Denkmaldatenbank

Yorckbrücken

Obj.-Dok.-Nr. 09066749
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Yorckstraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Eisenbahnbrücke
Datierung 1883-1935
Entwurf Schwechten, Heinrich & Seidel, Heinrich (Architekt & Ingenieur)

Neben den Überresten der Bahnhöfe und Gleisanlagen von Potsdamer-, Anhalter-, Dresdner-, Militär- und Ringbahn (1) zählen die Brücken im Bereich der Schöneberger Insel zu den wichtigen Zeugnisse der Eisenbahngeschichte. Dabei sind sowohl Straßenbrücken, wie die 1929-30 erneuerte Monumentenbrücke über die Anhalter Bahn, als auch Eisenbahnbrücken, wie die Ringbahnbrücke über die Gotenstraße aus den 1880er Jahren, bemerkenswert. Von ganz besonderer stadt- und technikgeschichtlicher Bedeutung sind die Yorckbrücken, auf denen einst sämtliche Gleise der Nord-Süd-Bahnen die Yorckstraße überquerten. (2) Auf einer Strecke von 600 Metern sind von ehemals 45 Brücken, die zwischen 1883 und 1935 gebaut wurden, heute noch 26 erhalten. Vier Brückenneubauten wurden nach 1995 hinzugefügt. Die historischen Brücken sind herausragende Zeugen einer Zeit, in der die Eisenbahn eine dominante Rolle beim Aufstieg Berlins zur Metropole spielte und ihre Betriebsflächen stetig und weitgehend frei von städtebaulichen Zwängen in der Stadt ausdehnte. Zudem dokumentiert die stadtbekannte, einzigartige Situation an der Yorckstraße den von 1844 bis 1882 sich hinziehenden Interessenkonflikt zwischen Stadtplanung und privaten Eisenbahngesellschaften. Deren Einflussnahme verhinderte immer wieder, dass ein Abschnitt des so genannten Generalszugs an der zuerst von Peter Joseph Lenné, später von James Hobrecht geplanten Stelle ausgeführt wurde. Anstelle der boulevardartigen Gürtelstraße, die das Bahngelände zwischen Bülow- und Gneisenaustraße geradlinig kreuzen sollte, konnte erst nach Abschluss der Verstaatlichung der Eisenbahnen im Jahr 1882 die nun nach Süden verschwenkte, schmalere Yorckstraße mit den Brückenbauwerken überspannt werden. (3) Heute fahren nur noch die Fernbahn, zwei S-Bahnen und eine Museumsbahn auf sieben zum Teil neu gebauten, zum Teil sanierten Brücken über die Yorckstraße; die übrigen stillgelegten Brückenbauten werden im Zusammenhang mit dem Park am Gleisdreieck nach und nach instand gesetzt und sollen als Fuß- und Radwegeverbindung dienen. (4)

Die 26 historischen Yorckbrücken stammen aus den Bauphasen 1883-1905 und 1905-34. Von den ursprünglich 45 Brücken aus der Zeit vor 1935 dienten die westlichen neun der Potsdamer Bahn, der Neuen Wannseebahn und der Ringbahn (5); die 36 Brücken östlich der Bautzener Straße wurden von der Dresdner Bahn, der Anhalter Bahn, den Vorortbahnen nach Lichterfelde-Ost und Zossen sowie der Militäreisenbahn genutzt.

Das letzte erhaltene Exemplar von ursprünglich fünf 1883 errichteten Brücken der Dresdner Bahn ist die Brücke Nr. 5; sie stellt damit die älteste Brücke an der Yorckstraße dar. Die anderen vier (Nr. 6, 7, 8, 10) wurden in den 1930er Jahren erneuert. (6) Zur ersten Generation der Brückenbauten für die Anhalter Bahn, die vermutlich vom Architekten des Anhalter Bahnhofs, Franz Schwechten, gestaltet wurden, gehören noch die rücken Nr. 13 (1887) und Nr. 15 (1885). Ab 1905 kam für die Anhalter Bahn ein neuer Brückentyp zum Einsatz, von dem 16 Exemplare im östlichen Abschnitt der Yorckstraße erhalten sind. (7) Im Bereich der Potsdamer-/Wannseebahn sind noch drei (Nr. 1, 3, 4) der 1885 und 1891 errichteten Brücken vorhanden, von denen zwei bis heute von der S-Bahnlinie S1 befahren werden. Fast allen vor 1935 gebauten Brücken gemeinsam ist die Konstruktion als Trogbrücke aus genieteten Vollwandträgern (8), die auf gusseisernen Pendelstützen in Säulenform, steinernen Widerlagerwänden und verklinkerten Böschungsmauern aufliegen; diese Bauweise sorgte für die nötige Spannweite sowie eine geringe Bauhöhe und -breite der einzelnen Brücken. Die Eisenträger liegen auf gemauerten Widerlagerwänden sowie auf je zwei gusseisernen Stützenpaaren im Straßenraum auf. Das Mauerwerk der Widerlager- sowie der Stütz- und Flügelwände, die weitgehend in ihrer ursprünglichen Form erhalten sind, ist dekorativ mit gelben und roten Klinkern verblendet, zum Teil mit Sandsteinquadern betont. Vor allem bei den Brücken der 1880er Jahre kennzeichnet die individuelle dekorative Gestaltung der Bauteile - der Säulen, der Geländer, der seitlichen Laufstege, der Klinkermauern - die Zugehörigkeit der Brücken zu den unterschiedlichen Bahngesellschaften, aber auch die späteren Brücken lassen sich in Details nach ihrer Bauzeit unterscheiden. Trotzdem sind die weitgehend baugleichen Überführungen über die Yorckstraße als ein einheitliches und charakteristisches Gesamtgefüge erkennbar. (9)


(1) Bahnhofsbauten haben sich vor allem in Kreuzberg erhalten: die Ruine des Anhalter Personenbahnhofs (1880), der Paketbahnhof an der Luckenwalder Straße (1908-09) und die Reste des Anhalter Güterbahnhofs (1874), die heute Teil des Deutschen Technikmuseums sind. Einige der Bahnstrecken werden nach wie vor von S- und Fernbahn genutzt. Historische Gleisanlagen und andere Bahnrelikte sind in den Park am Gleisdreieck und in den Natur-Park Schöneberger Südgelände integriert.

(2) Schmidt/Tomisch 1985, S. 125-129; Hecker, Manfred: Die Yorckbrücken, Ein Symbol für die Entwicklung Berlins zur Metropole. In: verloren, gefährdet, geschützt, Baudenkmale in Berlin, hrsg. v. Norbert Huse, Berlin 1989, S. 90 ff.; Sabottka, Larissa: Die eisernen Brücken der Berliner S-Bahn, Bestandsdokumentation und Bestandsanalyse, Berlin 2003, S. 118, 154, 227 f., 253 (Abb. 85), Kat. Nr. 95, 147; dort die ältere Literatur; Die Yorckbrücken 2007.

(3) Auf Kreuzberger Gebiet zeugt die nur etwa 200 Meter lange, aber fast 40 Meter breite Hornstraße mit Mittelpromenade und Gründerzeit-Bebauung noch von der damaligen Hoffnung auf die Umsetzung der Prachtstraßen-Planung. Im neuen Park am Gleisdreieck markiert heute der in den Weg eingelassene Schriftzug "Generalszug" den Straßenverlauf, wie Lenné und Hobrecht ihn vorgesehen hatten. Hier kann man nun erstmals in der Sichtachse nach Westen und Osten wie geplant die beiden Kirchen am Dennewitzplatz und am Südkreuz als erkennen.(4) Die erste Brückensanierung wurde 2013 fertig gestellt.

(5) Die 1871-77 erbaute Ringbahn wurde 1881 über die so genannte Südring-Spitzkehre mit dem Potsdamer Bahnhof verbunden. 1891 erhielt dieser einen Anbau an der Ostseite, den Potsdamer Ringbahnhof. Die 1874 zwischen Zehlendorf und Potsdam angelegte Wannseebahn wurde 1889-91 verlängert und als Vorortbahn bis zum Potsdamer Bahnhof in Berlin geführt; 1891 wurde dort der Potsdamer Wannseebahnhof angebaut. Vgl. Die Yorckbrücken 2007, S. 18 f.

(6) Die Brücke Nr. 5 liegt zwischen Bautzener Straße und S-Bahnhof Yorckstraße (Nummerierung von West nach Ost); sie ist die einzige Brücke an der Yorckstraße, die noch die für die Dresdner Bahn charakteristische Konstruktion mit offenen fachwerkartigen Trägern zeigt. Sie wurde 2012 umfassend saniert. Die Betonbrücke Nr. 9 wurde nach 1995 für die Fernbahnstrecke neu gebaut. Vgl. Die Yorckbrücken 2007, S. 50 ff.

(7) Brücken Nr. 11, 12, 14, 16-20, 23-30. Diese Brücken waren im Gegensatz zu den älteren, deren starre Träger mit Zugankern in den Widerlagerwänden befestigt waren, mit Gelenkträgern ausgestattet, sodass nun auf die Zugverankerung verzichtet werden konnte. Der neue Typus wies eine höhere Stabilität und Tragfähigkeit auf, die für die immer schwerer werdenden Lokomotiven und die dichtere Zugfolge notwendig war. Vgl. Die Yorckbrücken 2007, S. 56 ff.

(8) Einzige Ausnahmen waren die ersten Brücken der Dresdner Bahn, die eine fachwerkartige, offene Bauweise aufwiesen (Brücke 5).

(9) Zu Konstruktion und Gestaltung der einzelnen Brücken siehe: Die Yorckbrücken 2007, S. 23 ff.

Literatur:

  • Zeitschrift für Bauwesen 34 (1884) / Seite 2-24
  • BusB I 1896 / Seite 221-224
  • N.N.: Berlin und seine Eisenbahn 1846-1896, Berlin 1982 (Reprint) / Seite 133, 293
  • Maier, H.: Berlin-Anhalter Bahnhof, Berlin 1984 / Seite 46
  • Schmidt, Tomisch: Vorortstrecke nach Zossen, 1985 / Seite 55-64
  • Hecker M.: Die Yorckbrücken, ein Symbol für die Entwicklung Berlins zur Metropole, in: Verloren - gefährdet - geschützt, Berlin 1988 / Seite 91-101
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 284
  • Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 68-69

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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