Denkmaldatenbank

Haus Neutze

Obj.-Dok.-Nr. 09075323
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Drosselweg 3

Pacelliallee
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Zweifamilienhaus & Landhaus
Datierung 1912
Entwurf Salvisberg, Otto Rudolf (Architekt)
Bauherr Neutze, Heinrich & Otto

Auf einem großen Grundstück an der Einmündung des Drosselweges in die Pacelliallee ließen sich die Brüder Heinrich und Otto Neutze ein herrschaftliches Wohnhaus für ihre beiden Familien errichten. Mit dem Bau des Hauses beauftragten sie das damals erfolgreiche Architekturbüro von Paul Zimmerreimer, wo der junge Schweizer Architekt Otto Rudolf Salvisberg seit 1910 für die Entwürfe zuständig war. (1) Haus Neutze, Drosselweg 3, wurde 1912 als zweigeschossiger Backsteinbau mit Walmdach und schlichter Fassadengestaltung fertig gestellt. Der breit gelagerte Hauptbau mit einem winklig anschließenden kurzen Wirtschaftstrakt knüpft an Bautraditionen preußischer Herrenhäuser an, er birgt in seinem Inneren aber je eine separate Wohnung auf jeder Etage. Im Gegensatz zu dem bei diesem Bautyp üblichen Grundrissschema mit Gesellschaftsräumen im Erdgeschoss und Schlafzimmern im Obergeschoss wurden hier alle Räume für je eine Familie auf einer Ebene angeordnet. Diese Zweiteilung ist außen nicht erkennbar. Im Gegenteil: Von den in Wahrheit gleich hohen Geschossen erscheint das obere durch das breite Traufgesims knapp über den Fenstern und eine als Gurtgesims wirkende Rollschicht direkt darunter optisch niedriger.

Das Haus Neutze, parallel zur Pacelliallee gelegen, aber weit von der Straße abgerückt, schafft mit seinem Vorgarten eine räumliche Distanz. Die Straßenfront zeigt trotz sparsamer Gestaltungsmittel eine repräsentative Wirkung. Als wichtigstes Motiv ist hier das aus der Mitte gerückte Eingangsportal in einer konvex vorgewölbten Wandfläche durch eine konkav ausschwingende plastische Werksteinrahmung ausgezeichnet. Der bildnerische Schmuck des Rahmens zeigt, neben Blattformen an den Seiten, über der Tür ein Relief, das mit einem Vogelnest und zwei Vogelpaaren wohl auf die Funktion als Zweifamilienhaus anspielt. Das breite Traufgesims, ebenfalls in hellem Werkstein ausgebildet, ist über der Mittelachse des Eingangs spitzwinklig aufgebogen und betont dadurch den vortretenden Gebäudeteil zusätzlich. Die gleichmäßige Reihung der Fenster und die schmucklosen Wandflächen verleihen der Fassade eine würdevolle Strenge, der warme Farbton des Backsteins und die weißen Sprossenfenster vermitteln hingegen den Eindruck von Wohnlichkeit. Auch an der Rückseite zeichnen eine Loggia im Obergeschoss, ein Treppenhausturm mit spitzer Haube im Winkel der beiden Trakte und eine fast über die ganze Länge des Daches reichende Gaube ein eher malerisches Bild, das ursprünglich von einer Terrasse mit Pergola vor der südlichen Schmalseite des Hauses noch unterstrichen wurde. (2) Otto Rudolf Salvisberg versuchte beim Haus Neutze, ausgehend von den Traditionen des herrschaftlichen Wohnhauses, über die Vereinfachung der Formen zu einer architektonischen Neuformulierung zu gelangen. (3) Bis zu seiner Rückkehr in die Schweiz 1929 gehörte Salvisberg mit einem vielfältigen Oeuvre in Berlin zu den erfolgreichsten Architekten einer gemäßigten Moderne.

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(1) Salvisberg kam nach dem Studium in Bern, München und Karlsruhe 1908 nach Berlin, arbeitete zuerst im Büro von Emil Schaudt, dann 1910-14 in der Firma Zimmereimer und machte sich 1914 selbstständig. 1929 ging Salvisberg an die ETH Zürich. Vgl. Westheim, Paul: Architekturen von Otto Salvisberg, Berlin. In: Moderne Bauformen 13 (1914), S. 113-137 (Abb. v. Landhaus Dr. Neutze S. 134-137); Lichtenstein 1985, S. 112 ff. Siehe auch Haus Penzlin, Podbielskiallee 28.

(2) Bereits 1921 wurde die Loggia im Obergeschoss zu einem leicht auskragenden Balkon mit Steinbrüstung vergrößert. Das Treppenhaus und einige Räume besitzen noch ihre ursprüngliche wandfeste Ausstattung und Deckendekoration.

(3) Klebs, Christiane: Salvisbergs Bauten in Berlin bis 1920. In: werk-archithese 64 (1977), H. 10, S. 18 ff.

Literatur:

  • Salvisberg, O.R. - Die andere Moderne, Ausstellungskatalog, Zürich 1985 / Seite S. 150 f. und S. 233
  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 204
  • BusB IV C 1975 / Seite S. 99

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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