Denkmaldatenbank

Kirche Nikolassee, Pfarrhaus Nikolassee

Obj.-Dok.-Nr. 09075239
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Kirchweg 19, 21
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Kirche ev. & Pfarrhaus
Datierung 1909-1910
Entwurf Blunck, Erich & Bartschat, Johannes (Architekt)
Ausführung Held und Francke (Industriebaugesellschaft)
Bauherr Heimstätten AG & Gemeindekirchenrat

Die eindrucksvolle Fernwirkung und die malerische Einbettung in die Landschaft auf dem höchsten Punkt des östlichen Rehwiesenrandes waren die entscheidenden Kriterien für die architektonische Gestaltung der Evangelischen Kirche Nikolassee, Kirchweg 19/21, mit Pfarrhaus und Konfirmandensaal. Der dem Heimatschutz verbundene Architekt Erich Blunck schuf 1909-10, nach einem Vorentwurf vom Hausarchitekten der HAG, Johannes Bartschat, einen ländlich anmutenden Kirchenbau mit mächtigem Turm und hoch aufragender schlanker Haube. (1) Der schlichte helle Putzbau mit Schieferdeckung wirkt in seiner klar gegliederten Einfachheit aus der Ferne größer als er ist. Zur Rehwiese hin geschlossen und breit gelagert, erstreckt sich der Komplex aus Kirche mit überdachter Vorhalle und Arkadengang zum Konfirmandensaal, der sich an die Westseite des Pfarrhauses anschließt, entlang der Kante des Wiesenhanges. Die malerische Anlage ist sowohl von Norden wie auch von Südwesten weit über die Freifläche der Rehwiese sichtbar. Mit dem Wechsel des Blickpunktes verändert sich jeweils das Bild des über der Wiese oder zwischen den Baumwipfeln aufragenden Bauensembles. (2) So bildete die Kirche, mit der sich die 1909 neu gegründete wohlhabende Pfarrgemeinde Nikolassee selbstbewusst darzustellen suchte, ein Wahrzeichen für den gesamten Ort.

Die Turmvorhalle an der Nordseite der Kirche öffnet sich zum Kirchplatz, der die benachbarte Wohnbebauung auf Distanz hält und eine großzügige Eingangssituation schafft. (3) Eine Freitreppe, flankiert von zwei Engelsfiguren, führt zu der überdachten Vorhalle, die mit farbig gefassten Holzsäulen, Natursteinverkleidung und Reliefs kunstvoll gestaltet ist. Auch der asymmetrische zweischiffige Innenraum der Kirche mit Rechteckchor ist mit einer vollflächigen Ausmalung, der tonnengewölbten Kassettendecke, den Emporen über Eingang und Seitenschiff sowie farbigen Glasfenstern prachtvoll und kostbar ausgestattet. (4) An der Südseite der Kirche schließen sich das Pfarrhaus, der Konfirmandensaal und der Pfarrgarten an. Das eingeschossige Wohnhaus mit ausgebautem Mansarddach und der daran angebaute gestreckt achteckige Saalbau mit Walmdach und Dachreiter nehmen die Formensprache und die Schieferdeckung der Kirche auf, was der Anlage eine große Einheitlichkeit verleiht. Von den gedeckten Farben der Baumaterialien - grauer Schiefer, heller Putz, Rüdersdorfer Kalkstein für Sockel- und Futtermauern, schlesischer Sandstein an Türen- und Fensterrahmen - setzen sich die kräftigen Rot-, Gold- und Grüntöne der bemalten Holzteile und der Turmuhr wirkungsvoll ab.


1) Die HAG hatte sich bereits im Gründungsvertrag von 1901 dazu verpflichtet, Gelände für eine Kirche freizuhalten und den Bau auszuführen. Nach Gründung der selbstständigen Gemeinde Nikolassee am 1. Februar 1909 wurde das Vorhaben endlich umgesetzt (Gründungsvertrag der HAG mit dem Landkreis Teltow vom 27.04.1901 im Archiv des Stadtplanungsamtes Zehlendorf). Zur Bauausführung vgl.: Wiese, Karl: Ein halbes Jahrhundert Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Nikolassee 1909-1959, hrsg. v. Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee, Berlin 1959, S. 17 ff.; Henning/Natzschka 1997, S. 6.

2) BusB VI, S. 115 f., 391; Zentralblatt der Bauverwaltung 39 (1911), S. 238-241. Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 24 (1911), S. 9 f., Taf. 21-25; Berliner Architekturwelt 14 (1912), S. 15-21.

3) Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs (1929) an der Nordseite des Kirchhofs steht in der Achse des Kircheneingangs. Vgl. Finger 2009, S. 111.

4) Künstlerische Ausstattung: Ausmalung und Fenster von Dekorationsmaler Kutschmann, Beleuchtungskörper von Prof. Petersen, Bildhauerarbeiten von Engelhardt, Schmiedewerk von Julius Schramm. Vgl. Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 24 (1911), S. 10. Umfassende Renovierung der Kirche 1983-84.

Literatur:

  • BusB IV C 1975 / Seite S. 135
  • Weber/ Kleine Baugeschichte Zehlendorfs, 1970 / Seite S. 21, 53
  • Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 24 (1911) / Seite S. 9 f.
  • Berliner Architekturwelt 14 (1911/12) / Seite S. 15 f.
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 31 (1911) / Seite S. 238

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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