Denkmaldatenbank

Der Abschnitt der Potsdamer Straße zwischen Goeben- und Großgörschenstraße, der heute fast vollständig von Nachkriegsarchitektur bestimmt ist, war vor dem Zweiten Weltkrieg mit Wohn- und Geschäftshäusern der späten Kaiserzeit bebaut. Ein letzter Zeuge dieser Epoche ist das Wohn- und Geschäftshaus, Potsdamer Straße 199, das 1914 von Paul Craemer errichtet wurde. (1) Das Werk des jungen, kurz darauf im Ersten Weltkrieg gefallenen Architekten entsprach dem damals typischen Schema eines modernen Berliner Geschäftshauses: Der Bauherr, Schlachtermeister Georg Dabelow, nutzte eines der beiden Ladenlokale im Erdgeschoss sowie eine Wohnung im vierten Obergeschoss. Die übrigen frei zu unterteilenden Ebenen des fünfgeschossigen Stahlskelettbaus konnten für die Nutzung der Mieter individuell eingerichtet werden. Die Obergeschosse sind durch unterschiedlich breite vertikale Natursteinpfeiler in Thüringer Muschelkalk rhythmisch gegliedert. Die fünfachsige Teilung, die hohe, zu Dreier- und Vierer-Gruppen zusammengefasste Fenster ausbildet, ist im Sockelgeschoss in den großflächig verglasten Ladenfronten, die heute stark verändert sind, aufgenommen. Auch die ursprüngliche Verkleidung der Sockelzone mit schwarzgrauem Granit sowie fünf zierliche halbrunde Gauben im Dach sind nicht mehr vorhanden beziehungsweise durch sechs Dachfenster ersetzt. Sparsamer Schmuck wie Gesimse mit Zahnschnitt oder die mit schmalen Kapitellen und Kanneluren angedeuteten Pilaster am ersten Obergeschoss verleihen dem Gebäude jedoch auch heute noch eine schlichte Eleganz, die eine Vorstellung von der Vorkriegsbebauung an der Potsdamer Straße wach zu halten vermag.

(1) BusB IX, S. 192; Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 28 (1915), S. 41, Tafel 104-105; Baumeister 13 (1915), Heft 1, S. 4-8; Schweizerische Bauzeitung 60 (1912), S. 105 f., Tafel 23-26.