Denkmaldatenbank

Ev. Michaelskirche

Obj.-Dok.-Nr. 09066402
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Bessemerstraße 97, 99, 101

Eythstraße 8, 10
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kirche ev.
Datierung 1955-1956
Umbau 1964-1965
Entwurf Seeger, F. O.
Entwurf Kohlhaus, Günther
Bauherr Gemeinde-Kirchenrat

An der Einmündung der Bessemerstraße in die Eythstraße, gegenüber dem Eingang zum Friedhof, wurde 1955-56 die Evangelische Michaelskirche, Bessemerstraße 97/101, von den Architekten F. Otto Seeger und Günther Kohlhaus errichtet. (1) Das Grundstück hatte die Berliner Stadtsynode bereits 1917 erworben, zum Bau einer Kirche für die Bewohner der geplanten Siedlung Lindenhof kam es damals jedoch nicht. Die Gemeinde, die zur Schöneberger Königin-Luise-Gedächtnis-Kirche (2) gehörte, feierte ihre Gottesdienste bis zum Bau der Michaelskirche in den Räumen der nahe gelegenen Lindenhof-Grundschule oder in der Kapelle des Friedhofs Eythstraße. Der schlichte Kirchenbau ist ein überzeugendes Beispiel für die Entwicklung der Sakralarchitektur der Nachkriegszeit in Berlin.

Die Anlage besteht aus einem Saalbau mit Sakristei-Anbau an der Südostecke und separatem Glockenturm an der Straßenecke, die durch einen gedeckten Gang miteinander verbunden sind. Im Nordwesten zur Bessemerstraße schließt sich seitlich an die Kirche ein Anbau für die Gemeinderäume an, der 1965-66 von Günther Kohlhaus erweitert wurde. Die Bauteile zeichnen sich durch eine klare geometrische Formensprache aus, die Wandflächen sind mit unverputzten Trümmerziegeln verblendet. Der nordsüdlich gerichtete rechteckige Kirchensaal ist als Stahlbetonskelettbau ausgeführt, an der südlichen Giebelwand stellt eine Drahtplastik von Rudi H. Wagner den Namensgeber der Kirche, den Erzengel Michael, in abstrahierter Form dar. Im Inneren überträgt sich die "eindrucksvoll schlichte, natürliche" (3) Wirkung der unverputzten Ziegelwände an den Stirnseiten auf den ganzen Saal. Seine Betonstützen und schräg gestellten Wände versinnbildlichen ein Zelt. Die von Claus Koch in einer speziellen Überlappungstechnik gestalteten Fenster im oberen Teil der Seitenwände entfalten ein vielfarbiges Lichtspiel auf den rauen Ziegelwänden, durch Spiegel auf den Sohlbänken wird der Raum zusätzlich erhellt. Die Sitzreihen umgeben an drei Seiten den frei stehenden Altar, der in Kupfer getriebene Reliefplatten mit Darstellungen von Szenen aus dem Alten und Neuen Testament von dem Bildhauer Gerhard Schreiter trägt. Mit der Strenge und Kargheit der Gestaltung knüpften die Architekten an den frühchristlichen Kirchenbau an; nach dem verheerenden Krieg suchte die Kirche Erneuerung in bewusster Armut und Einfachheit: Die Trümmerziegel mahnen an den Krieg, die Zeltkonstruktion an das Provisorische des irdischen Daseins.


(1) Bauwelt 47 (1956), S. 872 ff.; Winz 1964, S. 168; Kühne/Stephani 1978, S. 173 f.; BusB VI, S. 223, 416. Erweiterung des Gemeindehauses 1965-66 von Günther Kohlhaus.

(2) Siehe Gustav-Müller-Platz.

(3) Bauwelt 47 (1956), S. 873.

Literatur:

  • Kohlhaus, Die Michaelskirche =Bauwelt 47 (1956) 37 / Seite 872ff.
  • Kühne, Stephani / Seite 173f.
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite S. 278 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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