Denkmaldatenbank

Haus Vowinckel mit Einfriedung

Obj.-Dok.-Nr. 09075274
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Schopenhauerstraße 53
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Einfamilienhaus & Landhaus & Einfriedung
Datierung 1920-1921
Entwurf Muthesius, Hermann (Architekt)
Bauherr Vowinckel, Albert (Kaufmann)

1920-21 wurde das Haus Vowinckel, Schopenhauerstraße 53, nach Entwurf von Hermann Muthesius als gutshausartiges Gebäude auf einem ehemals mehr als 8.000 Quadratmeter großen Grundstück für den Kaufmann Albert Vowinckel errichtet. (1) Als eines der ersten Landhäuser, die Muthesius nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin ausführen konnte, und in einer barockisierenden Formensprache gestaltet, stellt das Haus Vowinckel eine Besonderheit sowohl in Nikolassee als auch im Werk des Architekten dar. Von 1958 bis 2001 im Besitz der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg ohne grundlegende bauliche Veränderungen als Predigerseminar genutzt, ist es seit 2008 wieder in Privatbesitz. Auf dem parkähnlichen Grundstück, in das Muthesius Landhaus und Garten als Einheit hineinkomponiert hatte, wurden 2006-08 eine Wohnanlage mit acht Doppelhaushälften, zwölf Reihenhäusern sowie einem Mehrfamilienhaus an der Schopenhauerstraße neu errichtet. (2) Haus Vowinckel und der übrig gebliebene hausnahe Teil des Gartens ist als eines der wenigen erhaltenen Landhäuser von Hermann Muthesius aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg von herausragender Bedeutung.

Der breit gelagerte zweigeschossige Bau mit hohem Mansarddach, in Rathenower Handstrichziegeln und mit grauer Schieferdeckung ausgeführt, wendet sich mit kurzen Seitenrisaliten wie eine dreiflügelige Anlage mit Ehrenhof zur Straße. Die herrschaftliche Wirkung des Hauses wird unterstrichen durch die repräsentative Eingangssituation in der Mittelachse, die von der dekorativ durchbrochenen Ziegelmauer als Einfriedung, einem ornamentalen weiß gestrichenen schmiedeeisernen Tor in der geschwungenen Mauer und dem schmalen Vorgarten geprägt ist. Die Gliederung der Hauptfassade mit Sprossenfenstern, Klappläden und dem geschweiften Giebel über der mittigen Dachgaube sowie den weißen Rankspalieren an den Seitenrisaliten lassen das Haus zugleich wohnlich erscheinen. Nach Süden zum Garten steht das Haus auf einer Terrasse leicht erhöht. Hier betonen ein monumentaler geschweifter Giebel und ein halbrund vortretender Sitzplatz mit einem von Pfeilern getragenen Balkon darüber die axiale Gliederung der Fassade. Auch die Gartenseite ist vom Farbenspiel der roten Ziegelwände und der weiß gestrichenen Fenster und Klappläden belebt. An die Westseite des Hauses war ursprünglich ein verglaster Wintergarten angefügt, der 1959 durch einen Anbau ersetzt wurde. An der östlichen Schmalseite hingegen sind die eingeschossigen Nebengebäude für Garage und Wirtschaftsräume, die um einen kleinen Hof gruppiert sind, unverändert erhalten. Im Inneren des großzügig dimensionierten und klar gegliederten Landhauses waren im Erdgeschoss die Wohn- und Gesellschaftsräume, miteinander verbunden und von einer zentralen Eingangshalle erschlossen, angeordnet. Im Obergeschoss verfügte das Haus über sieben Schlafräume und zwei Bäder sowie im Dachgeschoss über ein Atelier und mehrere Dienstbotenzimmer.


1) Auf Grund des "Luxusverbots" nach dem Ersten Weltkrieg zunächst eingeschossig konzipiert, nach Aufhebung des Verbots zweigeschossig ausgeführt. Vgl. Hellwag, Fritz: Landhaus-Architektur von Hermann Muthesius. In: Dekorative Kunst 34 (1925/26), S. 33-43; Muthesius 1922, S. 145-150; de Fries, Heinrich: Moderne Villen und Landhäuser, Berlin 1925, S. 71-75; BusB IV C, S. 243; Finger 2009, S. 107, 139.

2) Ehemals Schopenhauerstraße 53/55, bis zur Beskidenstraße durchgehend. Im südwestlichen Teil des Gartens war 1958 ein Wohnneubau für die Seminaristen nach Entwurf des Architekten Werner Hartung errichtet worden, der der neuen Bebauung "Muthesiusgarten", von Faskel Architekten. Die Kapelle auf dem Nachbargrundstück Beskidenstraße 16 gehörte ehemals zum Gelände des Predigerseminars.

Literatur:

  • Hermann Muthesius, Ausstellungskatalog, 1977 / Seite 99 (Abbildungsverwechslung, dort weitere Literaturangaben)
  • BusB IV C 1975 / Seite S. 243
  • Moderne Villen und Landhäuser, 1925 / Seite S. 71 f.
  • Weber/ Kleine Baugeschichte Zehlendorfs, 1970Muthesius, Landhaus und Garten, 1919 / Seite 52
  • Muthesius, Landhäuser, 1922 / Seite 145 f.
  • Dekorative Kunst 29 (1925/26) 34 / Seite 33 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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