Denkmaldatenbank

Postamt W 30

Obj.-Dok.-Nr. 09066466
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Geisbergstraße 7, 8, 9

Welserstraße 14
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Postamt
Datierung 1924-1926
Entwurf Hoffmann, Willy
Bauherr Oberpostdirektion

Das Grundstück an der Ecke Welser- und Geisbergstraße erwarb die Deutsche Reichspost 1923 von der Gasanstalt und ließ hier 1924-26 das Postamt W 30, Geisbergstraße 7-9 nach Entwürfen des Oberpostbaurats Willy Hoffmann errichten. (1) Die Anlage bestand ursprünglich aus einem fünfgeschossigen Hauptgebäude an der Geisbergstraße mit mittlerem Hofflügel für die Schalterhalle und einem viergeschossigen Seitenflügel für die Paketpost an der Welserstraße; sie war einer der größten Postneubauten der 1920er Jahre. (2) Während das ehemals hohe Walmdach im Zweiten Weltkrieg und die originale Ausstattung im Inneren seit den 1970er Jahren durch mehrere Baumaßnahmen für die Post weitgehend verloren gingen, blieben die Außenfassaden des roten Klinkerbaus mit ihrem ungewöhnlichen expressionistischen Dekor erhalten. Seit 2013 wird das Gebäude mit einem Penthouse-Geschoss und seitlichen Anbauten zur exklusiven Wohnanlage umgebaut. (3)

Um die funktionale Trennung von Haupt- und Seitengebäude des Postgebäudes optisch zu betonen, gliederte Willy Hoffmann die Straßenfront an der Geisbergstraße so, dass sie wie eine symmetrische Dreiflügelanlage mit dem Paketpostamt als Seitentrakt wirkt. Der breit gelagerte Hauptbau mit dem markanten Eingangsportal in der Mittelachse und den beiden unteren, als Sockel zusammengefassten Geschossen scheint flankiert von niedrigeren und leicht aus der Flucht zurücktretenden dreiachsigen Flügeln. In Wirklichkeit ist das Paketpostamt jedoch tiefer als die drei Achsen an seiner Schmalseite und der östliche "Trakt" enthält lediglich Hofdurchfahrt und Treppenhaus. Auch in ihrer architektonischen Gestaltung sind die seitlichen Bauteile deutlich vom Hauptbau abgesetzt: glatte, nur durch die farbliche Vielfalt des Ziegelmaterials belebte Wandflächen, ein gleichmäßiges Fensterraster und eher schlicht dekorierte Eingänge bestimmen deren Äußeres. Das Hauptgebäude hingegen dominiert durch die helle Sockelverkleidung aus expressiv geformtem Betonstein mit Muschelkalkzuschlag, durch das mächtige Portal mit Adlerrelief, durch dunkle Streifen an den verklinkerten Obergeschossen sowie durch unterschiedliche Fensterformen - große Quadrat- und Thermenfenster unten, kleinere runde und quadratische Öffnungen oben - und ein weit auskragendes Kranzgesims. Wie der Versuch, diese architektonische Überhöhung der Straßenfront ironisch zu durchbrechen, wirkt dagegen die Gebäudeecke, die Hoffmann mit der überlebensgroßen Kunststein-Skulptur "Der letzte Postillon" (4) von Hans Schmidt und einem Ladenlokal, dessen große Rundbogenfenster aus dem Fassadenraster fallen, gestaltete. Hier wird die Konstruktion des Mauerwerksbaues mit innen liegenden Stahlbetonstützen deutlich. (5)


(1) Elektropolis Berlin 2014, Nr. 360, S. 402 f.; Jaeger 1987, S. 146-151; BusB X B (4), S. 68-71, 190 f.; Deutsche Bauzeitung 61 (1927), S. 565 f., Deutsches Bauwesen 3 (1927), S. 103 f.

(2) Sie beherbergte neben dem Postamt und der Paketpost eine Renten- und eine Rohrpoststelle sowie eine Fernsprechvermittlung und die Verwaltung in den Obergeschossen.

(3) Umbau zur Wohnanlage mit 129 Eigentumswohnungen durch das Büro Ortner & Ortner Baukunst (Architekten: Markus Penell und Sebastian Kablau).

(4) Die Figur des Postillons entstammt einem Volkslied des Schweizer Komponisten Friedrich Schneeberger (1843-1906), der nach Eröffnung des Gotthardtunnels 1882 die Postkutschen, die bis dahin Passagiere über den Pass befördert hatten, ein Denkmal setzte. (Wikipedia)

(5) BusB X B (4), S. 69, 190.

Literatur:

  • Martens, J.: Das Postamt W 30 in der Geisbergstraße in Berlin, in: Deutsche Bauzeitung 61 (1927) 34 / Seite 289-295
  • BusB X B 4 1987 / Seite 68-70 und 190-191
  • Jaeger, Falk: Posthorn und Reichsadler. Die historischen Postbauten in Berlin, Berlin 1987 / Seite 146-151
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 160

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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