Denkmaldatenbank
Verwaltungsgebäude der Elektro Thermit GmbH
09075200 | |
Bezirk | Tempelhof-Schöneberg |
Ortsteil | Tempelhof |
Adressen | Colditzstraße 31, 33, 35 Volkmarstraße 10, 12, 14 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Verwaltungsgebäude |
Datierung | 1927-1928 |
Entwurf | Bartning, Otto (Architekt) |
Ausführung | Bartning, Otto & Fleischer (Architekt) |
Entwurf | Neufert, Ernst |
Bauherr | Elektro Thermit GmbH |
Bauherr |
Auf dem östlich der Colditzstraße gelegenen Grundstück zwischen Volkmarstraße und Teltowkanal siedelte sich 1921 die Elektro-Thermit GmbH an, die 1919 als Tochterunternehmen der Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft Berlin und der Th. Goldschmidt AG Chemische Fabriken Essen gegründet worden war. (1) Die Th. Goldschmidt AG besaß das Patent für das so genannte Thermitverfahren, das bis heute wichtigste Verfahren zur Verschweißung von Schienen für Straßen- und Eisenbahnen. Es beruht auf der hohen Reaktionsfähigkeit und Wärmeentwicklung eines Aluminiumgemisches. Der Chemiker Hans Goldschmidt, ein Bruder des Firmengründers, hatte das Verfahren bis 1895 entwickelt. Die neu gegründete Firma war mit dieser Technik außerordentlich erfolgreich und beherrschte den Markt weltweit. Für den Entwurf des 1927-28 erbauten Verwaltungsgebäudes der Elektro-Thermit GmbH an der Colditzstraße 31/35 verpflichtete sie den bedeutenden Architekten Otto Bartning, der zu dieser Zeit Direktor der Staatlichen Hochschule für Baukunst, Bildende Künste und Handwerk in Weimar war. (2) Er schuf ein dreigeschossiges, klar gegliedertes, aus kubischen Baukörpern spannungsvoll komponiertes Gebäude. An den lang gestreckten Verwaltungstrakt schließt sich das turmartig überhöhte Treppenhaus an, dem ein eingeschossiges Pförtnerhaus mit markant abgerundeter Ecke vorgelagert ist. (3) Hinter der roten Klinkerverkleidung verbirgt sich eine Stahlskelettkonstruktion. Otto Bartning verwendete eine auffallend bunte Ziegelmischung mit gelben, roten und braunen Steinen. Die differenzierte Fassadenausbildung richtet sich nach der inneren Raumstruktur: Die an der Straßenseite angeordneten Zeichensäle werden durch bandartig angelegte Stahlsprossenfenster belichtet. Die leicht vorstehenden Fensterbrüstungen, begrenzt von schmalen Putzstreifen, verstärken die konsequente Horizontalgliederung. Ein anderes Bild vermittelt die zum Hof gerichtete Längsseite. Ein aus hellen Putzstreifen gebildetes Raster macht deutlich, dass sich hinter der Fassade einzelne Bürozimmer verbergen. Die hochrechteckigen Fenster und die rot geklinkerten Brüstungsfelder ordnen sich diesem Raster unter. Die Putzstreifen umlaufen die Gebäudeecke, sie erstrecken sich an der nördlichen Schmalseite bis zum Treppenturm, wo sie die raumhohen Treppenhausfenster unterteilen, hinter denen sie schließlich enden.
In der Inflationszeit der 1920er Jahre kaufte die Elektro-Thermit GmbH die Kieler Firma Hanseatischer Apparatebau Neufeld & Kuhnke GmbH (Hagenuk). Der 1899 gegründete Betrieb produzierte schon vor dem Ersten Weltkrieg Marinetechnik, darunter Signal- und Nachrichtenübermittlungstechnik und elektrische Kommandoanlagen. Der Kauf war eine reine Geldanlage der Elektro-Thermit und diente der Risikostreuung. 1940 errichtete der Architekt Ernst Neufert für die Rüstungsproduktion der Hagenuk auf dem Gelände in Tempelhof Werksanlagen, darunter ein erhaltenes Werkstattgebäude, auch "Kanalhalle" genannt. Ernst Neufert war ab 1922 im Büro von Walter Gropius angestellt und zwischen 1926 und 1929 Professor am Bauhaus. 1936 gab er erstmals seine Bauentwurfslehre heraus, die bis heute als Standardwerk für Architekten viele Auflagen erlebt hat. Albert Speer beteiligte ihn 1937 als "Normungsbeauftragten" an den Planungen für die Neugestaltung Berlins. Gleichzeitig war Neufert für verschiedenste Firmen unter anderem als Industriearchitekt tätig. Zwischen 1937 und 1943 hatte er bereits eine Fabrik für die Hagenuk in Barth/Pommern gebaut.Neufert schuf einen lang gestreckten, durch eingestellte Treppenhausrisalite dreigeteilten Bau aus einer Betonkonstruktion mit Klinkerverblendung. Er nutzte die zum Teltowkanal abfallende Böschung für ein Untergeschoss, das sich zu einer Terrasse am Kanal öffnet. Ebenerdig durchzog ursprünglich eine hallenartige Werkstatt das gesamte Gebäude, darüber liegt ein drittes niedriges Stockwerk. Der westliche Kopfbau wurde nach dem Krieg zu einem dreistöckigen Verwaltungsgebäude umgebaut. Der Bau ist sehr zweckmäßig konstruiert, übersichtlich geordnet und für einen Industriebau sehr edel detailliert und mit vergleichsweise hochwertigen Materialien, mit Klinkern und Sandstein, repräsentativ verkleidet.
(1) Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Berlin. Bezirk Treptow-Köpenick. Ortsteile Nieder- und Oberschöneweide. Petersberg 2003, S. 89-91.
(2) BusB IX, S. 197; Bredow, Jürgen/Lerch, Helmut: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning, Darmstadt 1983, S. 104; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 228; Dehio Berlin 2000, S. 413.
(3) Das Pförtnerhaus wurde 1928 ausgeführt. Es war anfangs nur durch eine Mauer mit dem Treppenturm verbunden. 1940 wurde zwischen Hauptgebäude und Pförtnerhaus ein kleiner Warteraum eingefügt.
Literatur:
- BusB IX 1971 / Seite 197
- Hildebrand, Lemburg, Wewel/ Historische Bauwerke, 1988 / Seite 228, Kat. 67
- Bredow, J., Lerch, H., Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning, Darmstadt 1983 / Seite 33 & S. 104
- Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 143f.
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
- Tel.: (030) 90259-3653
- Fax: (030) 90259-3700
- E-Mail juliane.stamm@lda.berlin.de
Verkehrsanbindungen
-
U-Bahn
-
Bus
-
Jüdenstr.
- 248
- 300
-
Nikolaiviertel
- N8
- N40
- N60
- N65
-
Jüdenstr.