Denkmaldatenbank

Evangelische Glaubenskirche mit Pfarrhäusern, Gemeindehaus und Brunnen

Obj.-Dok.-Nr. 09075205,T
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Tempelhof
Adressen Friedrich-Franz-Straße 9, 10, 11, 11A

Kaiserin-Augusta-Straße 22, 23
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Kirche ev. & Pfarrhaus & Gemeindehaus & Brunnen

Mit dem Turm der Schule korrespondiert der 50 Meter hohe Kirchturm der 1914-15 von Köhler & Kranz erbauten evangelischen Glaubenskirche, die mit den Pfarrhäusern und dem Gemeindehaus die Grundstücke Friedrich-Franz-Straße 9-11B und Kaiserin-Augusta-Straße 22-23 einnimmt. (1) Der bereits 1895 von den Kirchenbehörden angeregte Bau einer neuen Kirche war erforderlich, weil die Dorfkirche für die erheblich angewachsene Bevölkerung Tempelhofs nicht mehr ausreichte. Die mitten im Ersten Weltkrieg erbaute dreischiffige Hallenkirche orientiert sich in ihrer baulichen Struktur am traditionellen Kirchenbau, während sie in ihrer äußeren Erscheinung ohne historisierenden Dekor auskommt und der zeitgenössischen Reformarchitektur zugerechnet werden kann. Die offene Vorhalle an der Friedrich-Franz-Straße, der schmucklose, querrechteckige Turm mit einfachen rundbogigen Schallarkaden und Zeltdach sowie das blockhafte Kirchenschiff unter einem steilen Walmdach machen deutlich, dass sich Köhler & Kranz den Kirchenbau des 18. Jahrhunderts in Preußen zum Vorbild genommen haben. Die schlichten Putzfassaden, an den Seitenwänden durch rechteckige Fensterbahnen gegliedert, erhielten einen sparsamen Bauschmuck aus Muschelkalk. (2) Die Vorhalle und die halbrund hervortretende apsidenartige Taufkapelle sind durch Bauteile aus Muschelkalk hervorgehoben. Dem dreischiffigen, von Emporen umgebenen Langhaus gaben Köhler & Kranz ein antikisierendes Aussehen. Kannelierte Pfeiler tragen die bogenförmig gebrochene, kassettierte Eisenbetondecke. Unter den Emporen sind schmale, gangartige Seitenschiffe ausgebildet. Nicht nur die alten Kronleuchter, auch die Aposteldarstellungen an der Emporenbrüstung sind erhalten. Die Orgel aus der Orgelbauanstalt W. Sauer in Frankfurt an der Oder verfügte als technische Besonderheit über ein Fernwerk mit einem Schallkanal zur Apsis, wo sich das Echo des Orgelspiels ausbreiten sollte. (3) Vor der Apsis steht der Altar aus geschliffenem Travertin mit einer gestaffelten, aus antikisierenden Elementen gebildeten Rückwand, die ein Altarbild des bedeutenden Malers Ernst Pfannschmidt trägt. (4) Die Bilddarstellung mit dem Hauptmann von Kapernaum, der als "Held des Glaubens" vorgestellt wird, spielt vermutlich auf den Ersten Weltkrieg und den als heldenhaft empfundenen Kampf der deutschen Soldaten an. Die Kanzel, geschaffen von Holzbildhauer Kähler, enthält ein Relief mit der Darstellung der Tempelritter in Tempelhof. (5) Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Fenster wurden 1951-52 durch Glasfenster nach Entwurf von Egon Stolterfoth ersetzt, auf denen symbolhafte Zeichen und Bibelzitate zu sehen sind.

Die von Köhler & Kranz geplante zweigeschossige Umbauung des platzartigen Vorhofs an der Friedrich-Franz-Straße wurde erst 1928-30 durch Bruno Noack und Ludwig Antz ausgeführt. Die malerische Baugruppe aus drei Pfarrhäusern und dem Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Alt-Tempelhof ergibt mit der gegenüberliegenden Schule ein harmonisches Gesamtbild. Die schlichten, verputzten Fassaden unter ziegelgedeckten Dächern, die weißen Sprossenfenster und die farbigen Fensterläden führen den heimatverbundenen Baustil des Reform-Realgymnasium, wenn auch etwas vereinfacht, fort. Die Eingänge der beiden traufenständigen Pfarrhäuser an der Längsseite des begrünten Hofgeländes sind unter einem Vorbau zusammengefasst, dessen steiler Dreiecksgiebel das malerische Erscheinungsbild bereichert. Das dreigeschossige Gemeindehaus an der Kaiserin-Augusta-Straße verrät einen stärkeren Einfluss des sachlichen Baustils der 1920er Jahre. Für eine repräsentative Ausstrahlung sorgen das kräftig gerahmte Hauptportal, der Dreiecksgiebel über dem mittleren Fassadenabschnitt und das hohe, mit einem Belvedere geschmückte Walmdach. Zwischen den Fenstern des ersten Obergeschosses sind lebensgroße Skulpturen der vier Evangelisten aus Muschelkalk angebracht. Der Saal im zweiten Obergeschoss enthält vierhundert Plätze.

Auf dem begrünten Vorhof vor der Glaubenskirche steht das 1922 von Richard Bernhardt geschaffene Ehrenmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs. (6) Über einer hohen Muschelkalkstele ruht die Skulptur eines sitzenden, nackten Jünglings, der auf seinen Knien einen mit Eichenlaub bekränzten Stahlhelm hält. Das Denkmal trägt die Inschrift "SIE RUHEN / VON IHRER ARBEIT / DENN IHRE WERKE / FOLGEN IHNEN / NACH".


(1) Zetsche, Carl: Berliner Kirchenbauten, in: Berliner Architekturwelt 19 (1917), S. 265-267, 300-307; Seeberger, Erhard: Chronik der Kirchengemeinde Berlin-Tempelhof, Berlin 1958, Band 1, S. 98-107, Band 2, S. 102-109; 50 Jahre Glaubenskirche, hrsg. v. Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Tempelhof. Berlin 1965; Kühne/Stephani 1978, S. 249-251; BusB VI, S. 396; Dehio Berlin 2002, S. 408-409; Goetz/Hoffmann-Tauschwitz 2003, S. 285-286.

(2) An der Südwand ist eine Muschelkalkplatte mit folgender Inschrift angebracht: "DIE GLAUBENSKIRCHE / ERBAUT IN DEN JAHREN 1914-15 / DURCH DIE ARCHITEKTEN / KÖHLER U. KRANZ CHARLOTTBRG." Zusammen mit der Glaubenskirche wurde die rechte Achse der traufenständigen, zweigeschossigen Bebauung an der Längsseite des Vorhofs errichtet. Über dem Rundbogen des Eingangsbereichs ist das Lutherwort: "EIN FESTE BURG / IST UNSER GOTT" zu lesen. Unter den Fenstern der Glaubenskirche sind kleine Reliefs mit symbolischen Darstellungen angebracht.

(3) Die Konstruktion hat sich nicht bewährt. Als aufgrund von Bombenschäden Wasser durch das Schallaustrittsloch in die Apsis drang, wurde es geschlossen.

(4) Der Historien- und Kirchenmaler Ernst Pfannschmidt (1868-1941) hatte gute Beziehungen zum kaiserlichen Hof und erhielt dadurch bedeutsame Aufträge. Er schuf die Ausmalung des Mausoleums im Schlosspark Charlottenburg und stattete die Schlosskapelle in Berlin mit Fresken aus. Ernst Pfannschmidt entwarf die Mosaiken der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg (Seitenflächen der Emporen) und die Mosaiken der Himmelfahrtskirche der Auguste-Victoria-Stiftung in Jerusalem. Vor dem Ersten Weltkrieg malte der Künstler mehrere große Altarbilder, unter anderem in der Golgathakirche in Berlin, in der Erlöserkirche in Essen und in der Michaeliskirche in Hamburg.

(5) Die beiden Jahreszahlen "1247" und "1540" neben dem Kanzelrelief beziehen sich auf die Geschichte Tempelhofs. Mit dem Ordensritter "Hermannus des Templo" wurde der Ort Tempelhof 1247 erstmals erwähnt. Die Jahreszahl 1540 bezeichnet die Einführung der Reformation.

(6) Weinland, Martina: Kriegerdenkmäler in Berlin 1870-1930, Frankfurt/Main, Bern, New York, Paris 1990, S. 205; Endlich/Wurlitzer 1990, S. 135. Das Kriegerdenkmal stand ursprünglich nördlich der Kirche, wurde aber 1953 an den heutigen Standort versetzt.

Literatur:

  • Beseler, Gutschow/ Kriegsschicksale I, 1988 / Seite 178f.
  • Kühne, Stephani/ Kirchen, 1978 / Seite 249-251
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 125ff.

Teilobjekt Kirche ev.

Teil-Nr. 09075205,T,001
Sachbegriff Kirche ev.
Datierung 1913-1915
Entwurf Köhler und Kranz (Architektensozietät)
Ausführung Eckert und Danneberg (Baugeschäft)
Bauherr Gemeindekirchenrat der evangelischen Kirchengemeinde Tempelhof

Literatur:

  • Baumeister 12 (1914) / Seite 100
  • Berliner Architekturwelt 17 (1915) / Seite 94
  • Zetsche, Carl in
    Berliner Architekturwelt 19 (1917) / Seite 267, 300-307
  • Schönhagen, Otto/ Stätten der Weihe, Berlin 1919 / Seite 110

Teilobjekt Gemeindehaus

Teil-Nr. 09075205,T,002
Sachbegriff Gemeindehaus
Datierung 1928-1930
Entwurf Noack, B. & Antz, Ludwig (Architekt)
Ausführung Hoffmann und Winkel (Baugeschäft)
Bauherr Gemeindekirchenrat der evangelischen Kirchengemeinde Tempelhof

Teilobjekt Pfarrhaus

Teil-Nr. 09075205,T,003
Sachbegriff Pfarrhaus
Datierung 1929-1930
Entwurf Noack, B. & Antz, Ludwig (Architekt)

Teilobjekt Pfarrhaus

Teil-Nr. 09075205,T,004
Sachbegriff Pfarrhaus
Datierung 1929-1930
Entwurf Noack, B. & Antz, Ludwig (Architekt)

Teilobjekt Trauernder Krieger

Teil-Nr. 09075205,T,005
Sachbegriff Kriegerdenkmal
Datierung 1922
Entwurf Bernhardt, Richard

Literatur:

  • Weinland/ Kriegerdenkmäler in Berlin, 1990

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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