Denkmaldatenbank
Hoch- und Untergrundbahnhof Nollendorfplatz
09066640 | |
Bezirk | Tempelhof-Schöneberg |
Ortsteil | Schöneberg |
Adressen | Nollendorfplatz |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Bahnhof (U) |
Datierung | 1902, 1909-1910 |
Entwurf | Grenander, Alfred Frederik Elias |
Entwurf | Cremer und Wolffenstein |
Bauherr | Magistrat Schöneberg |
Westlich des Nollendorfplatzes wird die 1902 eröffnete "Stammbahn", die erste Hoch- und Untergrund-Bahnlinie Berlins, die zunächst zwischen Warschauer Brücke und Zoologischer Garten verkehrte, über eine Rampe in den Untergrund geführt. (1) Von den Bahnhöfen der Linie hatte der Hochbahnhof Nollendorfplatz damals die markanteste städtebauliche Wirkung. Den imposanten Kuppelbau über der Bahnsteighalle, der 1900-01 nach Entwurf der renommierten Architekten Cremer & Wolffenstein errichtet und im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, zeichnet die im Jahr 2002 aufgesetzte Kuppelkonstruktion aus Stahlprofilen nach. (2) Trotzdem ist der Hoch- und U-Bahnhof Nollendorfplatz heute nicht mehr der glanzvolle Mittelpunkt eines gärtnerisch gestalteten Schmuckplatzes in der feinsten Wohngegend des neuen Berliner Westens, sondern ein eher unauffälliger, von Großstadtverkehr und Nachkriegsbauten umgebener Umsteigebahnhof für drei U-Bahnlinien und die 1993 wiederhergestellte Hochbahn (heute U2). (3) Der U-Bahnhof entstand in mehreren Bauabschnitten: Seitlich der Hochbahnstation von 1901 war 1909-10 eine unterirdische Station als provisorische Endhaltestelle der 1910 eröffneten Schöneberger U-Bahnlinie (4) (heute U4) eingerichtet worden. Der Bau der "Verstärkungslinie" (5) (heute U1/U3) zwischen Wittenbergplatz und Gleisdreieck 1915-26 erforderte die Neuorganisation der U-Bahntrassen unter dem Nollendorfplatz und ein zusätzliches Eingangsgebäude, das der Architekt der Hochbahngesellschaft Alfred Grenander 1925-26 errichtete. (6) Sowohl dieses Empfangsgebäude als auch die unterirdischen Bahnsteighallen stellen die eigentlichen baulichen Zeugnisse für die Geschichte des Bahnhofs und der Berliner Verkehrsentwicklung dar; das Stahlgerüst über der 1955 komplett erneuerten Hochbahnstation erinnert lediglich an den alten Kuppelbau und lässt dessen einstige Fernwirkung in den einmündenden Straßen noch erahnen.
Das 1926 eröffnete Empfangsgebäude Alfred Grenanders schloss sich unauffällig und elegant an den damaligen Hochbahnhof an und organisierte im Inneren zugleich perfekt den Übergang zwischen den Gleisen der Hochbahn und der drei U-Bahnlinien. Nach außen zeigt es sich als eingeschossiger, mit Muschelkalkplatten verkleideter Kubus, der an den Längsseiten mit je einem sparsam dekorierten Portal gegliedert ist. Im mit gelb-grünen Fliesen verkleideten Inneren flankieren zwei Rundräume mit Oberlicht den Aufgang zur Hochbahn: Im südlichen ist eine Gedenkhalle für die Weltkriegsgefallenen der Hochbahngesellschaft (7), im nördlichen der Abgang zu den beiden Tiefgeschossen der U-Bahn angelegt. (8) Die Rundform fungiert als Gelenk, das die hier spitzwinklig aufeinander treffenden Bahnlinien miteinander verbindet und so die Asymmetrie geschickt kaschiert. Westlich der Bahnhofsausfahrt zeugen am ersten Pfeilerpaar noch Reste einer Brunnenanlage mit Delphinen und einer Flussgottheit (Bildhauer Otto Westphal) vom einstigen, mit Teich und Blumenbeeten angelegten Schmuckgarten auf dem Nollendorfplatz. (9)
(1) Elektropolis Berlin 2014, Nr. 265, S. 315; Bongiorno 2007, S. 41 f.; BusB X B, S. 19 ff., 35 ff.
(2) Entwurf: Ralf Schüler & Ursulina Schüler-Witte. Vgl. Bongiorno 2007, S. 59 f.; BusB X B, S. 38, 107.
(3) Die Bahnsteighalle der Hochbahn war nach Kriegszerstörung 1955 mit großflächiger Verglasung über vollwandigen Stahlrahmenträgern komplett erneuert worden. Nach der Stilllegung der Bahnlinie 1972 diente die Halle 1973-91 als Trödelmarkt. Auf den Gleisen verkehrte eine Museumsstraßenbahn zum ebenfalls für Gastronomie und Läden genutzten Bahnhof Bülowstraße. Vgl. Bongiorno 2007, S. 61; Meyer-Kronthaler, Jürgen: Berlins U-Bahnhöfe, Die ersten 100 Jahre, Berlin 1995, S. 182 ff.
(4) Bohle-Heintzenberg 1980, S. 101 ff., vor allem S. 103-05. Die Linie verlief vom Nollendorfplatz zum Innsbrucker Platz. Siehe auch: U-Bahnhöfe Innsbrucker Platz, Rathaus Schöneberg, Bayrischer Platz, Viktoria-Luise-Platz.
(5) Bongiorno 2007, S. 32 f.; Bohle-Heintzenberg 1980, S. 147 ff.
(6) Fioretos, Aris (Hg.): Berlin über und unter der Erde, Alfred Grenander, die U-Bahn und die Kultur der Metropole, Berlin 2006, S. 310 f.; Bohle-Heintzenberg 1980, S. 150 ff.; BusB X B, S. 65 f., 127.
(7) Die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs sind in der Ehrenhalle auf Bronzetafeln an den Wänden verewigt. Weitere Gedenktafeln für Werner von Siemens und Heinrich Schweiger sind in der Eingangshalle angebracht, eine Tafel für den Maler Lesser Ury befindet sich an der nördlichen Außenseite, den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus ist seit 1989 ein Mahnmal an der Südseite des Bahnhofs gewidmet.
(8)Die Bahnsteige sind wegen der geringen Breite der Motzstraße in zwei übereinander liegenden Ebenen angeordnet.
(9) Bongiorno 2007, S. 60; Kotzur, Marlene: Berliner U-Bahnhöfe zwischen Krumme Lanke und Vinetastraße (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Heft 8), Berlin 1996, S. 34 ff.
Literatur:
- BusB X B 1 1979 / Seite 65f., 107, 126-127
- Alfred Grenander, Berlin, Leipzig, WienArchitektur der Berliner Hoch- und Untergrundbahn.Planungen, Entwürfe, Bauten bis 1930 / Seite 34-39
- Mauruszat, Axel: Umbau am Nollendorfplatz in
Verkehrsgeschichtliche Blätter (2012) 2 / Seite 166 - Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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