Denkmaldatenbank

Kurz vor der Jahrhundertwende wurden die Grundstücke südlich der Apostel-Paulus-Kirche bebaut. Das 1898-99 von Franz Ernecke & Paul Pietsch errichtete fünfgeschossige Mietshaus Apostel-Paulus-Straße 35 fällt in der Reihe durch eine ungewöhnliche Fassadengestaltung auf. Das Erdgeschoss mit Ladenlokalen und das erste Obergeschoss sind mit roten Klinkern verblendet; ein breites Eingangsportal in der Mittelachse, das mit einem gesprengten Giebel und einem Frauenkopf als Schlussstein geschmückt ist, dient auch als Hofdurchfahrt. Die symmetrische Gliederung der Fassade durch zwei dreigeschossige Erker in den Außenachsen mit seitlich anschließenden Balkonen und Dacherkern mit halbrunden Giebeln entspricht zwar dem gebräuchlichen Fassadenschema der Zeit, in der Formensprache des Stuckdekors ist jedoch das Bemühen um eine individuelle Ausdrucksweise spürbar: Am vierten Obergeschoss gliedert eine enge Folge von halbhohen Pilastern die Fläche zwischen den Fenstern, Blattkränze mit Eichhörnchen in den Brüstungsfeldern, Konsolen mit Männerköpfen am breiten Gesims über dem vierten Geschoss und die floralen Motive in den schmiedeeisernen Balkongittern sind dem Jugendstil zuzuordnen. Die bauzeitliche Treppenhausausstattung mit Schablonenmalerei ist erhalten. (1)

(1) Die Darstellung des springenden Rehs - eingerahmt von stilisierten Kiefern - ist dem Vorlagenwerk "Dekorative Vorbilder" 9 (1897/98), Stuttgart (Vorlage-Tafel 43 "Allegorische Darstellung der Jagd") entlehnt. Vgl. Brunner 1996, S. 89 (Abb. 33).