Denkmaldatenbank

Haus Leo

Obj.-Dok.-Nr. 09075260
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Schlachtensee
Adressen Matterhornstraße 104
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Villa
Datierung 1900-1901
Entwurf Roesler, Johannes
Bauherr Heimstätten-AG

Zu einer der Hauptstraßen der Villenkolonie Schlachtensee-West entwickelte sich die Matterhornstraße. An dem in West-Ost-Richtung von Nikolassee nach Zehlendorf verlaufenden Straßenzug sind eine Vielzahl von Musterhäusern der HAG errichtet worden, die sie in ihren Verkaufsprospekten anpriesen. Dazu zählen die Häuser Matterhornstraße 88 und 104; zeitgleich erbaut, belegen sie die verschiedenartigen Stilrichtungen um 1900. Auch lässt sich anhand von Größe und Ausstattung ablesen, für welche Klientel die HAG-Häuser bestimmt waren. Dies veranschaulicht vortrefflich das Haus Leo, Matterhornstraße 104, das die HAG 1900-01 erbauen ließ und das zu den herrschaftlichen Projekten der Gesellschaft in Schlachtensee-West zählte. (1) Entwurf und Ausführung des Bauvorhabens wurden dem Architekten Johann Roesler vom Kaufmann Ernst Leo übertragen. Der Bauherr hatte wohl ein Faible für romantische Burgenarchitektur hatte und so entstand ein "castle" im gotischen Stil, wie er für einige Villen in Wannsee und Westend bereits Jahrzehnte zuvor verwendet worden war. (2) Söller, schlanker Rundturm mit Fahnenstange und Zinnenkranz, ehemals gerahmt von Fialen, dazu Maßwerkfenster mit Tudorbogen sowie ein Wechsel verschieden hoher und geformter Bauteile sind die Versatzstücke dieser Stilrichtung. Es entstand ein englischer Landsitz im Kleinformat.

Profane mittelalterliche Motive und Formen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf neogotische Schlösser und Adelssitze übertragen, wie beispielsweise beim Schloss Babelsberg; das englische Vorbild galt dabei als richtungsweisend. In den neuen Villenkolonien suchte etwas später auch das aufstrebende Bürgertum, sich durch ein Eigenheim im mittelalterlich geprägten Historismus darzustellen. (3) Die Nachklänge dieser Burgenromantik reichten bis in die Zeit um 1900, wie das Haus Leo belegt; es erhielt im Volksmund den Namen "Villa Babelsberg". Die Haupträume im Erdgeschoss haben sich weitgehend im ursprünglichen Zustand bewahrt: Von einer quadratischen Diele sind die Haustreppe sowie die früheren Wohn- und Gesellschaftsräume mit Musiksalon, Zimmer der Dame und Speisezimmer mit Wintergarten zugänglich. (4) Ihre neogotische Ausgestaltung mit dunkler Vertäfelung an Wänden und Decken, Türaufdoppelungen und Fensterrahmungen, geschmückt mit Spitz- und Kielbögen, vermittelt bis heute ein Stück von der damaligen historistischen Wohnkultur.


1) HAG 1901, Obj, Nr. 100; Bauen in Berlin 1900-1964, Ausstellungskat., Berlin 1964, S. 50 f.

2) Zum Beispiel die Villa Abel in Berlin Wannsee, Kaiserstraße 1, 1872-74 von Gropius & Schmieden. In: BusB 1896, III, S. 170 f., 173.

3) Börsch-Supan, Eva: Berliner Baukunst nach Schinkel 1840-1870 (= Studien zur Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 25), München 1977, S. 153 ff.

4) Der Grundriss folgte dem gängigen Villentypus, wobei auf eine "hall" nach englischem Vorbild verzichtet wurde. Im Souterrain lagen Herrschaftsküche, Waschküche, Plättstube, Portierwohnung und Wirtschaftsküche, im Obergeschoss Schlaf- und Fremdenzimmer sowie das Zimmer des Herrn mit Terrasse (HAG 1901).

Literatur:

  • Katalog der Heimstätten-AG, Berlin 1901 / Seite Projekt Nr. 100
  • Bauen in Berlin 1900-1964, Ausstellungskatalog der AdK und SenBauWohn, Berlin 1964 / Seite 50 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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