Denkmaldatenbank

Prälat Schöneberg

Obj.-Dok.-Nr. 09066533
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Feurigstraße 30, 31, 32, 33
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Gaststätte & Tanzsaal
Datierung 1936-1938, 1950-1951
Entwurf Dunkel, William
Entwurf Schallenberger & Krebs
Bauherr Schloßbrauerei Schöneberg

Das Saalgebäude Feurigstraße 30-33, das 1936-38 errichtet und Anfang der 1950er Jahre nach Kriegsschäden im Inneren verändert wiederaufgebaut wurde, ist der letzte erhaltene Bauteil der bedeutenden und einst erheblich größeren Veranstaltungs- und Gaststätte Prälat Schöneberg. Das Grundstück des ehemaligen Freigutes Hauptstraße 122-124, das sich ursprünglich weit nach Südosten über die Feurigstraße hinaus bis zur Potsdamer Bahnlinie erstreckte, war in dem langen Zeitraum zwischen 1867 und 1987 ein traditionsreicher Ort Schöneberger Freizeitvergnügens und Gaststättenkultur.

Im Dorf Alt-Schöneberg waren durch den Ausbau der Chaussee zwischen Berlin und Potsdam im 19. Jahrhundert der Ausflugsverkehr von Berlin und die Zahl der Lokale an der Hauptstraße, die Bierausschank im Freien sowie Musik, Tanz und Theater für breite Bevölkerungsschichten boten, sprunghaft angestiegen. (1) Auch auf dem nördlichen Teil des Freigutes an der Hauptstraße wurde ein Gartenlokal eingerichtet, das von der Schöneberger Schlossbrauerei, die 1867 auf dem Gutsgelände jenseits der Feurigstraße gegründet worden war, als Ausschank genutzt wurde. (2) Dieses Lokal entwickelte sich um 1900, ab 1911 unter dem Namen Bürgergarten, zu einer der größten und beliebtesten Gastwirtschaften und Veranstaltungsstätten in Schöneberg. Mit dem Neubau eines Restaurations- und Saalgebäudes mit mehreren Räumlichkeiten für insgesamt 2.000 Personen, das 1936-38 nach Entwurf von William Dunkel entstand, wurde das nun Prälat Schöneberg genannte Lokal zur ersten Adresse für Großveranstaltungen und Festlichkeiten, zunehmend auch für politische Veranstaltungen. (3) Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die stark zerstörten Gebäude aufwendig erneuert; sie erlebten eine neue Glanzzeit in den 1950er und 1960er Jahren, als der Prälat als Ort für Bälle und andere gesellschaftliche Höhepunkte in West-Berlin über die Grenzen Schönebergs hinaus bekannt war. (4) Diese Ära endete in den 1980er Jahren; seit 1987 standen die Gebäude leer, 2006 wurden die Bauteile der 1960er Jahre an der Hauptstraße abgerissen und das Grundstück mit einem Supermarkt und einem Wohnhaus bebaut. Nur der Saalbau an der Feurigstraße mit einigen originalen Ausstattungsdetails wurde als Dokument der wechselvollen Geschichte des Ortes erhalten.

Das 1936-38 von William Dunkel errichtete Restaurations- und Saalgebäude verfügte ursprünglich über vier unterschiedliche Säle (5), von denen der Große Festsaal mit Bühne und offener Holzbalkendecke sowie seine Vorhalle, der so genannte Wappensaal, 1950-51 von Paul Jacob Schallenberger und Gerhard Krebs in veränderter Form wiederaufgebaut wurden. Den Festsaal überspannten die Architekten mit einer flach gewölbten, segmentbogenförmigen Rabitzdecke, in die runde Strahler eingelassen wurden; den darunter verborgenen Holzbindern mit einer Spannweite von 24 Metern dienten die Mauerpfeiler des alten Saalbaus als Auflager. An seiner nördlichen Schmalseite wird der Raum U-förmig eingefasst von einer symmetrisch gekurvten, elegant ausschwingenden Galerie auf schlanken Rundstützen, zu der zwei seitlich angeordnete Treppen hinauf führen; auf der gegenüberliegenden Seite wurde die erhöhte Bühne an ihrer alten Stelle wieder errichtet. Das Tanzparkett ist gegenüber den seitlichen Sitzbereichen abgesenkt, damit die Sitzenden die Tanzenden überblicken konnten. Von der zeitgenössischen Kritik wurde der Große Festsaal für seine bemerkenswerte Raumdifferenzierung als "ein räumliches Gebilde von hohem Reiz" gelobt. (6) Der als Foyer dienende Wappensaal ist ein ungeteilter Raum, dessen Wirkung auf den Raumproportionen, auf der Anordnung der segmentbogenförmigen Türöffnungen, der kraftvollen Balkendecke sowie den dekorativen Wappenschilden beruht, und dokumentiert noch die künstlerische Innenraumgestaltung der ursprünglichen Anlage aus den 1930er Jahren.


(1) Schönknecht 1987, S. 7: Zahl der Schankwirtschaften in Schöneberg: um 1750: 2, um 1860: ca. 10, um 1900: ca. 350. Eine regelmäßige Verkehrsverbindung zwischen Berlin und Schöneberg sicherten seit 1860 Pferdeomnibusse und seit 1897 Pferdestraßenbahnen.

(2) Die "Schlossbrauerei" entwickelte sich bis zum Zweiten Weltkrieg zum größten Wirtschaftsunternehmen Schönebergs und zählte mit zu den führenden Brauereien Berlins. Erst mit dem Verkauf des Unternehmens an die Kindl-Brauerei 1954, die das Brauerei-Gelände zunächst noch als Produktionsstätte nutzte, es aber 1975 an die GSW veräußerte, endete die mehr als einhundertjährige Firmengeschichte. Auf dem Grundstück Feurig-/ Dominicusstraße wurde 1977-78 die Wohnanlage Schöneberger Terrassen errichtet (siehe Dominicusstraße 37/43 u.a.). Der Name der Schlossbrauerei bezog sich seinerzeit auf das so genannte "Jagdschlösschen", das Gutshaus des ehemaligen Freigutes aus dem 18. Jahrhundert. Es war 1786 von Carl-Michael Zelter für den neuen Besitzer, den Chaussee-Inspektor Daniel Itzig, ausgebaut worden. Im Garten ließ Itzig Obstbäume und Kastanien anpflanzen, die den besonderen Reiz des späteren Biergartens ausmachten. Vgl. Schönknecht 1987, S. 20 f., 48 ff.

(3) William Dunkel (1893-1980), Schweizer Architekt, in den USA geboren, war in Düsseldorf und an der ETH Zürich tätig. Der Neubau ließ den Baum bestandenen Bürgergarten, das "Jagdschlösschen" aus dem 18. sowie einige Pavillonbauten aus dem 19. Jahrhundert unangetastet. Vgl. Schönknecht 1987, S. 75 ff.

(4) BusB VIII B, S. 92, 119. 1965-66 nochmals vergrößert, umfasste der Prälat mehr als acht Säle für insgesamt 3.000 Personen und ein 1968 angefügtes Parkdeck.

(5) Die vier Säle in funktionaler Abfolge von Norden nach Süden, von der Hauptstraße bis zur Feurigstraße, waren: Ein zweigeschossiger Kopfbau, südlich anschließend der Bayernsaal und die quer liegende Vorhalle (Wappensaal) vor dem Großen Festsaal, dessen Rückfront die Fassade zur Feurigstraße bildete. Die Bauten wurden am 26. April 1945 durch Artilleriefeuer teilweise zerstört: Der Große Festsaal brannte aus, die drei nördlichen Bauteile blieben weitgehend unbeschädigt, sie wurden von den sowjetischen, später von den amerikanischen Besatzungstruppen bis 1949 genutzt. Nach der Rückgabe an die Eigentümer wurden die intakten Bauteile 1949/50 instand gesetzt und wieder in Betrieb genommen.

(6) Zechlin, Hans Josef: Der Festsaal des Prälaten. Architekten: Dr. Paul Jacob Schallenberger und Gerhard Krebs, Berlin. In: Neue Bauwelt 6 (1951), H. 23, Beilage S. 93-96 (mit Abb.); BusB VIII (B), S. 92.

Literatur:

  • Schönknecht, Eberhard, Vom Dorfkrug zum Prälaten in
    Schöneberg auf dem Wege nach Berlin, Ausstellungskatalog, Berlin 1987 / Seite S. 74-86
  • BusB VIII B 1980 / Seite S. 92 (Kat. S. 119)
  • Koch, Alexander, Hotels, Restaurants, Café- und Barräume, Stuttgart 1951Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 74f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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