Denkmaldatenbank

Haus Hönow

Obj.-Dok.-Nr. 09065335
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Otto-Erich-Straße 20
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1967
Entwurf Hönow, Günter

Weiter südlich, kurz vor der Chausseestraße, steht eines der außergewöhnlichsten Künstlerhäuser Berlins, das Haus Hönow, Otto-Erich-Straße 20. (1) Es ist ein Hauptwerk des Berliner Architekten Günter Hönow, der den West-Berliner Einfamilienhausbau der 1960er Jahre mit individuell gestalteten Privathäusern in Lichterfelde und Wannsee entscheidend geprägt hat. Günter Hönow entstammte einer alteingesessenen Stolper Bauernfamilie, die ausgedehnten Landbesitz im Umfeld der Wannseer Villenkolonie besaß. (2) Er baute sein Haus 1966-67 auf dem Hinterland des Grundstücks Chausseestraße 14, auf einem damals noch nicht abgetrennten Bauplatz. Zur Zeit der Errichtung gehörte das Grundstück mit Vorderhaus, Remise und Ställen der Familie Hönow - der Architekt selbst wohnte dort und unterhielt ein Atelier. Das neue Eigenheim mit einer Grundfläche von knapp 200 Quadratmetern rückte Hönow weit in die südwestliche Grundstücksecke, wodurch der alte Baumbestand größtenteils erhalten werden konnte. Zugleich richtete er es nicht längs der Bauflucht aus, sondern drehte die Baukörperachse etwas nach Süden, um dem Wohnteil mit breiter Loggia mehr Sonne zu geben und einen weiten Ausblick in den großen Garten zu erhalten.

Hönow entwarf ein zweigeschossiges Haus, das aus einem Sockelgeschoss und einem darüber ruhenden kastenförmigen Wohngeschoss besteht. Das Obergeschoss stellte er auf Betonscheiben und ließ es über das Sockelgeschoss gleich einem "cube-house" hinausragen. Ein direkter Bezug zum Garten fehlt, wodurch das Haus noch introvertierter und in sich gekehrter wirkt. Dieser Eindruck wird unterstützt durch eingeschnittene schmale Fensterschlitze und die nordöstliche, ganz fensterlose Längsseite zur Straße. Lediglich die südöstliche Schmalseite ist durch eine hausbreite Loggia zum Garten aufgebrochen. Die Erschließung des Hauses erfolgt straßenseitig über das optisch kaum in Erscheinung tretende Sockelgeschoss. Das differenzierte Innenleben des Wohngeschosses ist von außen nicht erkennbar. Es zeigt sich überraschend hell, mit Räumen, die um zwei offene Innenhöfe gruppiert sind. Grundform und Grundriss gehen - ebenso wie beim Haus Arnold-Knoblauch-Ring 51 - zurück auf einen von Marcel Breuer 1943 entwickelten H-förmigen Bungalowtyp mit zwei Wohnzellen, dem so genannten Zweizellentypus. (3) Grundprinzip ist die funktionelle Trennung in einen Wohn- und Schlaftrakt, die über einen Mittelarm mit der Haustreppe verbunden sind. Zwischen den Trakten ergeben sich so zwei intime Höfe, "offene Wohnräume", wie Hönow sie bezeichnenderweise nennt, zu denen sich mit wandhohen verglasten Schiebetüren die Innenräume öffnen - so entstehen fließende Übergänge und vielfache Blickbeziehungen. (4) Vor allem der südöstliche Wohntrakt mit der Loggiafront zeichnet sich durch einen offenen Grundriss aus, wo Küche, Ess- und Wohnplätze ineinander übergehen. Im anderen Trakt liegen die beiden Schlafräume für Eltern und Kind, dazwischen das Bad sowie Hönows Studio in der Südwestecke.

Der Architekt knüpfte in seinen Hausentwürfen an die kubisch-kompakte Formensprache des Neuen Bauens der 1920er Jahre sowie an nordamerikanische Wohnhäuser der 1940er und 1950er Jahre an. Seine Entwurfsprinzipen konnte er bei seinem eigenen Haus am kompromisslosesten verwirklichen. Kubisch, abgeschlossen, nach innen gekehrt und über dem Garten schwebend entspricht das Haus Hönows Bedürfnis nach Intimität und Abschirmung, wobei er den Typus des Hofhauses neu interpretierte. Hinzu tritt im Innern eine der Architektur der 1960er Jahre verpflichtete Materialästhetik, deren Ausdrucksmittel wie dunkel gebeiztes Holz, grauer Sichtbeton und weiß geschlämmtes Ziegelmauerwerk am Außenbau wiederkehren. Wesentlicher Bestandteil des Entwurfs bilden die Einfriedung und die aus dem Sockelgeschoss in den Gartenteil linear gezogenen Wandscheiben und Mauern in Sichtbeton. In seiner qualitätsvollen künstlerischen Beschaffenheit zählt Haus Hönow zu den bedeutendsten Einfamilienhäusern der Nachkriegsmoderne in Berlin.


1) Erfassung LDA von Alexander Hoff und Thomas Steigenberger.

2) Siehe Wohnhaus des Landwirts Wilhelm Hönow, Wilhelmplatz 3.

3) Eine Typenvariante dieses Entwurfes, das "Be-Nuclear-House 3" von 1945, entspricht fast gänzlich in der Grundrissgliederung dem Haus Hönow - nur dass die beiden äußeren Hofseiten hier geschlossen sind. Vgl. Blake, Peter: Marcel Breuer, Architect and Designer, New York 1949, S. 86 ff.; Steigenberger, Thomas: Versteckt in den Vororten. Die Einfamilienhäuser der Nachkriegsmoderne in Berlin, in: denkmal!moderne, hrsg. von Adrian von Buttlar und Christoph Heuter, Berlin 2007, S. 100, 103. (Der Hinweis auf den Entwurf von Marcel Breuer stammt von Alexander Hoff.)

4) Bauzeichnung von G. Hönow in: Bauakte Otto-Erich-Straße 20, Bd. 1, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Stadtplanungsamt.

Literatur:

  • Steigenberger, Thomas: Versteckt in den Vororten, Die Einfamilienhäuser der Nachkriegsmoderne in Berlin in
    denkmal!moderne, Berlin 2007 / Seite 97, 100, 102
  • Christian Welzbacher: Konsequent spätmodern in
    Frankfurter Allgemeine Zeitung 5.2.2001 / Seite (Nachruf)
  • Nicolaus Bernau, Ein Meister der zweiten Reihe in
    Berliner Zeitung vom 6. Februar 2001 / Seite (Nachruf)
  • Blake, Peter : Marcel Breuer. Architect and Designer. New York 1949 / Seite 86 ff.
  • Rave/Knöfel 1968 (erwähnt) Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 71

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen