Denkmaldatenbank
Wohnhaus Föhrenweg 12
09075331 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Dahlem |
Adressen | Föhrenweg 12 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Wohnhaus |
Datierung | 1934-1935 |
Umbau | 1937 |
Entwurf | Eiermann, Egon (Architekt) |
Bauherr | Bolle, Johannes |
Ausführung | Andreas Doll (Baufirma & Architekt) |
Weit an die Ostgrenze des Grundstücks von der Straße abgerückt, steht das Wohnhaus Föhrenweg 12, das der junge Architekt Egon Eiermann 1934-35 für den Fabrikanten Dr. Johannes Bolle errichtet und in den von Herta Hammerbacher gestalteten Garten eingebettet hat. (1) Das Nachbarhaus für den Kaufmann Walter Wollek, Föhrenweg 10, ist etwa zeitgleich ebenfalls von Eiermann entworfen worden. Johannes Bolle, Sohn des berühmten Meiereiunternehmers Carl Bolle, war gemeinsam mit seinem Bruder Kurt Inhaber des Bestattungsunternehmens Grieneisen, für das Eiermann 1934-38 als Hausarchitekt tätig war. (2)Egon Eiermann, der vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg durch öffentliche Bauten für die junge Bundesrepublik bekannt wurde, konnte seine ersten Arbeiten als selbstständiger Architekt in Berlin nach dem Studium bei Hans Poelzig ab 1931 realisieren. (3) Seine klaren Gestaltungsprinzipien, die später die deutsche Nachkriegsarchitektur mitprägten, lassen sich bereits in seinen frühesten Entwürfen ausmachen - auch in denen, die unter den Bedingungen nationalsozialistischer Baudoktrin entstanden waren. Bis 1942 hat Eiermann neben Industriebauten etwa neun Einfamilienhäuser gebaut, die trotz individueller Entwurfslösungen funktionelle, konstruktive und gestalterische Gemeinsamkeiten haben. 1935 schrieb die Bauwelt über den gerade 30jährigen Architekten: "Die Arbeiten Egon Eiermanns zeugen alle von einem ernstlichen Bemühen, über die praktischen Wohnbedürfnisse hinauszugreifen und den Bewohnern eigenartige Raumerlebnisse zu geben." (4) Das "eigenartige Raumerlebnis" bescherte Eiermann im Haus Bolle den Bewohnern durch einen höchst eigenwilligen offenen Grundriss, durch differenzierte Raumhöhen und die intensive Verknüpfung von Innen- und Außenräumen.
Im Erdgeschoss des winkelförmigen Hauses ließ er Eingangsbereich, Küche, Esszimmer und zwei Wohnräume fließend ineinander übergehen, zum Teil nur optisch durch Raumteiler (ein offenes Pflanzenregal, ein zweiseitig offener Kamin) abgetrennt. Durch eine Treppe verband er den Eingangsbereich mit dem Obergeschoss und den Wirtschaftsbereich mit dem Keller; eine zweite Treppe führte er aus dem Wohnraum direkt in den Schlafbereich der Eltern. Ein flach geneigtes Satteldach auf dem zweigeschossigen Hauptbau und ein Pultdach über dem Wohnraum, dessen ansteigende Decke der Schräge des abgeschleppten Daches folgt und Raum lässt für die offene Treppe nach oben, sorgen für unterschiedliche Raumhöhen. Eine enge Verbindung nach draußen schuf Eiermann sowohl durch die großen ungeteilten Fensterflächen, als auch durch den Rauputz der Wände und den Fußbodenbelag (Solnhofener Bruchsteinplatten) im Erdgeschoss, der sich ohne Unterbrechung auf den Terrassen rund um das Haus fortsetzte. Die weiß geschlämmten Ziegelwände mit den großen Fenstern, die ineinander übergehenden Räume ebenso wie das Durchdringen von Innen und Außen verleihen dem Haus etwas Transparentes, Leichtes, Beschwingtes. Die Sparsamkeit der Mittel, jeglicher Verzicht auf Pathos und Prunk sowie ein untrügliches Gefühl für harmonische Proportionen selbst im kleinsten Detail machen die Qualität der Häuser Egon Eiermanns aus.
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(1) BusB IV C, S. 406.
(2) Hildebrand, Sonja: Egon Eiermann - Die Berliner Zeit, Das architektonische Gesamtwerk bis 1945, Braunschweig-Wiesbaden 1999; zu Haus Bolle: S. 92-97, zur Firma Grieneisen S. 123 ff., 327, 339; Jaeggi, Annemarie (Hrsg.): Egon Eiermann (1904-1970), Die Kontinuität der Moderne, Ostfildern-Ruit 2004, S. 122-125.
(3) Egon Eiermann (1904-1970), 1923-27 Studium an der TH Charlottenburg und 1925-28 Meisterschüler bei Hans Poelzig. Werke nach 1945: u.a. Deutsche Pavillons der Brüsseler Weltausstellung 1958, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Berlin 1956-63, Kanzleigebäude der Deutschen Botschaft in Washington 1958-64, Abgeordnetenhochhaus Bonn 1965-69. Vgl. Schirmer, Wulf (Hrsg.): Egon Eiermann 1904-1970: Bauten und Projekte, Stuttgart 1988.
(4) Bauwelt 26 (1935), H. 28, Beilage, S. 1-5 (Zitat S. 1). Vgl. Der Baumeister 33 (1935), S. 364 f.
Literatur:
- Baumeister 33 (1935) 10 / Seite S. 364 f.
- Topographie Dahlem, 2011 / Seite 228
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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