Denkmaldatenbank

Askania-Werke

Obj.-Dok.-Nr. 09055085
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Mariendorf
Adressen Großbeerenstraße 2

Lankwitzer Straße 31

Rathausstraße 42, 48

Ringstraße 51, 52, 53, 57, 66
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Industrieanlage & Gaswerk & Umspannwerk
Datierung 1899, 1938-1940
Umbau 1957-1962
Entwurf Altmann, Hans (Architekt)
Entwurf Schulz und Schlichting (Industrieunternehmen)
Bauherr Askania-Werke (Architektensozietät)
Entwurf Schirmer und Peterbus (Bauunternehmen)
Ausführung Boswau und Knauer & Philipp Holzmann AG

Das (...) sehr weiträumige Grundstück Großbeerenstraße 2, Rathausstraße 48 und Ringstraße 51-53, 57, 66 gehörte ursprünglich zum Gaswerk Mariendorf, das auf dem Gelände verschiedene Werkstätten unterhielt. An der Großbeerenstraße steht das 1899 von Schulz & Schlichting erbaute Umspannwerk des Gaswerks Mariendorf. Das zweigeschossige Backsteingebäude mit einem übergiebelten Mittelrisalit, einem hohen Satteldach zwischen zwei gotisch anmutenden Giebeln und einem niedrigen Anbau mit Walmdach beherbergte die Transformatoren für die Stromversorgung des Gaswerks. Das Grundstück ging in den 1930er Jahren an die Askania-Werke AG, die 1921 aus der Fusion der Dessauer Centralwerkstatt mit der Firma Carl Bamberg, Werkstätten für Präzisionsmechanik und Optik in Berlin-Friedenau entstanden war. Das Unternehmen fertigte feinmechanische und optische Geräte, Registrierinstrumente für Gas, Wasser und Elektrizität, astronomische, nautische und geodätische Apparate, Statoskope für Flugzeuge, Periskope für die Seefahrt sowie Feldstecher. Die Hochrüstung vor dem Zweiten Weltkrieg führte zu einer gewaltigen Produktionssteigerung, die einen Ausbau des Stammwerks in Berlin-Friedenau erforderlich machte. (1) Hans Altmann, der Hausarchitekt des Unternehmens, bis 1920 Gemeindebaurat von Friedenau, errichtete 1938-40 eine ausgedehnte Fabrikanlage neben dem Gaswerk Mariendorf. (2) Die Ansiedlung in Mariendorf lässt sich damit erklären, dass die Deutsche Continental Gas Gesellschaft, hervorgegangen aus der ICGA, der Hauptaktionär der Askania-Werke AG war.

Die Askania-Werke zeigen, dass die Industriearchitektur aus der Zeit des Nationalsozialismus vorrangig durch Funktionalität geprägt war. Hans Altmann entwarf moderne, auf klaren Linien aufbauende Gebäude im sachlichen Stil der 1920er und 1930er Jahre. Die Stahlbetonskelettbauten sind mit dunkelbraunen Klinkern verkleidet. Durch die nüchterne architektonische Grundhaltung und das durchgängig verwendete Klinkermaterial entsteht ein einheitliches Bild. Den Kern der Fabrikanlage bilden zwei sechsgeschossige Stockwerksbauten mit quer anbindenden achtgeschossigen Fahrstuhl- und Treppenhaustürmen. Die liegenden Fenster der Stockwerksbauten sind durch lang gestreckte, von Gebäudeecke zu Gebäudeecke reichende Muschelkalkrahmungen zu horizontalen Fensterbändern zusammengefasst. Über dem auskragenden Gesims aus Muschelkalk ist eine niedrige, geschlossene Attika ausgebildet. Zu jedem Stockwerksbau gehört eine großflächige rechteckige Shedhalle. Für eine großzügige Belichtung der mehrschiffigen Hallen sorgen die pultdachförmig angelegten Sheds und die fast vollständig verglasten Längsfronten.

Dem nördlichen Stockwerksbau ist das Heizkraftwerk vorgelagert, das aus spannungsvoll gestaffelten kubischen Bauteilen besteht. Der Mitteltrakt ist durch zwei an der Westseite angeordnete rechteckige Schornsteine hervorgehoben. Das Gegenstück zum Heizkraftwerk ist die Montagehalle vor dem südlichen Stockwerksbau. Die lang gestreckte Halle wird an der östlichen Längsseite durch ein Stützenraster und zwei übereinander stehende Fensterreihen gegliedert. An die südliche Giebelseite schließt sich der markante, an drei Seiten freistehende Versuchsturm an. Der kubische, flach gedeckte Turmblock besitzt einen weit geöffneten Turmraum, in dem optische und geodätische Geräte getestet wurden. Das Verwaltungsgebäude an der Rathausstraße wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. Die vertikale Fassadengliederung mittels Lisenen wird durch das stufenartig vorgesetzte Treppenhaus an der Westseite nochmals verstärkt. An der Zufahrt zum nördlichen Stockwerksbau ist das Pförtnerhaus zu finden. Das kleine Gebäude besitzt ein weit auskragendes Dach, das von zwei schlanken Klinkerpfeilern getragen wird.

In den Askania-Werken waren bis 1945 etwa 20.000 Menschen beschäftigt, darunter viele Zwangsarbeiter, die in Baracken auf dem Firmengelände lebten. Nach Kriegsende wurde die Produktion optischer und mechanischer Geräte langsam wieder aufgenommen. Ein Großteil des Fabrikgeländes war in den 1950er Jahren an den Berliner Fruchthof vermietet, bis sich die Askania-Werke AG entschloss, das Stammwerk in Friedenau zugunsten des Standorts in Mariendorf aufzugeben. Um zusätzliche Fertigungsstrecken aufzunehmen, wurde den beiden Shedhallen eine dritte Halle gleicher Größe hinzugefügt. Der 1957-62 errichtete Erweiterungsbau ist ein überzeugendes Beispiel für die sachliche, zweckorientierte, zugleich aber heitere Industriearchitektur der Nachkriegszeit. Die elegant geschwungenen Sheds formen eine bewegte Silhouette. Der Produktionshalle ist ein viergeschossiger Kopfbau mit Rasterfassade vorgelegt, während an der Nordseite eine Laderampe entlangläuft, die von einem in der ganzen Länge durchgehenden Spannbetondach überdeckt wird. Dem kurzzeitigen wirtschaftlichen Wachstum folgte der Niedergang des Unternehmens und die Schließung des Mariendorfer Werks. Der nördliche Teil des Geländes wurde 1965 an die Schindler AG vermietet, die auf dem Grundstück heute ihren Firmensitz unterhält. Einige Gebäude stehen leer.


(1) Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Berlin. Bezirk Schöneberg. Ortsteil Friedenau, Berlin 2000, S. 156-157.

(2) Teufert, O.: 16. 10. 1961: 90 Jahre Askania-Werke, in: Askania-Warte 18 (1961), Heft 58, S. 1-8; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 246-247.

Literatur:

  • Hildebrand, Lemburg, Wewel: Historische Bauwerke, 1988 / Seite 246f., Kat. Nr. 76
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 176ff.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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