Denkmaldatenbank

Wohnhausgruppe Burgunder Straße 8, 10

Obj.-Dok.-Nr. 09075224
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Burgunder Straße 8, 10
Denkmalart Ensemble
Sachbegriff Wohnhausgruppe

Die nördlichste und kürzeste Verbindungsstraße zwischen Bahnhofsvorplatz und Rehwiese ist die Burgunder Straße. Hier sind zahlreiche Häuser aus der Frühzeit der Villenkolonie Nikolassee erhalten, darunter allein vier Villen, die der vielbeschäftigte Zehlendorfer Architekt Robert Kleinau zwischen 1902 und 1910 errichtet hat. (1)

Die architektur- und ortsgeschichtlich bedeutendsten Bauten in dieser Straße sind die nebeneinander stehenden Wohnhäuser Burgunder Straße 8 und 10, die 1904-05 und 1907 beide vom Architekten Erich Blunck für sich und seine Familie errichtet wurden. (2) Der aus Holstein stammende Blunck, der 1909 mit dem Bau der Nikolasseer Kirche beauftragt wurde und die malerische landschaftsbezogene Anlage aus Kirche, Pfarrhaus und Saalbau am Rand der Rehwiese schuf, war eng mit der Heimatschutzbewegung verbunden. Diese Bewegung bezog sich auf eine heimische vorindustrielle Architekturtradition. Sie wandte sich gegen Industrialisierung und Technisierung in der Baukunst, bevorzugte traditionelle Bauweisen und Materialien sowie handwerklich ausgeführten Dekor. Sie achtete auf die Einbindung der Gebäude in die umgebende Landschaft. Durch diese Maßnahmen sollten die ihrer Ansicht nach "schweren Mißstände" in der zeitgenössischen Architektur bekämpft werden. Wie die Reformbestrebungen im Landhausbau zielte der Heimatschutz auf die Abkehr von historistischen Bauformen sowie auf die Aufteilung eines Hauses nur nach den Bedürfnissen seiner Bewohner. (3)

Bei dem 1904-05 entstandenen Haus Burgunder Straße 8 folgte Blunck diesen Forderungen in einer betont ländlich-malerischen Weise, während er sein drei Jahre später errichtetes Wohnhaus Nr. 10 in deutlicherer Vereinfachung gestaltete. Hier wird die Straßenfront des einfachen kubischen Baukörpers mit Satteldach von einem großen holzverschalten, zweifach vorspringenden Giebelfeld dominiert, das durch kunstvolle und vielfältig variierte Schnitzereien und Ornamente detailreich geschmückt ist. Mit seinen glatten, hell verputzten Wandflächen und der regelmäßigen Reihung der Fenster besitzt das Gebäude verglichen mit dem ersten Haus jedoch eine sachlichere Wirkung. Auch im Inneren ließ er Bescheidenheit vorherrschen, die Räume sind kleiner, Wohn- und Speisezimmer wurden zu einem Raum zusammengefasst. (4) Möglicherweise hatte der Verkauf des ersten Hauses und die Sparsamkeit bei der Gestaltung des zweiten wirtschaftliche Gründe. Trotzdem wirkt das Haus Burgunder Straße 10 in seiner Gesamterscheinung ästhetisch ebenso anspruchsvoll, aber vergleichsweise moderner. Beide Bauten sind qualitätsvolle Zeugnisse vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die konsequent dem Heimatschutzgedanken folgten. Im Nebeneinander der Häuser lassen sich sowohl Entwicklungen im Wohnhausbau als auch Veränderungen im persönlichen Ausdruck des Architekten ablesen.


1) Burgunder Straße 3 (1910-11), 4 (1905), 5 (1902-03) und 6 (1902-03). Das Haus Nr. 7 wurde 1902-03 von der HAG errichtet (vgl. HAG 1905, Nr. 107).

2) Erich Blunck (1872-1950), Architekt, Königlicher Bauinspektor, Denkmalpfleger und Provinzialkonservator der Mark Brandenburg (1919-44), Fachschriftsteller und Professor an der Technischen Hochschule Berlin.

3) Lehweß, Walter: Heimatschutz. In: Berliner Architekturwelt 13 (1911), S. 421-423 (Zitat S. 421).

4) Neudeutsche Bauzeitung 5 (1909), S. 357 ff.; Finger 2009, S. 55, 122.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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