahlbetonrahmenkonstruktion des Kirchenschiffs ab - sie geht im Innern stützenlos in die Sichtbeton-Rautendecke über. Die farbenprächtigen Glasfenster von Paul Corazolla setzen einen künstlerischen Kontrast zur raumbeherrschenden Massivität des Tragwerks. Während die rückwärtigen Bauteile bestimmt sind von einer nüchternen Strukturierung der verschiedenen Nutzungsbereiche, hob Mertz die Eingangsfront des Kirchenschiffs und die angrenzende Fassade der Kapelle mit Werkstein, farbiger Kunstverglasung und einem Farbmosaik besonders hervor. Das von Hedja Luckhardt-Freese (4) geschaffene Mosaik schmückt das Kirchenportal. Es zeigt aus Rücksicht auf die drei Konfessionen ein verbindendes, gegenstandsloses Motiv, bezeichnet mit "Vier Elemente". Sein abstraktes Muster kehrt in den breiten farbigen Glasfenstern des Kapellenanbaus wieder, die von Herbert Jendretzki stammen. Die Einbettung der Kirche in eine Baum- und Rasenlandschaft und in die offene Struktur der Wohnzeilen, wo, wie in Nordamerika, keine Grundstücksmarkierungen stören, symbolisiert etwas von der Freiheitsphilosophie der Amerikaner in der Nachkriegszeit.
-----------------------------
(1) Mertz, Carl: Neubau der amerikanischen Kirche in Berlin-Dahlem von Regierungsbaudirektor Carl Mertz, Berlin. In: Die Bauverwaltung 7 (1958), S. 383-388; Engel 1984, S. 285 f.
(2) Carl Mertz war 1957 Baugruppenleiter der Sonder- und Vermögensverwaltung. Mitarbeiter beim Entwurf und Ausführung: Adolph, W. Weygandt, H. Jendretzki und H. Jaehnert.
(3) Mit dem Typus der Saalkirche und vor allem im Sichtbarmachen der Konstruktion folgte Mertz dem Kirchenbaumeister und Theoretiker Otto Bartning, der in der Nachkriegszeit entscheidend die Entwicklung des modernen Kirchenbaues prägte.
(4) Die Malerin Hedja Luckhardt-Freese schuf vor allem Mosaik-Kompositionen. Sie heiratete 1959 Wassili Luckhardt. Für das von ihm 1962-70 erbaute Institut für Pflanzenphysiologie und Zellbiologie, Königin-Luise-Straße 16, entwarf Luckhardt-Freese die Mosaikwand.
Literatur:
- Topographie Dahlem, 2011 / Seite 249
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
- Tel.: (030) 90259-3653
- Fax: (030) 90259-3700
- E-Mail juliane.stamm@lda.berlin.de
Verkehrsanbindungen
-
U-Bahn
-
Bus
-
Jüdenstr.
- 248
- 300
-
Nikolaiviertel
- N8
- N40
- N60
- N65
-
Jüdenstr.