Denkmaldatenbank

Sarotti AG

Obj.-Dok.-Nr. 09055130
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Tempelhof
Adressen Teilestraße 13, 14, 15, 16
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Fabrikanlage
Datierung 1911-1912
Umbau 1922-1924, 1937
Entwurf Dernburg, Hermann (Architekt)
Entwurf Buch, Carl-Emil Bruno (Architekt)
Ausführung Müller, Oskar Otto (Architekt)
Bauherr Sarotti AG (Süßwarenfabrik)

Mit der Sarotti AG, Teilestraße 13-16, zog 1911 eine bedeutende deutsche Schokoladenfabrik an den Teltowkanal. Das Unternehmen wurde 1868 vom Konditor Hugo Hoffmann in der Mohrenstraße gegründet. (1) Der legendäre Firmenname geht auf das 1852 eröffnete Schokoladengeschäft Felix & Sarotti zurück, das Hugo Hoffmann 1881 übernommen hatte. Aus dem kleinen Handwerksbetrieb entwickelte sich eine Aktiengesellschaft, die in industriellem Maßstab Schokolade herstellte. (2) Als die Fabrik an der Belle-Alliance-Straße (heute Mehringdamm) nicht mehr für die Produktion ausreichte, wurde der Bau eines neuen Werks beschlossen. Für den Standort in Tempelhof sprach die verkehrsgünstige Lage mit Eisenbahn- und Kanalanschluss. Die Schokoladenfabrik der Sarotti AG ist ein wichtiges Beispiel für die Entwicklung des modernen Stahlskelettbaus. (3) Das blockhafte fünfgeschossige Gebäude, das von Stahlbetonstützen über einem quadratischen Grundrissraster getragen wird, legt sich um zwei Innenhöfe. An der Teilestraße sind die Verbindungstrakte um ein Joch zurückgesetzt, während die Längsflügel als Kopfbauten hervortreten. Das äußere Erscheinungsbild wird von kräftigen Stahlbetonstützen bestimmt, die eine vertikale Gliederung vorgeben und zusammen mit den schmalen Fensterbrüstungen ein strenges Raster ausbilden, in das die querrechteckigen Fenster eingefügt sind. Um die Produktionsflächen nicht zu beeinträchtigen, sind die Treppenhäuser an den Ecken der beiden Innenhöfe angeordnet. Der östliche Teil des Fabrikgebäudes wurde 1911-12 von Hermann Dernburg errichtet. 1922 kam es zu einem Großbrand, bei dem das tragende Stahlbetonskelett nur geringfügig beschädigt wurde. Der genau ausgewertete Vorfall brachte den Nachweis, dass Stahlbeton eine außerordentlich hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuer besitzt. Bei den Reparaturarbeiten kam das neuartige Spritzbetonverfahren zum Einsatz. Die schon vor dem Brand in Angriff genommene Erweiterung des Fabrikgebäudes nach Westen wurde 1922 von Bruno Buch zu Ende geführt, der an den östlichen Teil spiegelbildlich eine zweite Hofumbauung anfügte. (4)

Neben dem Fabrikgebäude steht das 1912 erbaute Maschinen- und Kesselhaus. Der dreischiffige Backsteinbau besitzt ein erhöhtes Mittelschiff mit einem Dachaufsatz aus Eisenfachwerk. Der mächtige, 90 Meter hohe, polygonal gebildete Schornstein ergänzt das Bild der Industrielandschaft. Die für die Wärmeerzeugung benötigte Kohle und die Säcke mit den Kakaobohnen wurden über den Teltowkanal angeliefert. In der Fabrik liefen die Arbeitsgänge vom Rösten der Kakaobohnen bis zum Herstellen der Schokoladentafeln weitgehend automatisch ab. Die technischen Einrichtungen waren für die Verarbeitung von täglich 10.000 kg Kakao ausgelegt. Die Aktienmehrheit der Sarotti AG ging 1928 an den Schweizer Nestlé-Konzern, der den Markennamen 1998 an Stollwerck verkaufte. Nestlé nutzte die Fabrik bis 2004 zur Herstellung von Schokoladeprodukten.


(1) In Anlehnung an den ersten Firmensitz in der Mohrenstraße wurde 1918 der "Sarotti-Mohr" zum Signet der Sarotti AG bestimmt.

(2) Das Unternehmen wurde 1903 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (Sarotti Chokoladen- und Cacao-Industrie-Aktiengesellschaft). Der Firmenname wurde 1921 vereinfacht (Sarotti AG).

(3) Ausgeführte Bauten von Prof. Hermann Dernburg, in: Wasmuths Monatshefte für Baukunst 4 (1919/20), S. 351, 367-368; Burkhard, E./Friedrich, E. G.: Die Wiederherstellung der brandgeschädigten Fabrik Sarotti und das Beton-Spritzverfahren, in: Schweizer Baumeister-Zeitung 84 (1924), S. 113-114; Zucker, Otto: Die Widerstandsfähigkeit des Eisenbetons gegen Feuer, in: Bauwelt 16 (1925), Heft 30, Beilage, S. 1-5; [Genest, Gerhard:] Sechzig Jahre Sarotti 1868-1928, Berlin 1928, S. 59, 65-69, 89; Kersten, C.: Skelettbauten in Eisenbeton, in: Deutsche Bauzeitung 17 (1937), S. B 272, 274; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 118-119; Tempelhof und seine Industrie 2000, S. 121-130; Dehio Berlin 2000, S. 415.

(4) Mit der Erweiterung des Fabrikgebäudes wurde 1922 noch vor dem Ausbruch des Brandes begonnen. Die Planung könnte noch auf Hermann Dernburg zurückgehen. Bruno Buch veränderte nichts an der Architektur Hermann Dernburgs, sondern führte dessen Gestaltung weiter.

Literatur:

  • BusB IX 1971 / Seite 56 f., 99;
  • Hildebrand, Lemburg, Wewel/ Historische Bauwerke, 1988 / Seite 118-119, Kat. 35
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 145ff.
  • Wasmuths Monatshefte für Baukunst 4 (1919/20) / Seite 351-352, 367-368;
  • Berliner Architekturwelt 14 (1912) / Seite 408-409, 456-457
  • Berliner Architekturwelt 18 (1915/16) / Seite 415-416, 418
  • Wagemann MS 1988 / Seite I, 68f.; II Kat. Nr. 31
  • Festschrift 1928

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Landesdenkmalamt Berlin
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