Denkmaldatenbank

Speicher des Garde-Train-Bataillons, Reichspostzentralamt

Obj.-Dok.-Nr. 09055126,T
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Tempelhof
Adressen Ringbahnstraße 128, 130, 132

Schöneberger Straße 11, 12, 13, 14, 15
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Verwaltungsgebäude & Speicher
Datierung 1888-1895
Entwurf Böhm & Bachem (Architekt)

Auf dem Grundstück Ringbahnstraße 126/134 und Schöneberger Straße 11-15 sind zwei Speicher des Garde-Train-Bataillons (1) erhalten geblieben. Die mächtigen, burgartigen Backsteingebäude, gegliedert durch Gesimse und Friese, mit einfachen Segmentbogenfenstern, zeigen den spätklassizistischen Baustil, der für Militärbauten bis in die 1890er Jahre üblich war. Die historisierende Backsteinarchitektur umhüllt eine moderne Eisenskelettkonstruktion und lässt nicht erkennen, dass sich hinter den Außenmauern modernste Förder- und Lagertechnik verbarg. Der mit vier Ecktürmen besetzte Körnerspeicher wurde 1888-91 von Garnison-Bauinspektor Böhm und Regierungsbaumeister Bachem erbaut, um Korn, Sackmehl, Zwieback, Salz, Fleisch- und Gemüsekonserven zu lagern. Die wuchtigen Ecktürme, hervorgehoben durch Bogenfenster und einen Rundbogenfries unter dem Hauptgesims, enthielten mechanische Getreidehebeanlagen, Waagen und Reinigungsmaschinen. Das Korn wurde nach oben transportiert, um im sechsten Geschoss, belichtet durch eng nebeneinander angeordnete Fenster, gereinigt zu werden. Eine sinnreiche mechanische Anlage sorgte für das selbsttätige Umlagern des Getreides, in dem das Korn durch seriell gesteuerte Bodenöffnungen in das jeweils tiefere Geschoss rieselte, ohne dass ein Umschaufeln erforderlich war. Der Haferspeicher, der zwei unterschiedlich gestaltete Ecktürme besitzt, wurde 1894-95 von Garnison-Baumeister Weisenberg und Regierungsbaumeister Perlia errichtet. Das Kellergeschoss zeigt eine für die Bauzeit ungewöhnliche, neuartige Konstruktion: Die Gewölbekappen über den konventionell gemauerten Pfeilern bestehen aus Eisenbeton, ausgeführt nach dem System von Joseph Monier. Im markanten nordwestlichen Turm waren Sanitärräume angeordnet, im südwestlichen Turm befindet sich eine dreiläufige Treppe, die alle Geschosse des Lagergebäudes erschließt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Militärgelände an das 1920 gegründete Telegraphentechnische Reichsamt übergeben, aus dem 1928 das Reichspostzentralamt hervorging. Die dem Reichspostministerium unterstellte Zentralbehörde vereinte unterschiedliche Dienststellen, darunter mehrere Labors und Versuchsabteilungen für Telekommunikationstechnik, die die Aufgabe hatten, wissenschaftliche und technische Entwicklungen für den Telegraphen- und Fernsprechbetrieb nutzbar zu machen. Das Reichspostzentralamt gilt als Geburtsstätte des Fernsehens. Aus dem hier entwickelten Fernsehsprechdienst entstand die auf der Funkausstellung 1936 erstmals gezeigte Fernsehanlage. (2) Zu den Olympischen Spielen 1936 nahm die Reichspost den Fernsehbetrieb auf. Das 1925-28 von Postbaurat Karl Pfuhl nach einem Vorentwurf von Edmund Beisel errichtete Reichspostzentralamt ist ein grandioses Beispiel expressionistischer Architektur. (3) Das fünfgeschossige, mit blauroten Klinkern verkleidete Gebäude vor den ehemaligen Speichern des Fourage-Magazins beherrscht als Landmarke den umgebenden Stadtraum. (4) Die 172 Meter lange symmetrische Front an der Ringbahnstraße besteht aus zwei vorgezogenen Seitenflügeln und einem zurückgesetzten Haupttrakt, dessen Mittelbereich von siebengeschossigen Turmbauten mit einer expressiven Dachbekrönung aus schlanken Spitzbögen flankiert wird. Die mit Antennen besetzten Turmspitzen sind nicht erhalten. Das reich ornamentierte fünfte Geschoss ist über dem Hauptgesims zurückgesetzt. Die rückwärtige Bebauung entspricht nicht der barocken Geste der Straßenfront, denn sie ist ohne symmetrische Ordnung den Grundstücksverhältnissen angepasst. Hinter dem Westflügel ist ein umbauter Hof ausgebildet, eine Verbindungsbrücke führt zum ehemaligen Haferspeicher, während sich an die Osthälfte des Hauptgebäudes ein zweiter Hof anschließt. Die großartige Architektur lässt sich mit Bauten von Fritz Hoeger, Wilhelm Kreis oder Philipp Schaefer vergleichen. (5) Karl Pfuhl bildete hervortretende Wandpfeiler aus, ordnete die Fenster in spitz zulaufenden Blenden an und gestaltete textilartige Ziegelmuster mit einem bizarren Zackenschmuck. Die expressive Bauornamentik - an den Haupteingängen, an der zweigeschossigen, über einer gebrochenen Bogenform ausgebildeten Verbindungsbrücke zum ehemaligen Haferspeicher, an dem fensterlosen Hörsaalblock über dem Nordostflügel - ist von höchster Qualität. Der Reichsadler über dem Haupteingang stammt von Josef Thorak. Durch das Vestibül mit grauer Wandverkleidung und silbern schimmernder Decke über einem Boden aus kobaltfarbenem Hartglasmosaik betritt man einen eindrucksvollen viergeschossigen Lichthof, der von Galerien und Treppenhäusern umgeben ist. Die durch Oberlicht erhellte Halle ist mit türkisfarbenen Keramikfliesen ausgekleidet. Reizvoll sind die durchbrochenen Wände der Treppenhäuser mit ihren aus stilisierten Adlern gebildeten Wandelementen. Während sich der Lichthof in der ursprünglichen Gestalt präsentiert, (6) wurde die Ausstellungshalle im Innenhof des Westflügels durch Umbauten erheblich verändert. Eine moderne Lichtdecke ersetzt die alte Oberlicht-Glasdecke. Der Hörsaal über dem Nordostflügel brannte im Zweiten Weltkrieg aus, wurde aber 1954 neu ausgestaltet. Im Gebäude befinden sich zahlreiche Büros, Werkstätten und Labors, die nach einem streng funktionalistischen Grundriss über Mittelflure erschlossen werden. Das ehemalige Reichspostzentralamt beherbergt heute Abteilungen der Deutschen Telekom AG.


(1) Das Reichspostzentralamt. Ein Erinnerungsbuch, Berlin 1919, S. 15-26; Jaeger, Falk: Posthorn & Reichsadler. Die historischen Postbauten in Berlin, Berlin 1987, S. 177; Tempelhof - Bauten, Straßen, Plätze 1992, S. 22; Dehio Berlin 2000, S. 411.

(2) BusB X B (4), S. 15.

(3) Das Reichspostzentralamt. Ein Erinnerungsbuch, Berlin 1929; Hentschke, F.: Der Neubau des Reichspostzentralamtes in Berlin-Tempelhof und der Oberpostdirektion in Charlottenburg, in: Der Stahlbau 3 (1930), S. 309-311; Maier, Alois: Bauten der Reichspost, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 59 (1939), S. 879; Neuere Berliner Postbauten, in: Deutsche Bauzeitschrift 3 (1955), S. 178-187; BusB X B (4), S. 40-44, 175-176; Jaeger, Falk: Posthorn & Reichsadler. Die historischen Postbauten in Berlin, Berlin 1987, S. 176-185; Tempelhof - Bauten, Straßen, Plätze 1992, S. 22-23; Dehio Berlin 2000, S. 411.

(4) Es handelt sich um einen Mauerwerksbau mit innen liegendem Stahlskelett-Tragwerk. Der Hörsaalaufbau ist als Stahlskelettkonstruktion ausgeführt.

(5) Wegweisend für die expressive Architektur in Deutschland waren das Chilehaus in Hamburg von Fritz Hoeger und die Gesolei-Ausstellungshalle in Düsseldorf, 1926 von Wilhelm Kreis. Die kristalline Turmbekrönung des Reichspostzentralamts lässt sich vergleichen mit den Turmaufsätzen des Kinos "Mercedes-Palast" in Berlin-Wedding, 1926, und des Kaufhauses Karstadt am Hermannplatz in Berlin-Kreuzberg, 1927-29 von Philipp Schaefer. Die Parfümerie-Fabrik Scherk in Berlin-Steglitz, 1926 von Fritz Hoeger, zeigt eine ähnliche textil strukturierte Bauornamentik.

(6) Die originale Oberlichtverglasung mit ihren farbigen und geschliffenen Feldern wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Durch die Wiederherstellung der Oberlichtdecke in der Nachkriegszeit, nun allerdings mit Mattglas, blieb der Raumeindruck gewahrt.

Literatur:

  • BusB X B 4 1987 / Seite 40-44, 175f.
  • BusB II/III 1896 / Seite 396-398
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 99f.
  • BusB III 1966 / Seite 101
  • Jaeger: Posthorn und Reichsadler, 1987 / Seite 176-185
  • Das Reichspostzentralamt - Ein Erinnerungsbuch, Berlin 1929 / Seite 15-17, 146
  • Hentschke, F.: Die Neubauten des Reichspostzentralamtes in Berlin-Tempelhof und der Oberpostdirektion in Charlottenburg, in: Der Stahlbau 3 (1930) 26 / Seite 309-311
  • Neuere Berliner Postbauten, in: Deutsche Bauzeitschrift 3 (1955) 3 / Seite 178-187
  • Dehio, Berlin, 2000 / Seite 411

Teilobjekt Reichspostzentralamt

Teil-Nr. 09055126,T,001
Sachbegriff Verwaltungsgebäude
Datierung 1925-1930
Entwurf Pfuhl, Karl & Beisel, Edmund (Postbaurat)
Ausführung Reiß
Adressen Ringbahnstraße 132

Literatur:

  • Hentschke, F.: Der Neubau des Reichspostzentralamtes in Berlin-Tempelhof und der Oberpostdirektion in Charlottenburg, in: Der Stahlbau 3 (1930) / Seite 309-311
  • Der Adler als Hoheitszeichen, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 55 (1935) / Seite 451
  • Maier, Alois: Bauten der Reichspost, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 59 (1939) / Seite 879

Teilobjekt Fourage-Magazin des Garde-Train-Bataillons (Körnermagazin) (Lagergebäude I)

Teil-Nr. 09055126,T,002
Sachbegriff Speicher
Datierung 1888-1891
Entwurf Böhm & Bachem (Garnisonsbauinspektor & Königlicher Regierungsbaumeister)
Adressen Schöneberger Straße 11, 12, 13, 14, 15

Teilobjekt Fourage-Magazin des Garde-Train-Bataillons (Haferspeicher) (Lagerhaus II)

Teil-Nr. 09055126,T,003
Sachbegriff Lagergebäude
Datierung 1894-1895
Entwurf Weisenberg & Perlia (Garnisonsbauinspektor & Königlicher Regierungsbaumeister)
Adressen Ringbahnstraße 130

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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