Denkmaldatenbank

Kloster Vom Guten Hirten

Obj.-Dok.-Nr. 09075161
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Marienfelde
Adressen Malteserstraße 171A, 171B, 171C, 171D, 171E, 171F
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kloster & Kirche
Datierung 1903-1905
Umbau 1983, 1968-1974
Entwurf Lückerath, Josef (Architekt)

Das Kloster "Vom Guten Hirten", Malteserstraße 171 A-F, wurde 1903-05 von Josef Lückerath aus Köln für die 1614 gegründete katholische Kongregation Unserer Frau von der Liebe des Guten Hirten errichtet. (1) Die Schwesternschaft, die seit 1858 in Charlottenburg eine Niederlassung mit einem Erziehungsheim für "sittlich gefährdete" Mädchen unterhielt, hatte den Umzug in die noch unbebaute Feldmark von Marienfelde beschlossen, um die Insassen dem vermeintlich schädlichen Einfluss der Großstadt zu entziehen. Die vierhundert Mädchen, die wie in einem Gefängnis gehalten wurden, arbeiteten in der Bäckerei und Wäscherei sowie auf den zugehörigen Feldern und Gärten, die sich um das Kloster bis zur Marienfelder Allee und zur Hildburghauser Straße erstreckten.

Der ungewöhnliche Grundriss basiert auf der Gefängnisarchitektur des 19. Jahrhunderts, unterscheidet sich aber von den Gefängnissen des panoptischen Systems dadurch, dass in der Mitte der sternförmigen Anlage nicht die Überwachungsstation, sondern die Klosterkirche angeordnet ist. Vom siebeneckigen Sanktuarium, überhöht durch Zeltdach und Glockenturm, gehen vier sternförmig ausstrahlende Kirchenschiffe ab, an die sich deutlich höhere viergeschossige Wohntrakte anschließen. Die aus rotem Backstein gemauerten Gebäude werden durch gotische Stilelemente gegliedert. Zwischen den Strebepfeilern der Kirchenschiffe öffnen sich große Spitzbogenfenster. Der umlaufende Zinnenkranz, typisch für Gefängnisbauten des 19. Jahrhunderts, verleiht dem Kloster einen wehrhaften, burgartigen Charakter. Die Wohntrakte werden von kräftig hervortretenden Seitenrisaliten eingefasst, zwischen denen jeweils eine zum Garten geöffnete Veranda angeordnet war. Die Insassen lebten in strikt voneinander getrennten Abteilungen. Die Höfe zwischen Wohntrakten waren durch eine Mauer umschlossen. Jede Abteilung besaß ein eigenes Kirchenschiff mit einer von zwei Säulen getragenen Empore an der Rückseite. Um Kontakte zwischen den Mädchen zu unterbinden, hatte man die zum Sanktuarium gerichtete Bogenöffnung vergittert. Der östliche Wohntrakt und das zugehörige Kirchenschiff waren den Nonnen vorbehalten. Jedes Kirchenschiff verfügt über einen eigenen Kreuzweg. Die auf Goldgrund gemalten Bilder im Nonnenschiff sind reicher dekoriert, allerdings fehlt die historische Rahmung. Der Priester kann vom Sanktuarium aus in alle vier Abteilungen blicken. Der Altar, geschmückt mit einem neogotischen Retabel, wurde 1957 beseitigt und durch einen einfachen Marmortisch ersetzt. Die figurenreiche Ausmalung des Gewölbes, die der Kunstmaler Kotrupp aus Mariendorf-Südende 1913 im nazarenischen Stil geschaffen hat, ist unverändert erhalten geblieben. (2) Einen hohen künstlerischen Wert besitzen die 1905 von Schneider & Schmolz in Köln hergestellten Glasmalereien. Den Bildern aus dem Alten Testament im unteren Drittel der Fensterbahnen sind Szenen aus dem Neuen Testament unter einem gotischen Baldachin zugeordnet. (3) Die theologisch durchdachte typologische Bildanordnung verdeutlicht die Einheit des Alten und Neuen Testaments. Die Orgel der Fa. Fleitner in Münster (Westfalen) wurde 1888 für die Ordensniederlassung in Charlottenburg geschaffen und 1905 nach Marienfelde überführt.

An das Sanktuarium schließen sich zwei symmetrische eingeschossige Gebäudetrakte an. Im Osten befindet sich die Sakristei, die aus zwei Räumen besteht, weil die für die Vorbereitung des Gottesdienstes eingeteilten Nonnen mit dem Priester nicht in einem Zimmer weilen durften. Zwischen Nonnen- und Priestersakristei vermittelt ein Wandschrank mit einer Durchreiche für die liturgischen Gewänder und Geräte. Zur historischen Ausstattung gehört der Eisschrank, in dem der Messwein aufbewahrt wird. Das Gegenstück zur Sakristei ist der von außen zugängliche ehemalige Gemeindesaal. Dieser Raum war den katholischen Einwohnern Marienfeldes, welche die Klosterkirche nicht betreten durften, vorbehalten. Ein überdachter Gang verband das Sanktuarium mit dem Pfortenhaus. Dort befand sich der Hauptzugang zum ummauerten Klostergelände. Die westlich des Pfortenhauses angeordnete Kapelle wurde nach Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg abgerissen.

Das Kloster wurde 1967 wegen Nachwuchsmangels geschlossen. Hermann Jünemann baute die Wohntrakte 1968-74 zu einem Sozialzentrum mit Seniorenwohnheim, Sozialstation, Gymnastikhalle, Schwimmbad und einer Sonderschule für behinderte Kinder um. Auf dem Klostergelände errichtete die dem Bistum Berlin gehörende Gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft Petruswerk 1968-78 eine Großsiedlung mit sechsgeschossigen Wohnblöcken und Reihenhäusern. Die Klosterkirche wird seitdem von der neu gegründeten katholischen Pfarrei Vom Guten Hirten genutzt. Beim Umbau des Kirchenraums wurden Bögen eingebrochen, um die Kirchenschiffe miteinander zu verbinden. Unter den Emporen entstand ein Umgang, der sich um die Klosterkirche herumzieht. Der ursprüngliche Eindruck der vier getrennten, eigenständigen Kirchenschiffe blieb jedoch erhalten.


(1) Streicher/Drave 1980, S. 318-319; BusB VI, S. 385-386; Dehio Berlin 2000, S. 420; Goetz/Hoffmann-Tauschwitz 2003, S. 303-304.

(2) Über dem mittleren Altarfenster ist die Marienkrönung dargestellt. Es folgen Heiligenpaare (Petrus und Paulus, Karl Borromäus und Ambrosius, Elisabeth und Hedwig, Agnes und Barbara, Katharina und Cäcilia). In den darunter liegenden Feldern sieht man den Guten Hirten mit Augustinus und Monika, Jesus Christus und die Frau aus Sichar, das Herz Jesu und das Herz Mariä mit dem Priester Jean Eudes sowie Mariä Opferung.

(3) Mittleres Fenster: Abraham und Isaak (Hinweis auf das Opfer Jesu), darüber die Kreuzigung, oben ein Pelikansymbol. Linkes Fenster: Moses vor dem brennenden Dornbusch (Hinweis auf die jungfräuliche Geburt), Geburt Jesu, oben Lamm mit Kreuz und Kelch. Rechtes Fenster: Moses mit den Gesetzestafeln (Hinweis auf die Gesetze der Kirche), Ausgießung des Heiligen Geistes, oben Taube als Symbol des Heiligen Geistes.

Literatur:

  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 209ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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