Denkmaldatenbank
Ullstein-Druckhaus
09055109 | |
Bezirk | Tempelhof-Schöneberg |
Ortsteil | Tempelhof |
Adressen | Mariendorfer Damm 1, 3 Ullsteinstraße 114, 122, 124, 126, 128, 130, 134, 136, 142 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Druckerei |
Datierung | 1925-1927 |
Entwurf | Schmohl, Eugen (Architekt) |
Ausführung | Berlinische Boden-Gesellschaft (Baugesellschaft) |
Bauherr | Ullstein AG (Verlagsunternehmen) |
Südlich des Tempelhofer Hafens beherrscht das 1925-27 von Eugen Schmohl erbaute Ullsteinhaus, Mariendorfer Damm 1/3 und Ullsteinstraße 114/142, den Stadtraum. (1) Mit seinem weithin sichtbaren Turm gilt es als Wahrzeichen Tempelhofs und war Markenzeichen des Ullstein-Verlags. Das imposante Bauwerk erinnert an die Bedeutung Berlins als Zeitungsstadt. Der 1877 von Leopold Ullstein im Berliner Zeitungsviertel an der Kochstraße gegründete Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Ullstein nutzte das Gebäude als Druckhaus. Das Bauwerk besteht aus einer siebengeschossigen Vierflügelanlage, die sich um einen teils nach Osten geöffneten, fast quadratischen Innenhof legt. In die nordwestliche Hofecke ist der 77 Meter hohe Turm eingestellt. Im Süden schiebt sich ein achtgeschossiger Verwaltungstrakt bis zum Mariendorfer Damm vor. Zur Bauzeit war das Ullsteinhaus der größte Stahlbetonskelettbau in Deutschland. Die tragende Konstruktion verbirgt sich hinter einer reich profilierten Klinkerverkleidung. Die starke Vertikalausrichtung mit den spitz zulaufenden, expressiv gestaffelten Wandpfeilern und den aufstrebenden Fensterachsen mutet gotisch an. Der in die Sichtachse des Tempelhofer Damms gestellte Turm lässt das Bauwerk als "Industriekathedrale" erscheinen. Durch die schmalen Lanzettfenster der Turmbekrönung leuchtet das niedriger angeordnete kupfergedeckte Zeltdach. Eugen Schmohl hatte bereits Erfahrung im Hochhausbau. Er entwarf 1922-24 das erste Berliner Hochhaus, den Borsig-Turm in Tegel. Für den außerordentlich reichen künstlerischen Schmuck des Ullsteinhauses wurde etwa ein Zehntel der Bausumme ausgegeben. (2) Die Bildhauerarbeiten am Außenbau stammen von Wilhelm Gerstel. Kragsteine aus Travertin und die über dem Sockel am Fuß der Wandpfeiler eingemauerten Travertinblöcke mit figürlichen Darstellungen betonen die Eingangs- und Eckbereiche. Über dem Haupteingang am Mariendorfer Damm sind dreigeteilte Reliefs angeordnet, die aus einer zweifigurigen Gruppe und ornamental gestalteten Seitenbereichen bestehen. Durch den Haupteingang war eine großzügige Eingangshalle zu erreichen, die allerdings in der Nachkriegszeit verbaut wurde. (3) Die ausgesparte Nordwestecke des Gebäudes, hervorgehoben durch einen baldachinartigen Eingangsvorbau mit schlanken Stützen, enthält den Arbeitereingang. Das Dach wird von einer riesigen, von Fritz Klimsch geschaffenen Eule bekrönt, die das Signet des Ullstein-Verlags darstellt. Durch den Vorbau betritt man die beeindruckende Arbeitereingangshalle, die von hohen parabelförmigen Bögen überspannt wird. In der Mitte führt eine Treppe zur Garderobe im Kellergeschoss. Die in den beiden Untergeschossen befindlichen Sozialeinrichtungen werden durch Fenster in der Kaimauer des Teltowkanals belichtet. Die Kantinenterrasse öffnet sich mit großen Arkaden zum Teltowkanal. (4)
Im Ullsteinhaus wurden die Zeitschriften und Bücher des Ullstein-Verlags gedruckt, während die Zeitungsherstellung, die Redaktionen und die kaufmännische Leitung im Stammhaus in der Kochstraße blieben. Die jüdische Familie Ullstein, die 1934 enteignet wurde, erhielt ihren Besitz 1952 zurück. Bei den Umgestaltungen der Nachkriegszeit wurde der nur bis zum zweiten Obergeschoss hochgeführte Flügel an der Ullsteinstraße 1956-57 an die Höhe der übrigen Bauteile angepasst. Zwischen 1956 und 1960 ging die Aktienmehrheit an den Verleger Axel Springer, der nach Fertigstellung des Springer-Hochhauses in der Kochstraße 1966 das Ullsteinhaus verkaufte. Im Druckhaus Tempelhof wurden noch bis 1985 Zeitungen und Zeitschriften gedruckt. 1986 begann der Aus- und Umbau zu einem Gewerbestandort und Modezentrum. Gernot und Johanne Nalbach fügten 1991-93 einen Erweiterungstrakt an, der eine kühle Distanz zum Altbau wahrt. Am Teltowkanal sind zwei mehrstöckige Gewerbebauten angeordnet, an der Ullsteinstraße erheben sich über einem ausschwingenden Sockelgeschoss drei Punkthäuser.
(1) Ein Industriebau von der Fundierung bis zur Vollendung, Berlin 1927; Ein neuzeitlicher Industriebau, in: Bauwelt 18 (1927), Heft 17, Beilage, S. 1-8; Zucker, Otto: Die Fundierung des neuen Ullstein-Druckgebäudes in Berlin-Tempelhof, in: Das deutsche Bauwesen 3 (1927), S. 107-114; Lampmann, G.: Ein Industriebau, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 47 (1927), S. 627-628; Platz, Gustav Adolf: Die Baukunst der neuesten Zeit. Berlin 1927, S. 372; Weiß, Wilhelm/Petry, W.: Das Ullsteinhaus in Berlin, in: Der Stahlbau 3 (1930), S. 47-48, 166-168; Johannes, Heinz: Neues Bauen in Berlin, Berlin 1931, S. 64; BusB IX, S. 60-62, 107; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 256-259; Nalbach und Nalbach - Das Ullsteinhaus. Vom Druckhaus zum Modecenter, hrsg. v. Helmut Engel, Berlin 1998; Tempelhof und seine Industrie 2000, S. 76-82; Dehio Berlin 2000, S. 413-414.
(2) Gabler, Josephine: Die Bildhauerarbeiten am Ullsteinhaus in Tempelhof, in: Nalbach und Nalbach - Das Ullsteinhaus. Vom Druckhaus zum Modecenter, hrsg. v. Helmut Engel, Berlin 1998, S. 67-76.
(3) Die Bildhauerarbeiten von Fritz Röll sind nicht erhalten. An den Pfeilern der Eingangshalle waren als Kapitellfiguren volkstümliche Figuren mit Attributen aus der Welt des Buches und der Verwaltung zu sehen.
(4) Die beiden Wandbrunnen aus Keramik von Josef Thorak sind nicht erhalten.
Literatur:
- Reclam Berlin / Seite 378 f.
- Ein Industriebau von der Fundierung bis zur Vollendung,Berlin 1927 / Seite .
- Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 139f.
- BusB IX 1971 / Seite 60 ff., 107
- Hildebrand/ Lemburg/ Wewel: Historische Bauwerke, 1988 / Seite 256-259, Kat. 81
- Beseler/ Gutschow: Kriegsschicksale I, 1988 / Seite 179
- Hoff: Streifzüge 2, 1986 / Seite 76-79
- N.N.: Ein neuzeitlicher Industriebau, in: Bauwelt 18 (1927) / Seite 431-438
- Zucker, Otto: Die Fundierung des neuenUllstein-Druckgebäudes in Berlin-Tempelhof, in: Das deutscheBauwesen 3 (1927) / Seite 107-114
- Lampmann, G.: Ein Industriebau, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 47 (1927) / Seite 627-628
- Schmitz, Hermann: Die jüngste Entwicklung der Baukunst in Berlin, in: Deutsche Bauzeitung 62 (1928) / Seite 85
- Bier, Julius: "Großmacht der Presse" in Stein, in: Die Form 4 (1929) / Seite 298-299
- Bahn, H.: Moderne Ziegelbauten, in: Groß-Berliner Bau-Zeitung 5 (1929) 52 / Seite 10
- Weiß, Wilhelm; Petry, W.: Das Ullsteinhaus in Berlin, in: Der Stahlbau 3 (1930) / Seite 47-48, 166-168
- Bauwelt 22 (1931) / Seite 647, Bauwelt-Rundfahrten
- Salmony, Alfred: Moderne Lichtreklame im Hochbauwesen, in: Der Industriebau 22 (1931) / Seite 13
- Zentralblatt für das deutsche Baugewerbe 28 (1931) / Seite 168
- Kersten, C.: Skelettbauten in Eisenbeton, in: Deutsche Bauzeitung 71 (1937) / Seite 273-274
- Fuchs, Wilhelm: Ullstein-Haus, Mariendorfer Damm 1-3, in: Reparieren, Renovieren, Restaurieren. Vorbildliche Denkmalpflege in Berlin, Berlin 1998 / Seite 60f.
- Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 224f.
- Salimi-Asl: Architektonische Attraktion. Ullsteinhaus: Wechselvolle Geschichte seit 1926, in: Berliner Zeitung vom 07.10.1991
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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