Denkmaldatenbank
Rathaus Nikolassee und Feuerwache
09075211 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Nikolassee |
Adressen | Alemannenstraße 10 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Rathaus & Feuerwache |
Entwurf & Datierung | 1912-1913 |
Umbau | 1933, 1949 |
Entwurf | Möhring, Bruno (Architekt) |
Ausführung | Smigula und Co. (Baugeschäft) |
Bauherr | Heimstätten AG (Wohnungsbauunternehmen) |
(...) Rathaus und Feuerwache Nikolassee, Hohenzollernplatz 5, Alemannenstraße 10, wurden 1912-13 nach Entwurf von Bruno Möhring errichtet. Unmittelbar nach Erlangung der kommunalen Selbstständigkeit Nikolassees im Jahr 1910 war der renommierte Berliner Architekt von der neuen Verwaltung mit dem Neubau beauftragt worden.(1) Dabei war "im Äußeren (...) der Charakter eines öffentlichen Gebäudes zum Ausdruck zu bringen, jedoch nicht nach allzu städtischer Art, sondern dem Stil des Ortes, der fast nur aus gartenumgebenen Landhäusern besteht, angepasst".(2) In diesem Sinne schuf Möhring einen schlichten, zweigeschossigen Putzbau mit Werksteingliederung und hohem Walmdach mit kupferverkleidetem Dachreiter in Anlehnung an norddeutsche Barockbauten. Nach der Eingemeindung von Nikolassee nach Berlin (Bezirk Zehlendorf) im Jahr 1920 war das Rathaus im Prinzip überflüssig geworden und wurde 1934 zur Schule umgebaut.(3) Mit der dreigeschossigen Feuerwache auf dem hinteren Teil des Grundstücks bildet das Rathaus ein Gebäudeensemble von besonderer orts- und baugeschichtlicher Bedeutung. Heute werden beide Altbauten und ein Neubau an der Alemannenstraße von der Berliner Polizei genutzt.(4)
Das breit gelagerte, symmetrisch angelegte Rathausgebäude mit seinem schmalen Mittelrisalit, der durch Bogenöffnungen, ein halbrundes Giebelfeld und eine Freitreppe mit Vorfahrt betont ist, gibt sich eindeutig als öffentliches Bauwerk zu erkennen. In seiner würdevollen Architektur ist das Rathaus Ausdruck des Selbstbewusstseins der jungen Kommune. In seinen vergleichsweise bescheidenen Dimensionen und eingebettet in eine offene Grünfläche ordnet es sich aber auch in die Gesamtgestaltung des Hohenzollernplatzes ein. Das Medaillon im Giebelfeld mit dem Schriftzug "Rathaus Nikolassee" und ein Relief über dem Hauptportal, das den Heiligen Nikolaus als Namenspatron zeigt, unterstreichen den ortsbezogenen Charakter des Gebäudes.(5)
Im Inneren des Hauptgebäudes waren die Amtsräume der Gemeindeverwaltung mit Standesamt, Meldeamt und Steuerkasse sowie ein Sitzungssaal, eine Polizeiwache mit drei Arrestzellen und die Wohnung des Gemeindevorstehers in funktionaler Anordnung untergebracht. Der am 15. Oktober 1913 erstmals von der Gemeindevertretung genutzte Sitzungssaal war mit einer Zuhörergalerie und einer ehemals reich bemalten Kassettendecke repräsentativ gestaltet. Von der Bemalung durch den Nikolasseer Maler August Unger sind Reste im Bereich der Empore erhalten.(6) Im Treppenhaus zeugen Holzschnitzereien und eine halbrunde, in die Rundung des Treppenlaufs eingepasste Holzbank noch von der ehemals prachtvollen Ausstattung des Rathauses.
Die Feuerwache gliederte Möhring deutlich schlichter; in der malerischen Gesamtgestaltung passte er sie jedoch an die Architektur des Rathauses an. Der frei stehende Putzbau mit hohem Mansardwalmdach war ehemals mit einem holzverschalten Steigeturm über einem Vorbau an der nordwestlichen Schmalseite versehen; dieser wurde 1954 abgebrochen. Mit der Wagenhalle im Erdgeschoss und den Dienstwohnungen in den Obergeschossen war die Feuerwache unter rein zweckmäßigen Gesichtspunkten eingerichtet. Heute ist das Gebäude stark verändert und durch den Neubau für die Polizeidienststelle von der Straße nicht mehr sichtbar.
1) Zur Auftrags/- und Baugeschichte vgl. Finger, Eberhard: Der Bau des Rathauses Nikolassee. In: Zehlendorfer Heimatbrief, Regionalgeschichtliche Beiträge und Mitteilungen 53 (2010), Nr. 1, S. 7-10.
2) Zitat in: Lehweß, Walter: Das Rathaus in Nikolassee. In: Berliner Architekturwelt 16 (1914), S. 437 f., 470-476. Bruno Möhring (1863-1929), ab 1892 selbstständiger Architekt in Berlin, wurde vor allem für Brücken und Hochbahnbauten bekannt. Vgl. Wagemann, Ines: Bruno Möhring, Witterschlick-Bonn 1992, S. 286 f.; Finger 2009, S. 96 f., 134 f., BusB III, S. 12 f., 53; Deutsche Bauhütte 18 (1914), S. 124, 126.
3) Nur das Standesamt, die Wohnung des Gemeindevorstehers und die Feuerwache blieben in Funktion. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Pestalozzi-Sonderschule, später die Dreilinden-Grundschule zeitweise das gesamte Gebäude.
4) 1975 wurde die Feuerwache aufgelöst, 1983/84 zog die Polizei in die vom Abriss bedrohten Gebäude ein, die 1990-92 umfassend saniert wurden. Damit zeitgleich wurde der Neubau an der Alemannenstraße errichtet. Eine zeitgenössische Beschreibung von Rathaus und Feuerwache findet sich in: Grunewald-Echo vom 15.7.1913. Vgl. Finger 2009, S. 134 f.
5) Der Schriftzug "Kreis Teltow" unter dem Medaillon wurde bei der Renovierung 1990-92 entfernt. Im Rathaus befindet sich noch ein Gips-Relief des Nikolaus, vermutlich die Bildhauervorlage. Vgl. Finger, Eberhard: 100 Jahre Landgemeinde Nikolassee. In: Zehlendorfer Heimatbrief, Regionalgeschichtliche Beiträge und Mitteilungen 53 (2010), Nr. 1, S. 10.
6) Abb. in: Berliner Architekturwelt 16 (1914), S. 476. Vgl. Finger, Eberhard: Der Bau des Rathauses Nikolassee. In: Zehlendorfer Heimatbrief, Regionalgeschichtliche Beiträge und Mitteilungen 53 (2010), Nr. 1, S. 9.
Literatur:
- BusB III 1966 / Seite S. 53
- Berliner Architekturwelt 16 (1913/14) / Seite S. 437f.
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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