Denkmaldatenbank

Wohnhaus Gerkrathstraße 4

Obj.-Dok.-Nr. 09075231
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Gerkrathstraße 4
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1909-1910
Entwurf Winkelmann, Emilie (Architekt)
Bauherr Meyer, Julie

(...) Emilie Winkelmann, die als erste Frau in Deutschland Architektur studiert hatte und 1907 ein eigenes Architekturbüro in Berlin eröffnete, hat 1909-10 das Wohnhaus für Julie Meyer, Gerkrathstraße 4, entworfen und gebaut. (1) Die innerhalb weniger Jahre anerkannte und wirtschaftlich erfolgreiche Architektin, deren umfangreiches Werk bisher nur ansatzweise erforscht ist, errichtete unter anderem mehrere Einfamilienwohnhäuser, die sich durch einen zeittypischen Landhausstil mit durchdachten Grundrissen und einer wohl proportionierten Gesamtform auszeichnen. Gestalterisch und bautechnisch waren ihre Bauten von hoher Qualität, die sowohl von der Fachpresse wie von ihren Bauherren stets besonders hervorgehoben wurde. (2) Auch der eingeschossige helle Putzbau mit hohem Mansarddach und Turmaufsatz des Landhauses Meyer, der auf die höchste Stelle des Hanges an die hintere Grundstücksgrenze gerückt ist, strahlt jene großbürgerliche Gediegenheit und Behaglichkeit aus, die vor dem Ersten Weltkrieg in den Villenkolonien des Berliner Westens populär war. Während sich die streng symmetrisch gegliederte Hauptfassade mit halbrundem Verandavorbau und säulengetragenem Balkon traufständig zum großen Vorgarten wendet, sind die Rückseite und die Giebelfronten durch Erker, Treppenhausturm, Balkone und große Fenster malerisch aufgelöst. Der aus drei Raumachsen zusammengesetzte Grundriss - mit Diele, Wohn- und Wirtschaftsräumen im Erdgeschoss, Schlafräumen und Bad im Obergeschoss - zeigt in seiner klaren Struktur und seiner Großzügigkeit einen hohen Wohnwert. Das Haus, das 1978-99 unter weitgehender Beibehaltung des ursprünglichen Grundrisses vom Deutschen Roten Kreuz als Wohnheim genutzt wurde, ist heute wieder in Privatbesitz.


1) Emilie Winkelmann (1875-1951) hatte 1902-07 mit einer Sondergenehmigung als Gasthörerin an der Technischen Hochschule Hannover studiert, aber kein Diplom gemacht. Das Examen als Dipl.-Ing. in der Abteilung Architektur - erst ab 1909 möglich - erhielt 1911 als erste Frau Elisabeth von Knobelsdorff an der Technischen Hochschule Berlin in Charlottenburg. Vgl. Dörhöfer, Kerstin: Pionierinnen in der Architektur, Eine Baugeschichte der Moderne, Berlin 2004, S. 11, 14-37, 191-194; Finger 2009, S. 79. Der Nachlass Emilie Winkelmanns befindet sich in der Berlinischen Galerie.

2) Dörhöfer, Kerstin: Pionierinnen in der Architektur, Eine Baugeschichte der Moderne, Berlin 2004, S. 16 ff.: z. B. Bauwelt 11 (1912), S. 27; Daheim 48 (1909), S. 13 f.; Deutsche Bauhütte 14 (1910), S. 121.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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