Denkmaldatenbank

Königskolonnaden

Obj.-Dok.-Nr. 09066667
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Potsdamer Straße 186, 187, 188

Heinrich-von-Kleist-Park
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kolonnade
Datierung 1777-1780
Entwurf Gontard, Carl Philipp Christian von
Ausführung Boumann d. J., Georg Friedrich

Von der Potsdamer Straße (zw. Nr. 186 und 188) führen der Hauptzugang zum Kleistpark und der Blick auf das Hauptportal des Kammergerichts entlang der beiden Säulenreihen der Königskolonnaden. Das 1777-80 von Georg Friedrich Boumann d. J. nach Entwürfen von Carl von Gontard geschaffene Bauwerk war 1910-11 von seinem ursprünglichen Standort an der Königstraße in Berlin-Mitte, nahe dem Alexanderplatz, hierher versetzt worden. (1) Mit der Translozierung konnte man den Verlust der zum Verkehrshindernis gewordenen Kolonnaden verhindern und einen der bedeutendsten Berliner Bauten des 18. Jahrhunderts bewahren. Auch wenn dabei die Funktion als dekorativer Ergänzungsbau für die Königsbrücke über den Festungsgraben (2) und der räumliche Zusammenhang sowie einige bauliche Details verloren gingen, gehören die Königskolonnaden heute zu den wenigen weitgehend erhaltenen Zeugnissen dieser Epoche und dieses Bautyps. (3)

Die in Sandstein ausgeführten und aufwendig dekorierten Kolonnaden bestehen aus zwei etwa 50 Meter langen Reihen gekuppelter ionischer Säulen auf hohen Postamenten an den Innenseiten sowie mit Pilastern und Rundbogenöffnungen an den Außenseiten, die je ein dreiteiliges Konsolengebälk und eine Attika mit Balusterbrüstung tragen. Je ein erhöhter Mittel- und zwei Eckpavillons sind von Aufbauten mit Trophäen und Figurengruppen bekrönt. Der reiche bauplastische Schmuck, Figuren und Reliefs von den Berliner Bildhauern Wilhelm Christian Meyer, Friedrich Elias Meyer und Johann Wilhelm Schultze, ist trotz Umsetzung und mehrfacher Restaurierung zum größten Teil noch in Originalsubstanz überliefert. (4) Die allegorischen Darstellungen von Handel und Gewerbe, insgesamt 55 Figurengruppen mit Putten, die mit Stoffballen, Fässern, Paketen hantieren, deuten auf die ursprüngliche Aufgabe der Kolonnaden als Einkaufspassage mit kleinen Läden hin. Der um 1910 heftig umstrittene Umzug der Kolonnaden an die Potsdamer Straße hatte sich auch gegen die veränderte Ausrichtung - nicht mehr parallel, sondern rechtwinklig zum Straßenraum - gewandt. (5) Diese verleiht jedoch dem Bauwerk im heutigen Stadtbild sowohl die Wirkung eines weithin sichtbaren, repräsentativen Eingangs zum Park als auch innerhalb seiner Randbebauung die Funktion als Mittler und Maßstab für die unterschiedlichen Großbauten.


(1) Die Königskolonnaden säumten einst die Königstraße (heute Rathausstraße) in Verlängerung der Königsbrücke und wurden seit dem Bau der Stadtbahn auf den zugeschütteten Festungsgräben 1878-82 sowohl vom Bahnhof Alexanderplatz als auch vom zunehmenden Verkehr und von vielgeschossigen Geschäftshäusern arg bedrängt. Die Entscheidung für die Umsetzung an den Kleistpark hatte sich gegen viele andere Vorschläge durchgesetzt. Finanziert wurde der Umzug vom Kaufhauskonzern Wertheim, der auf dem frei gewordenen Grundstück einen Warenhausneubau errichten konnte. Vgl. Borrmann 1893, S. 388 f.; Die Königskolonnaden 2004, S. 9 ff.

(2) Im 17. Jahrhundert war das Georgentor (seit 1701 Königstor) eines von fünf Toren in der Berliner Stadtmauer; die Georgenbrücke überquerte den Festungsgraben. Nach Beseitigung der Festungsanlagen ab 1732 entstand 1777-80 die neue Königsbrücke mit den Kolonnaden, nicht wie bei Mühlen-, Spittel-, Mohren- und Jägerbrücke als seitliche Einfassung, sondern als separates Bauwerk in Fortsetzung der Brücke. Die Königsbrücke musste bereits der 1882 eröffneten Stadtbahn weichen, die über dem Festungsgraben gebaut wurde.

(3) Die Mohrenkolonnaden (Mohrenstraße, 1787 von Carl Gotthard Langhans) sind die einzigen an ihrem authentischen Standort stehenden, jedoch nur teilweise erhaltenen Kolonnadenreste. Der südliche Teil der zerstörten Spittelkolonnaden (1776 von Carl von Gontard) wurde 1979 an der Leipziger Straße, in der Nähe des alten Standorts als Kopie wieder aufgebaut.

(4) Restaurierungen 1952, 1955-58, 1960, 1979-81 und 2004-08. Zehn Skulpturengruppen wurden im Laufe der Zeit durch Replikate ersetzt, die Originale sind im Kammergericht zu besichtigen. Vgl. Berlin im Wandel, 20 Jahre Denkmalpflege nach dem Mauerfall, hrsg. v. Landesdenkmalamt Berlin, Berlin 2010, S. 510.

(5) Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin (Hg.): Die Königskolonnaden im Heinrich-von-Kleist-Park an der Potsdamer Straße, Berlin 2004, S. 23 ff.

Literatur:

  • Ländliches und städtisches Grün, Ausstellungskatalog, Berlin 1987 / Seite 34
  • Endlich, Wurlitzer/ Skulpturen und Denkmäler, 1990 / Seite 99
  • Wille, Klaus-Dieter/ Spaziergänge in Schöneberg, Berlin 1981 / Seite 27 ff.
  • N.N./ Die Königskolonnaden und das neue Terrain am Botanischen Garten in
    Bauwelt 1 (1910) 7 / Seite 9-11
  • Waetzoldt, Bibliographie zur Architektur im 19. Jhdt., 1977 / Seite Nr. 7236-7254
  • Nicolai, Friedrich / Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, nebst aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend. 3 Bde. Bd. I. Berlin 1786 / Seite 29
  • BusB I 1877 / Seite 95
  • Borrmann, Die Bau- und Kunstdenkmäler, 1893 / Seite 129 & 385 & 388
  • Thieme-Becker, Bd. 14 / Seite 372-373
  • Schmitz, Hermann/ Berliner Baumeister vom Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts. Berlin 1925 / Seite 24
  • Scheffler, Karl/ Berlin. Wandlungen einer Stadt. Berlin 1931 / Seite 80
  • Kuntze, Friedrich F. A./ Das Alte Berlin. Berlin - Leipzig 1938 / Seite 80
  • Winz, Helmut/ Es war in Schöneberg. Aus 700 Jahren Schöneberger Geschichte. Berlin 1964 / Seite 141
  • Reuther, Hans/ Barock in Berlin. Berlin 1969 / Seite 138-139
  • Giersberg, Hans-Joachim/ Friedrich als Bauherr. Studien zur Architektur des achtzehnten Jahrhunderts in Berlin und Potsdam. Berlin 1986 / Seite 22
  • Wolfgang Ribbe, Wolfgang & Schäche, Wolfgang (Hg.): Baumeister, Architekten, Stadtplaner. Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins. Berlin 1987 / Seite 617-618
  • Eberhard Heinze, Eberhard & Thiemann, Eckhard & Demps,Laurenz (HG)/ Berlin und seine Brücken. Berlin 1987 / Seite 16 & 30 & 31 & 148-149 & 151-153
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 403
  • Hermann Heckmann, Hermann/ Baumeister des Barock und Rokoko in Brandenburg-Preußen. Berlin 1998 / Seite 443
  • Fick, Astrid/ Potsdam - Berlin - Bayreuth. Carl Philipp Christian von Gontard (1731-1791) und seine bürgerlichen Wohnhäuser, Immediatbauten und Stadtpalais. Petersberg 2000 / Seite 1 & 131-132 & 226-228
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 98

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