Denkmaldatenbank

Thielecksiedlung

Obj.-Dok.-Nr. 09075305
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem & Zehlendorf
Adressen Berliner Straße
77, 77A, 79, 79A, 79B, 81, 81A, 81B, 83, 85, 85A, 87, 89, 95, 97, 99

Altkircher Straße 1, 3

Breisacher Straße 7, 9, 11, 13, 15, 17, 19

Buchsweilerstraße
1, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38

Gebweilerstraße 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15

Hüninger Straße
4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34

Markircher Weg 2, 2A, 2B

Schützallee
116, 118, 120, 122, 124, 126, 128, 130, 132, 133, 134, 135, 136

Thanner Pfad 1, 3, 5, 7, 9, 11

Thielallee
89, 91, 93, 95, 97, 99, 101, 103, 105, 107, 109, 111, 113
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Wohnanlage
Datierung 1927-1930
Entwurf Bruker, Eugen
Entwurf Kemper, Gustav
Ausführung Schmidt, Carl
Ausführung Adolf Sommerfeld Bauausführungen (Baufirma)
Ausführung Continentale Bau AG (Baugesellschaft)
Ausführung Hartmann und Sellentien?
Bauherr Landesfinanzdirektion Berlin

Die so genannte Thielecksiedlung, Berliner Straße 77/89, 95/99 u.a., hat die Berliner Landesfinanzdirektion für Beamte der Reichshoheitsverwaltungen 1927-31 auf damaligem Zehlendorfer Gebiet anlegen lassen. (1) Die weiträumige Wohnsiedlung war ausdrücklich gedacht für Beamten-Familien der höheren Besoldungsgruppen, da aufgrund der Hauszinssteuerpolitik nur wenige frei finanzierte Wohnungen über 120 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung standen.

Der Siedlungsgrundriss nimmt an der Zehlendorfer Ortsteilgrenze, die seit der Begradigung der Berliner Verwaltungsbezirksgrenzen im Jahre 1938 (2) von der Schützallee markiert wird, das Karree zwischen Thielallee, Breisacher Straße, Hüninger Straße und Berliner Straße ein. Ein Teil der zuletzt erbauten dreigeschossigen Wohnblöcke mit Mietwohnungen - südlich der Schützallee und an der Berliner Straße - liegt seit der Grenzregulierung auf Zehlendorfer Gebiet. (3) Die auf wenige Haustypen beschränkte Anlage besteht aus 88 Einfamilienhäusern, die mit Ausnahme von zwei freistehenden Einzelhäusern zu Reihen- oder Doppelwohnhäusern kombiniert wurden, sowie einer abschirmenden Randbebauung längs der Berliner Straße aus höheren Mehrfamilienhäusern. Verantwortlich für die städtebauliche Konzeption und den Entwurf der Häuser waren Eugen Bruker und Gustav Kemper, die der Berliner Baugruppe des Reichsfinanzamtes angehörten.

Mit ihren bis zu elf Meter breiten zweigeschossigen Eigenheimen, die bis zu sechseinhalb Zimmer auf 250 Quadratmetern Wohnfläche aufweisen, und den großzügigen Hausgärten unterscheidet sich die Anlage deutlich von den gemeinnützigen Kleinhaussiedlungen dieser Zeit. Da sie unabhängig von den Förderrichtlinien der Wohnungsfürsorgegesellschaft, die sonst die Baugelder aus dem Hauszinssteueraufkommen vergab, finanziert wurde, konnten Größe sowie Ausstattung der Häuser und Wohnungen ganz auf die Bedürfnisse der besser gestellten Beamten der Oberfinanzdirektion zugeschnitten werden. So waren sogar die Etagenwohnungen in den Randblöcken an der Berliner Straße mit viereinhalb und fünfeinhalb Zimmern und bis zu 160 Quadratmeter Wohnfläche im Vergleich zum staatlich geförderten Wohnungsbau überaus geräumig. (4)

Zur konservativ eingestellten Bauherrenschaft passt die traditionelle Architektur der Siedlungshäuser. Walmdächer mit Biberschwanzdeckung, farbige Rauputze, Bruchsteinsockel, Sprossenfenster und Klappläden vermitteln ein gediegenes, bodenständiges Bild. Lediglich die knappen dreieckigen Vordachgesimse, Dreiecksgauben und die gezackten Aufdoppelungen der Eingangstüren setzen dekorative Akzente - sie zeigen Nachwirkungen des Expressionismus. Die großzügigen Häuser vermitteln mit ihren Sockelgeschossen und den deshalb höher gelegenen Hauseingängen, zu denen man über den Straßenraum prägende Freitreppen gelangt, fast den Eindruck einer Villenkolonie. Der Siedlungscharakter ist jedoch durch die streng in Reih und Glied an die Bauflucht gestellten Hausreihen unübersehbar. Auch wird er von traditionellen städtebaulichen Elementen bestimmt, die, aus der englischen Gartenstadtbewegung Ende des 19. Jahrhundert kommend, bis in den Siedlungsbau der Weimarer Republik nachklangen. Wie dort, findet man auch hier im Zentrum einen großen begrünten Gemeinschaftsplatz, sind unterschiedlich breite Wohnwege vorhanden, trennen Wirtschaftswege die planmäßig angelegten Gärten, die mit dem Straßengrün zu einem parkartigen Raumkontinuum verschmelzen und am gartenstadtähnlichen Charakter der Siedlung großen Anteil haben.

Vom Verkehrslärm der Berliner Straße werden die Einfamilienhäuser durch mäanderartig platzierte Mietshausblöcke abgeschirmt, die selbst durch ihre geschickte V-förmige Stellung für ein ruhiges Wohnen sorgen. Während das Aufbrechen der Blockkante und die aufgelockerte Gliederung der Baukörper inmitten von parkartigem Grün städtebaulich modern wirkt, bleibt die Architektur im Traditionellen. In die Gelenke gestellte Rundtürme, wie man sie von den Landhäusern von Hermann Muthesius oder Oskar Kaufmann kennt - hier mit verglasten Loggien -, geben den Wohnhäusern den gewünschten noblen Rahmen für die Angehörige einen Reichsbehörde. (5)

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(1) BusB IV A, S. 188, Abb. 213, 314, Obj. 159, I; BusB IV B, S. 438 f., Obj. 984; BusB IV D, S. 256; Willen, Susanne: Die Thielecksiedlung in Dahlem, Bestand und Erhaltung, hrsg. v. Unterer Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf und Landesdenkmalamt Berlin, Berlin 2005.

(2) Die Begradigung der Verwaltungsbezirksgrenzen vom 1.4.1938 und geht auf Veranlassung des 1937 ins Amt des Generalbauinspektors berufenen Albert Speer zurück, der sich von der Regulierung eine Erleichterung seiner Neugestaltungspläne für Berlin versprach. Zur Grenzregulierung vgl. Heim: Die Neugliederung der Verwaltungsgrenzen in Berlin. In: Berliner Wirtschaftsberichte 14 (1937), Nr. 24, S. 229 ff.

(3) Denkmaltopographie Zehlendorf 1992, S. 250.

(4) Viele der Mietwohnungen in den Mehrfamilienhäusern wurden nach 1945, zum Teil im Zuge von Wiederaufbaumaßnahmen geteilt (z.B. Häuser Berliner Straße 77-89 in Zehlendorf).

(5) Zu den Bewohnern zählten insbesondere Regierungs- und Ministerialräte. Die beiden Einzelhäuser hatten sich der Reichsminister des Inneren (Hüninger Str. 4) und der Ministerialdirektor im Preußischen Finanzdirektorium (Breisacher Str. 11) reserviert. Willen, Susanne: Die Thielecksiedlung in Dahlem, Bestand und Erhaltung, hrsg. v. Unterer Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf und Landesdenkmalamt Berlin, Berlin 2005, S. 11.

Literatur:

  • BusB IV A 1970 / Seite 188, 314-315
  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 159
  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 157
  • BusB IV B 1974 / Seite 438-439 (Abb.)
  • Bohle-Heintzenberg: Architektur der Hoch- und U-Bahn, 1980 / Seite .
  • Willen, Susanne: Die Thielecksiedlung in Dahlem, Bestand und Erhaltung, Berlin 2005

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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