Denkmaldatenbank
Schultheiss-Mälzerei
09066399 | |
Bezirk | Tempelhof-Schöneberg |
Ortsteil | Schöneberg |
Adressen | Bessemerstraße 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Mälzerei |
Datierung | 1913-1915 |
Entwurf | Schlüter |
Die ehemalige Mälzerei, Bessemerstraße 2/14, ließ die Schultheiß-Brauerei ab 1913 durch ihr technisches Büro und die "Actien-Gesellschaft für Bauausführungen" errichten. (1) Die Fabrikanlage bestand ursprünglich aus dem fünfgeschossigen Mälzereigebäude mit einem an der Nordseite anschließenden Flachbau und einem Silo an der Südwestecke. Parallel dazu standen auf der Südseite des Grundstücks Maschinenhaus und Kellerei sowie an der Straße das Verwaltungsgebäude mit Pförtnerhaus; ein eigener Gleisanschluss zum westlich gelegenen Verschiebebahnhof verlief zwischen Haupt- und Nebengebäuden. Nach Kriegsschäden und Wiederaufbau der Malzfabrik nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden 1958-63 auf dem Gelände drei Neubauten (Kastenmälzerei, Silo und Kesselhaus) (2) sowie in der Folgezeit zwei Lagergebäude; 1987 wurde die Darranlage erneuert. (3) 1996 stellte die Schultheiß-Brauerei den Betrieb ein und verkaufte 2005 die denkmalgeschützte Anlage. Seit 2008 hat der Investor auf dem etwa 50.000 Quadratmeter großen Gelände eine Mischung aus Gewerbe, Kultur und Gastronomie etabliert. Das mächtige Backsteingebäude der alten Mälzerei, die mit ihren charakteristisch geformten Abluftrohren auf dem hohen Walmdach schon von weither sichtbar ist, stellt dabei Markenzeichen und riesiges Flächenpotential zugleich dar.
Von den ersten ab 1913 entstandenen Gebäuden der Malzfabrik sind das Hauptgebäude, das Maschinenhaus, das Kellerei- und das Verwaltungsgebäude erhalten. Die mit rotem Ziegel verblendeten Massivbauten sind in ihrer Gestaltung und Baumassenverteilung aufeinander abgestimmt und bilden eine einheitliche Anlage. Mit einem flachen Relief aus Wandvorlagen, Brüstungen und Formsteinen um die Rechteckfenster sind die Fassaden dezent gegliedert. In ihrer inneren Aufteilung sind die Bauten auf die Produktionsabläufe der Malzfabrik ausgerichtet. (4) Das hohe Walmdach des Hauptgebäudes mit den vier Schloten verweist auf die Darranlagen in den oberen Geschossen, in denen das gekeimte Getreide mit hohen Temperaturen und guter Luftzirkulation getrocknet wurde. Die unteren Geschosse und der nördliche Flachbau mit weitläufigen Räumen für die Vorbereitung des Getreides, für Tennen und Weichanlagen sind so angeordnet, dass die damals modernen Förderanlagen das Getreide in sinnvollen Kreisläufen gemäß des Herstellungsprozesses bewegen konnten. Der Silo mit seinen riesigen Kammern und den Arkaden im Erdgeschoss steht über den Bahngleisen, um die Züge von oben beladen zu können. Die Nebengebäude für Verwaltung, Maschinen und Lagerkeller sind den gleichen gestalterischen Prinzipien untergeordnet und fügen sich mit ihrer schlichten Eleganz in das Gesamtbild ein.
(1) In den Bauakten unterzeichneten ausschließlich Vertreter der "Actien-Gesellschaft für Bauausführungen" sämtliche Pläne und Schreiben. Ein Architekt Schlüter, der in der Literatur als Entwurfsverfasser genannt wird, ist dort nicht zu finden. Auch die Daten für die Fertigstellung der Gebäude weichen in den Akten stark von den Angaben in der Literatur ab: 1913 wurde der Bauantrag für die gesamte Anlage gestellt, eine Baugenehmigung jedoch zunächst für das Verwaltungsgebäude, das Kellereigebäude, einen Pferdestall und die Einfriedung erteilt. 1915 wurden Verwaltung und Einfriedung fertig, das Kellereigebäude 1922. Das Maschinenhaus wurde 1914 beantragt, genehmigt und begonnen und bis 1922 ausgeführt. Der Bau der Mälzerei zog sich von Juni 1914 bis Januar 1923 hin, wurde aber wohl bereits Anfang 1922 in Betrieb genommen. (Bauakten im Archiv des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg) Vgl. Ehlert, Hans: Schultheiß-Patzenhofer 1871-1921, Berlin 1921; BusB IX, S. 99; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 98 f.; Raach, Jörg: Industriekultur in Berlin, Berlin 2008.
(2) 1958/59 Kastenmälzerei und Kesselhaus, 1962/63 Malzsilo. Vgl. BusB IX, S. 112.
(3) Erfassung LDA.
(4) Zum Herstellungsprozess in einer Mälzerei: Durch Mälzung wird aus Braugetreide Malz hergestellt, was ursprünglich in den Brauereien selbst durchgeführt wurde. Mit zunehmender Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Mälzereien zu eigenständigen Unternehmen. Die Herstellung von Malz kann in drei Schritte gegliedert werden: Beim Weichen im Weichhaus wird das Braugetreide während 2-3 Tagen befeuchtet. Das geweichte Getreide keimt auf der Tenne bzw. in Keimanlagen während 4-7 Tagen. Dabei bilden sich aus dem Keimling des Kornes Blatt- und Wurzelkeime, im Korn entstehen Enzyme oder werden aktiviert. Das gekeimte Grünmalz wird auf der Darre durch erwärmte Luft getrocknet, es bilden sich Farb- und Aromastoffe im Korn.
Literatur:
- Ehlert, Hans, Schultheiß-Patzenhofer 1871-1921, Berlin 1921Borsig-Zeitung 5 (1928) 9/10 / Seite S. 219ff.
- Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite S. 270 f.
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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