Denkmaldatenbank

Reform-Realgymnasium Tempelhof

Obj.-Dok.-Nr. 09075206
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Tempelhof
Adressen Friedrich-Franz-Straße 40

Kaiserin-Augusta-Straße 19, 20, 21
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Schule & Brunnen
Datierung 1910-1911
Entwurf Köhler & Kranz (Architektensozietät)
Bauherr Gemeindevorstand Tempelhof (Gemeindeverwaltung)

Das 1910-11 von Köhler & Kranz erbaute Reform-Realgymnasium Tempelhof, Friedrich-Franz-Straße 40 und Kaiserin-Augusta-Straße 19-21, ist ein herausragendes Beispiel für die Reformarchitektur vor dem Ersten Weltkrieg. (1) Der gestaffelte, mehrfach abgewinkelte Baukomplex besteht aus zwei einhüftigen Klassentrakten, die den baumbestandenen Pausenhof begrenzen, während an der Kaiserin-Augusta-Straße ein übergiebelter Haupttrakt mit Turnhalle und Aula ausgebildet ist, dem sich das niedrige Lehrerwohnhaus anschließt. Mit den Giebeln und Erkern, den wechselnden Fensterformen und der bewegten Dachlandschaft soll die Baugruppe den Eindruck eines in Jahrhunderten gewachsenen Gebildes erwecken. Die verputzten Wandflächen unter den hohen, ziegelgedeckten Dächern sind durch schmückende und gliedernde Teile aus Muschelkalk, angefertigt von den Bildhauern Hinrich und Isenbeck, akzentuiert. Der hoch aufragende Turm über dem Haupttreppenhaus erinnert mit seiner überstehenden Ziegelverdachung unter einem zierlichen Laternenaufsatz an Stadt- und Kirchtürme des 16. und 17. Jahrhunderts in Süddeutschland. Der geometrisch bepflanzte Pausenhof verdeutlicht die Absicht von Köhler & Kranz, die Schüler durch Schönheit und Harmonie der schulischen Umgebung zu gebildeten Menschen zu erziehen. Jugendstil-Bänke, schatten spendende Ahornbäume und der mit Tierreliefs verzierte runde Brunnen laden zur Erholung ein. Der Haupteingang an der Kaiserin-Augusta-Straße ist durch bildhauerischen Schmuck besonders hervorgehoben. Über dem kräftigen Gebälk, getragen von Doppelsäulen, halten Putten zwei Medaillons mit Minerva und Apollo, während in der Mitte, unterbrochen von der Darstellung des Lebensschiffs, der Ausspruch "NON SCHOLAE / SED VITAE" zu lesen ist, der auf den pädagogischen Anspruch des Reform-Realgymnasiums hinweist. Durch die niedrige Eingangshalle ist das Haupttreppenhaus zu erreichen. Der Zierrat, der Freude vermitteln, aber auch belehren soll, setzt sich in der Schule fort. Kleine Reliefs mit symbolischen Darstellungen der Schulfächer (Religion und Erdkunde, Geschichte und Naturkunde, Chemie und Physik) schmücken die Zugänge zu den Fluren. Auf die reformierte Baugesinnung deuten die Fensternischen, die jeweils kleine Trinkbrunnen aufnehmen. Leider wurden die Trinkbrunnen in der Nachkriegszeit ausgetauscht. Im ersten Obergeschoss ist vor der Aula eine kreuzgratgewölbte Halle ausgebildet, an die sich gegenüber dem Treppenaufgang ein tonnengewölbter Raum anschließt. Dort sind Gedenktafeln für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Schüler und Lehrer angebracht. Die von Köhler & Kranz entworfene Ausstattung der Aula mit einer ungewöhnlichen, ornamental gehaltenen Ausmalung im geometrischen Jugendstil ist nicht erhalten. Der Eingangsbereich vor dem Zeichensaal im zweiten Obergeschoss ist mit der Skulptur eines nackten, auf einem Widder sitzenden Knaben geschmückt. Der zur Friedrich-Franz-Straße gerichtete Flügel enthält die großzügig bemessenen Fachklassen für den naturwissenschaftlichen Unterricht. Im Schulturm war ein Foucaultsches Pendel zur Demonstration der Erdbewegung installiert. In das Gebäude des Reform-Realgymnasiums zog 1945 das Askanische Gymnasium ein.


(1) Reform-Realgymnasium mit Realschule in Tempelhof bei Berlin, in: Das Schulhaus 14 (1912), S. 3-12; [Reform-Gymnasium, Tempelhof], in: Berliner Architekturwelt 15 (1913), S. 154-159; Bräuning, Fritz: Schulneubauten in Berlin-Tempelhof, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 34 (1914), S. 20-23; Przeradzki, Bernhard: 100 Jahre Askanische Schule. Eine Chronik der Jahre 1875 bis 1975, Berlin 1975; Przeradzki, Bernhard: 100 Jahre Askanische Schule. Eine Chronik der Askanischen Schule zum 100jährigen Bestehen, 2. erweiterte Auflage, Berlin 1984; BusB V C, S. 92, 94, 96-97, 107-109, 397-398; Klepper, Peter: 125 Jahre Askanisches Gymnasium 1875 bis 2000, [Innentitel: 125 Jahre Askanisches Gymnasium und Askanische Oberschule 1875 bis 2000. Eine Chronik der Schule zum 125-jährigen Bestehen], Berlin 2000; Dehio Berlin 2000, S. 411.

Literatur:

  • Przerakzki, B., 100 Jahre Askanische Schule. Eine Chronik der Jahre 1875-1975, Berlin 1975Berliner Architekturwelt 15 (1913) / Seite 154-159
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 125f.

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Landesdenkmalamt Berlin
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