Denkmaldatenbank

Haus des Lette-Vereins

Obj.-Dok.-Nr. 09066710
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Viktoria-Luise-Platz 6

Welserstraße 5, 7
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Schule & Mietshaus
Datierung 1901-1902
Entwurf Messel, Alfred (Architekt)
Bauherr Lette-Verein

An der Nordwestseite des Platzes hebt sich das Haus des Lette-Vereins, Viktoria-Luise-Platz 6, 1901-02 nach den Plänen des Architekten Alfred Messel errichtet, von den Nachbarbauten ab. (1) Obwohl es sich in Form eines Wohnhauses mit Trauf- und Geschosshöhen in die Randbebauung einordnet und sich die eigentlichen Schulgebäude tief in das Innere des Baublocks hineinziehen, unterscheidet sich die Platzfassade von denen der anderen Häuser durch eine klar gegliederte und vornehm-repräsentative Architektur. Der 1866 von Wilhelm Adolf Lette gegründete "Verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts" hatte ab 1872 auch eigene Schulen eingerichtet, die 1902 in den Neubau am Viktoria-Luise-Platz zogen. (2) Der Komplex aus Schul- und Wohngebäuden erstreckt sich von den Grundstücken Viktoria-Luise-Platz 6 und Welserstraße 5/7 aus in das Blockinnere, wo er einen zentralen sechseckigen Hof umschließt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden der private Lette-Verein zu einer Stiftung öffentlichen Rechts und die Schule zur öffentlichen Ausbildungsstätte, die 1984 einen Laborneubau an der Geisbergstraße erhielt. Der Lette-Verein ist sowohl als Institution wie auch mit seinem Haus ein bedeutendes Dokument für die Bau- und Sozialgeschichte in der Zeit des Kaiserreichs.

Darüber hinaus besticht die Architektur Alfred Messels, der sich in den 1890er Jahren in Berlin durch seine Bauten unter anderem für das Warenhaus Wertheim am Leipziger Platz einen Namen gemacht hatte, durch ihren monumentalen Charakter bei gleichzeitiger Einfachheit und Zurückhaltung in der Verwendung historistischer Gestaltungselemente. (3) Neobarocke Formen beschränken sich beim Haus des Lette-Vereins auf das mächtige Mittelportal mit gekuppelten ionischen Säulen, aufgebrochenem Segmentgiebel und Wappenkartusche (4), das sich wie eine zweite Schicht vor die ansonsten eher schlichte Fassade zum Viktoria-Luise-Platz legt. Deren Wirkung beruht auf weitgehender Symmetrie und auf einer feinsinnigen Gliederung mit flacher Putzornamentik. Ein Café in den Räumen des Erdgeschosses, das sich im Sommer bis auf die verkehrsberuhigte Straße ausdehnt, relativiert heute die fast strenge Eleganz der Architektur, mit der Messel sich von den Stuckfassaden in der Nachbarschaft abzusetzen suchte. Das Wohnhaus Welserstraße 5/7 ist wesentlich einfacher gestaltet; auch die übrigen Schulbauten waren, den Erfordernissen des Schulbetriebs entsprechend, rein zweckmäßig ausgestattet. Der idyllische Innenhof mit Wasserbecken und gärtnerischer Anlage, den man durch die mit Säulen und Kassettendecke aufwendig dekorierte Hofdurchfahrt erreicht, bildet einen reizvollen Ruheraum für den gesamten Komplex.


(1) Alfred Messel, Ein Führer zu seinen Bauten, hrsg. v. Artur Gärtner, Robert Habel, Hans-Dieter Nägelke, Berlin 2010, S. 156 ff.; Habel, Robert: Alfred Messels Wertheimbauten in Berlin, Der Beginn der modernen Architektur in Deutschland, mit einem Werkverzeichnis zu Messels Werken, Berlin 2009, S. 678 ff.; BusB V B, S. 320, 322.

(2) Bildungsanstalt des von Wilhelm Adolf Lette (1799-1868) 1866 gegründeten "Vereins zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts". Vgl. Obschernitzki, Doris: "Der Frau ihre Arbeit!" Lette Verein, Zur Geschichte einer Berliner Institution 1866-1986, Berlin 1987; Viergutz 1988, S. 27 f.

(3) 1955 Beseitigung von Kriegsschäden. Laborgebäude Geisbergstraße 34: 1979-83 von Klaus Hendel, Horst Haseloff, Wolfgang Hotzel. Vgl. BusB V B, S. 322; Rave/ Knöfel 1981, Nr. 320.

(4) Zu Alfred Messel (1853-1909): Alfred Messel, Ein Führer zu seinen Bauten, hrsg. v. Artur Gärtner, Robert Habel, Hans-Dieter Nägelke, Berlin 2010; Habel, Robert: Alfred Messels Wertheimbauten in Berlin, Der Beginn der modernen Architektur in Deutschland, mit einem Werkverzeichnis zu Messels Werken, Berlin 2009; Alfred Messel, 1853-1909, Visionär der Großstadt, hrsg. v. Elke Blauert, Robert Habel, Hans-Dieter Nägelke u.a., Ausstellungskat. Berlin 2009; Ribbe/ Schäche 1987, S. 301 ff.

(5) In der Wappenkartusche sind die Tugenden und Aufgaben des Lette-Vereins symbolhaft dargestellt: drei Bienen (Fleiß), der geflügelte Hut des Gottes Merkur (Handel), Stickrahmen (Handwerk), Kochlöffel und Bügeleisen (Hauswirtschaft), Malerpalette (Kunst). Vgl. Twardawa 2000, S. 16 f.

Literatur:

  • Baumeister, Architekten, Stadtplaner, 1987 / Seite 320
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 395
  • Winz: Es war in Schöneberg, 1964 / Seite 118, 158, 170
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 177

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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