Denkmaldatenbank
Neues Schauspielhaus, Theater am Nollendorfplatz, Metropol-Theater
09066641 | |
Bezirk | Tempelhof-Schöneberg |
Ortsteil | Schöneberg |
Adressen | Nollendorfplatz 5 Motzstraße 1, 3 Nollendorfstraße 11, 12 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Theater & Wohnhaus |
Datierung | 1906 |
Entwurf | Frölich, Albert |
Entwurf | Boswau & Knauer |
Bauherr | Theater- und Saalbau Aktiengesellschaft |
Das einzige historische und heute noch immer dominierende Gebäude an der Südseite des Nollendorfplatzes ist das ehemalige Neue Schauspielhaus, Nollendorfplatz 5, Motzstraße 1/3, Nollendorfstraße 11-12. Der monumentale Bau mit giebelbekrönter Hauptfassade und kräftigen Seitentürmen gehört zu den erhaltenen Resten eines 1906 errichteten Baukomplexes, der sich mit Theater und Konzertsaal, Konzertgarten sowie Restaurant- und Büroflügel zwischen Motz- und Nollendorfstraße erstreckte. Nach Entwurf des Schweizer Architekten Albert Fröhlich in Zusammenarbeit mit der Firma Boswau & Knauer war die Anlage im Auftrag der Theater- und Saalbau AG ausgeführt worden. (1) In der wechselvollen Nutzungsgeschichte des Gebäudes als populäres kommerzielles Theater der Kaiserzeit, als eines der ersten Lichtspielhäuser um 1910, als politisches Theater Erwin Piscators in den 1920er Jahren und als Diskothek "Metropol" ab 1978 ist 2005, nach Jahren des Leerstandes, mit einem spektakulären Umbau zu einem Clubgebäude ein neues Kapitel eröffnet worden. (2) Das Schauspielhaus spiegelt in besonderer Weise mehr als ein Jahrhundert kulturellen Lebens in Berlin. (3)
Die prunkvolle Platzfassade mit Kalksteinsockel, einem hohen Korbbogenfeld über dem Haupteingang, mit dem mächtigen Rahmen aus Dreiecksgiebel und Pylonen sowie den flankierenden Türmen ist trotz Kriegsschäden und diverser Umbauten weitgehend erhalten geblieben. (4) Reliefs von Nikolaus Friedrich mit überlebensgroßen tanzenden Figuren spielen auf die dionysische Welt des Theaters an. Auch die beiden Figurenpaare im Mittelfeld und zwei antikisch gekleidete Frauengestalten auf den Pfeilern im Korbbogen gehören zum originalen Fassadenschmuck, von dem nur zwei vollplastische Panthergespanne auf den Pylonen verloren sind. Hinter dem Eingang befanden sich ursprünglich auf zwei Geschossen das Vestibül sowie Garderoben und Foyer des Theaters, darüber, mit separatem Zugang, der Mozartsaal, der bereits 1911 zum Filmtheater umgebaut worden war. Zuschauerraum und Bühnenhaus des Theaters sind im Zweiten Weltkrieg zerstört und später abgetragen worden, die 2005 neu geschaffenen Räumlichkeiten befinden sich im nun völlig entkernten Kopfbau. Deckendurchbrüche und der Einbau von Säulen getragenen Galerien suggerieren historische Raumdimensionen, die es so nie gegeben hat. In ihrer Bausubstanz noch vorhanden sind hingegen das ehemalige Restaurationsgebäude Motzstraße 1/3 mit einem Seitenflügel im Blockinneren, an der Nollendorfstraße ein Bürohaus mit Seitenflügel sowie der ehemalige Garderobentrakt des Bühnenhauses im Hof, die heute als Wohn- und Geschäftshäuser genutzt werden.
(1) BusB V A, S. 73 f., 114 f., 132 ff., 153, 198 (mit weiteren Literaturangaben); Pietsch, Ludwig: Das Neue Schauspielhaus und der Mozartsaal am Nollendorfplatz in Berlin, Berlin 1907. Albert Fröhlich betrieb 1906-13 nach früherer Mitarbeit bei Theaterarchitekt Heinrich Seeling ein eigenes Büro in Berlin. Für Boswau & Knauer zeichnete Otto Rehnig verantwortlich. Die Architekten Hermann Knauer (1872-1909) und Paul Boswau bauten kurz nach 1900 Mietshäuser u.a. am Kurfürstendamm, 1908 die Hotels "Esplanade" und "Exelsior" sowie das spätere Kaufhaus des Westens (KaDeWe).
(2) 1928 Umbau des seit 1911 als Kinosaal genutzten Mozartsaals durch Georg Leschnitzer in Formen der Neuen Sachlichkeit (vgl. BusB V A, S. 198), 1927-31 Verpachtung des Schauspielhauses an Erwin Piscator (1893-1966) für sein revolutionäres Arbeiter-Theater "Piscatorbühne" (vgl. Kunstmetropole Berlin 1918-1933, Berlin 1987, S. 212 ff.). 1978 als eine der größten Diskotheken der Welt eröffnet und für Rock-/Popkonzerte genutzt (vgl. Simon 1998, S. 85 f.). 2005 Umbau zum "Club Goya": Restaurant, Diskothek, Bar. Architekt: Hans Kollhoff (vgl. Baumeister 3/2006, S.78 ff.).
(3) 1912-13 baute der Theaterarchitekt Oskar Kaufmann auf dem gegenüberliegenden Grundstück Nollendorfplatz 4, Ecke Motzstraße, das Lichtspieltheater Cines, einen der ersten reinen Kinobauten, die sich ab 1911 vor allem im Berliner Westen ansiedelten. (Vgl. BusB V A, S. 160 ff., 185 f.) Auch das Varietéetheater Scala (ehem. Martin-Luther-Straße 14-18) und der Sportpalast (ehem. Pallasstraße), die zu den berühmtesten Groß-Vergnügungsstätten der 1920er Jahre gehörten, befanden sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Vgl. Simon 1998, S. 85 ff.
(4) Die Fenster im Korbbogenfeld über dem Eingang sind 2005 wiederhergestellt worden.
Literatur:
- Pietsch, Ludwig, Das Neue Schauspielhaus und der Mozartsaal am Nollendorfplatz in Berlin, Berlin 1906BusB V A 1983 / Seite S. 114, 153, 198
- Schliepmann, Hans/ Lichtspieltheater. Tonfilmtheater, Berlin 1931N.N./ Das neue Schauspielhaus am Nollendorfplatz in Berlin in
Bautechnische Zeitschrift 21 (1906) / Seite 401-405 - N.N./ (Das neue Schauspielhaus am Nollendorfplatz in Berlin) in
Zentralblatt der Bauverwaltung 26 (1906) / Seite 541 - N.N./ Der Bau des neuen Schauspielhauses und des Mozartsaales am Nollendorfplatz in Berlin in
Baugewerks-Zeitung 38 (1906) / Seite 1009-1010 - N.N./ Das neue Schauspielhaus am Nollendorfplatz in Berlin in
Schweizerische Bauzeitung 54 (1909) / Seite 195-199, 210-216 - Moritz, Carl/ Vom modernen Theaterbau in
Leipziger Bauzeitung 2 (1906) / Seite 261-265 - Haps, Silke: Industriebetriebe der Baukunst. Generalunternehmer des frühen 20. Jhs., Bd. 2, Dissertationsschrift, TU Dortmund 2008 / Seite G19
- Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 167 f.
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