Denkmaldatenbank

Amtsgericht Schöneberg

Obj.-Dok.-Nr. 09066496
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Grunewaldstraße 66, 67

Gothaer Straße 1, 2
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Gericht
Datierung 1901-1906
Entwurf Thoemer und Mönnich
Bauherr Preußischer Staat

Unmittelbar an die Nordgrenze des ehemaligen Schulgrundstücks anschließend, entstand 1901-06 das Amtsgericht Schöneberg, Grunewaldstraße 66-67. (1) Das imposante, in neobarocken Formen gestaltete Gerichtsgebäude, das sich mit seiner Hauptfassade zur Grunewaldstraße wendet, entstand im Zusammenhang mit der um die Jahrhundertwende durchgeführten Neuordnung des Berliner Gerichtswesens. Innerhalb von zwei Jahrzehnten, zwischen 1895 und 1915, wurden insgesamt 17 neue Gerichtsbauten fertig gestellt. (2) Rudolf Mönnich und Paul Thoemer, Regierungsbauräte und Mitglieder der Königlichen Baukommission im Ministerium der öffentlichen Angelegenheiten, waren bei neun dieser Neubauten federführend und schufen auch die Entwürfe für das Schöneberger Amtsgericht. (3) Nach dem Zweiten Weltkrieg, den das Gebäude weitgehend unbeschadet überstand, wurden an seinem westlichen Seitentrakt wegen der Verbreiterung der Martin-Luther-Straße das Erdgeschoss zum Laubengang umgebaut und 1957 ein Erweiterungsbau von Hermann Jünemann angefügt. (4)

Eine Besonderheit beim Entwurf des Gebäudes war, dass Mönnich und Thoemer das vergleichsweise einfachere Raumprogramm eines reinen Amtsgerichts (5) mit dem Anspruch nach Repräsentation vereinbaren mussten. Um einen eintönigen Verwaltungsbau zu vermeiden und der Lage an der "Grunewaldstraße, jenem Straßenzuge, der vom Mittelpunkte Alt-Schönebergs in das Herz des mächtig aufblühenden Wilmersdorf führt" (6), Rechnung zu tragen, zeichneten sie Eingangshalle und Treppenhaus im Zentrum des Gebäudes sowohl an der Fassade als auch im Inneren als gestalterischen Höhepunkt aus. Als leicht vorgewölbter Mittelrisalit mit Giebel, hohem Dachaufbau und Laterne tritt die Treppenhalle nach Außen in Erscheinung. Gegliedert mit drei hohen Rundbogenfenstern und kräftigen Sandsteinelementen (Sockelrustika, Säulen und Wandpfeiler mit Volutenkapitellen und breiten Architraven, hohe Fensterbrüstungen mit Bandwerk) sowie reich dekoriert mit bildnerischem Schmuck an Giebel, Reliefs, Kartuschen, Türgewände und Supraporten, dominiert der Bauteil die mehr als 100 Meter lange Straßenfassade. (7) Im Inneren zeigt die Eingangs- und Treppenhalle auf querovaler Grundfläche eine ungewöhnliche Konstruktion. Anders als in anderen Gerichtsbauten von Mönnich und Thoemer, wo die gewaltigen Treppenhallen meist über alle Geschosse offen sind, gelangt man hier vom Eingang zunächst in einen überdeckten Bereich, von dem über zwei Treppenläufe an dem Seitenwänden und einen brückenartigen Übergang die Fortführung der Haupttreppe an der Rückseite des Gebäudes erreichbar ist. Dadurch ergibt sich erst auf Höhe des ersten Obergeschosses eine großzügige offene Raumsituation, die geprägt ist durch große Helligkeit - wegen der hohen Fenster an der Straßenseite - und durch ein reich verziertes Kuppelgewölbe mit seitlichen Konchen. Auch die umlaufenden offenen Galerien sowie Wand- und Fenstereinfassungen sind mit an Jugendstil, Barock und Rokoko angelehnten Ornamenten, zum Teil mit figürlicher Plastik üppig dekoriert. In Verbindung mit der heutigen Farbfassung der Wand- und Deckenflächen erhält die Halle einen leichten, beinahe verspielten Charakter, auch wenn die Inschriften "Recht" und "Macht" sowie das ursprünglich in der Mitte der Kuppel aufgemalte (nicht erhaltene) Staatswappen dem Raum sicher eine andere Prägung geben sollten.


(1) Kähne 1988, S. 51 ff.; BusB III, S. 69, 72, 78, Abb. 88-89: Zentralblatt der Bauverwaltung 23 (1903), S. 454 ff.; 31 (1911), S. 46 ff.

(2) Kähne 1988, S. 18; Otto Sarrazin und Friedrich Schultze: Die im Bau begriffenen Gerichtsbauten in Berlin und in den Vororten. In: Zentralblatt der Bauverwaltung 23 (1903), S. 429 ff., 454 ff., 465 ff., 513 ff.

(3) BusB III, S. 78. Mitarbeiter: Karl Tesenwitz, Erich Blunck, Grube, Jessen.

(4) BusB III, S. 72.

(5) In anderen Vorortgerichten mussten auch Strafgerichtsabteilungen mit großen Schöffensälen und Gerichtsgefängnissen untergebracht werden. Vgl. Kähne 1988, S. 51.

(6) Zentralblatt der Bauverwaltung 31 (1911), S. 47 f.

Literatur:

  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 194 f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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