Denkmaldatenbank
ehem. Kontrollstelle Dreilinden (Checkpoint Bravo)
09065327 | |
Bezirk | Steglitz-Zehlendorf |
Ortsteil | Wannsee |
Adressen | Albrechts Teerofen 44, 45 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Straßenbrücke & Grenzbefestigung & Gaststätte |
Datierung | 1930-1940, 1950-1954 |
Entwurf & Ausführung | Landesfinanzamt-Baugruppe (Fritz) |
Am östlichen Ende der Straße Albrechts Teerofen befinden sich auf einem aufgeschütteten Plateau die Reste des 1969 stillgelegten West-Berliner Kontrollpunktes Dreilinden und des alliierten Checkpoint Bravo, Albrechts Teerofen 44/45. Auf einer 1940 eröffneten Autobahntrasse mit einer Autobahnbrücke über den Teltowkanal entstanden 1951-52 Kontrolleinrichtungen für den Interzonenverkehr, die größtenteils aus einfachen Baracken in Holzkonstruktion bestanden. Erhalten sind außer der aufgelassenen Autobahntrasse und der Brücke, das aufgeschüttete Plateau des Kontrollpunktes, das frühere Raststättengebäude Dreilinden und ein Sperrgraben. (1) Spuren wie Fahrbahnmarkierungen auf der Brücke, Straßenlampen und Fahnenmasten erinnern an die ursprüngliche Nutzung. Der Kontrollpunkt hat für die Nachkriegsgeschichte des Transitverkehrs von und nach Berlin große Bedeutung erlangt. Er lag an dem so genannten Avus-Verbinder, Teil der Reichsautobahn Berlin-Hannover. Nach der Teilung Deutschlands beziehungsweise der Aufteilung Berlins in Sektoren der Alliierten führte dieses Autobahnstück durch die West-Berliner Enklave Albrechts Teerofen, die seit 1952 von DDR-Grenzanlagen im Norden, Süden und Osten umgeben war. Unmittelbar südlich der Teltowkanalbrücke entstanden ab 1947 zwei Grenzkontrollpunkte für den Transitverkehr: zunächst auf West-Berliner Gebiet für die deutschen Kontrollorgane der Kontrollpunkt Dreilinden und für die West-Alliierten der Checkpoint Bravo (2), außerdem weiter südlich auf sowjetischem, später DDR-Territorium der Kontrollpassierpunkt Nowawes im Bereich der Autobahnauffahrt Babelsberg. Kontrollpunkt und Verbinder wurden bis 1969 durch die neue Autobahnteilstrecke und den Grenzkontrollpunkt Dreilinden/Drewitz südlich des Zehlendorfer Kleeblattes ersetzt. 1971 wurden die baulichen Anlagen des alten Kontrollpunktes in Albrechts Teerofen bis auf die Raststätte und einzelne Spuren des Grenzüberganges abgebrochen. An den ehemaligen Avus-Verbinder erinnert heute neben der Autobahnbrücke noch die aufgelassene Autobahntrasse auf Wannseer Gebiet.
Die Brücke über den Teltowkanal war 1939 im Zusammenhang mit der neuen Reichsautobahn erbaut worden; 1945 wurde sie vermutlich von der Deutschen Wehrmacht gesprengt. (3) 1946 entstand eine Notbrücke. Die nördliche Brückenhälfte auf DDR-Gebiet wurde bereits 1950-51 wieder aufgebaut, die südliche Hälfte 1953-54 durch die Bundesrepublik, die dafür Mittel der Marshall-Plan-Hilfe verwenden konnte. Der Wiederaufbau stand unter dem Motto "Die Brücke zu Euch! Ost- und Westdeutschland gehören zusammen"; die Einweihung fand im Mai 1954 durch Ernst Reuter statt. Mit der Stilllegung der Autobahntrasse 1969 wurde die Brücke entwidmet. Dem Grenzverlauf folgend, wurden in der Mitte der Brücke Sperranlagen durch das DDR-Regime errichtet. Auf westlicher Seite wurde ein KFZ-Sperrgraben angelegt. Die Brücke besteht aus einer genieteten Vollwandträgerkonstruktion mit Betonwiderlagern, die teilweise mit Naturstein verblendet sind. (4) Wegen der großen Stützweite ist die Brücke in eine Vorlandbrücke über einen Landstreifen und eine Brücke über den Kanal ausgebildet. Südlich des ehemaligen Kontrollpunktes gibt es eine Überführung über einen Forstweg. Auf allen Brückenteilen sind noch Teile der Fahrbahnen, des Mittelstreifens und der seitlichen Fußwege mit den Markierungen des Grenzübergangs zu sehen.
Die frühere Raststätte Dreilinden - ein länglicher Winkelbau in Holzfachwerk auf massivem Sockelgeschoss mit Satteldach - liegt auf der abgeböschten Südwestseite der platzartigen Erweiterung hinter der Brücke, wo einst die Abfertigungsanlagen standen. Ihr heutiges Erscheinungsbild ist in mehreren Bauphasen entstanden. Im Kern geht es zurück auf das 1952 fertig gestellte Kantinengebäude für Beschäftigte des Grenzkontrollpunktes und für Fernfahrer; es hat sich im südöstlichen Gebäudeteil mit verbrettertem Giebel und Sockelgeschoss auf der Böschungsseite bewahrt. Bauherr war das Landesfinanzamt Berlin, für den Entwurf zeichnete der Architekt Fritz von der Baugruppe des Landesfinanzamtes verantwortlich. 1959, 1961 und 1966-68 folgten eine Reihe von Erweiterungen, die sich in Konstruktion und Gestaltung an dem Ursprungsbau orientierten. Der letzten Ausbauphase liegt ein Entwurf des Architekten Wolfgang Bürgel zugrunde. Es entstand schließlich eine größere Gaststätte mit Küche, Gasträumen und Terrassen sowie Personalräumen im Erdgeschoss, Funktionsräumen und einer Personalwohnung im Sockelgeschoss. Nach der Aufgabe des Kontrollpunktes wurde das Gebäude von 1970 bis 2004 als Kantine und Vereinslokal des hier angesiedelten Campingplatzes genutzt - seitdem steht es leer. Außer der Geländemodellierung, die Fahrbahnmarkierungen der Autobahnbrücke und einer Dreimast-Fahnenanlage erinnert heute nur noch der Fachwerkbau mit der Giebelinschrift "Raststätte Dreilinden" an den einstigen Grenzübergang. Auf dieses bedeutende Dokument der deutschen Teilungsgeschichte weisen Informationstafeln des hier verlaufenden "Berliner Mauerweges" hin. Der ehemalige Grenzübergang ist vermutlich die einzige Einrichtung aus der Frühzeit der deutschen Teilung, die, wenn auch stark reduziert, erhalten geblieben ist. Er zeigt ein Grenzregime, wie es vor und in den ersten Jahren nach dem Mauerbau noch möglich war. Ab 1961 wurde die Grenze organisatorisch und baulich immer stärker gesichert.
1) Boeger, Peter: Die geschleifte Festung, Zur Geschichte der Grenzübergangsstelle Drewitz/Dreilinden. In: Brandenburgische Denkmalpflege 18 (2009), H. 1, S. 15-28; Mielke, Hans-Jürgen: Die Autobahn Berlin-Helmstedt, Über 160 km Langeweile ?, Berlin 1984; Meier, Jens/Oth, Jocelyn/Wolf, Tobias M.: Berlin Brandenburg, Grenzlandschaft Dreilinden, Geschichte, Bestandserfassung und Denkmalwert, unveröff. Masterarbeit TU-Berlin, WS 2006/07. 2) Die Alliierten Kontrollstellen in Deutschland hatten folgende Bezeichnungen: Helmstedt-Allied Checkpoint Alpha, Dreilinden-Allied Checkpoint Bravo, Berlin-Zimmerstraße-Allied Checkpoint Charly.3) Die Bauleitung hatte Ingenieur Zühlke aus Niesky. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Liste der Brücken über den Teltowkanal (zuletzt geprüft: 01.03.2013)4) Die Stahlträger liegen auf dem Mittelpfeiler auf. Jeweils vier Hauptträger, die durch Querträger ausgesteift sind, tragen die beiden Fahrbahnen. Über Buckelblechen liegt die Betondecke. Die Fahrbahnen besitzen im Bereich der Widerlager Betonbrüstungen, ansonsten Eisengeländer. Die Straßenanbindung ist gepflastert (geschlagenes Granitpflaster) und teilweise mit einer Bitumendecke überzogen.
Literatur:
- Boeger, Peter: Die geschleifte Festung. Zur Geschichte der Grenzübergangsstelle Drewitz/ Dreilinden, in: Brandenburgische Denkmalpflege 18 (2009 )1 / Seite 15-28. (Auch als Sonderdruck erhältlich)
- Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 157f
- Mielke, Hans-Jürgen: Die Autobahn Berlin-Helmstedt, Über 160 km Langeweile?, Berlin 1984 / Seite .
- Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 86f.
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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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