Denkmaldatenbank

Haus Brasch

Obj.-Dok.-Nr. 09050542
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Wannsee
Adressen Am Großen Wannsee 36
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus & Landhaus
Datierung 1927-1928
Entwurf Muthesius, Hermann (Architekt)
Ausführung Bannert, Georg (Architekt)
Bauherr Brasch, Eugen (Kaufmann)

Die heute von zwei Wassersportclubs genutzten Seegrundstücke Am großen Wannsee 34 und 36 bildeten ursprünglich eine Einheit, wie an der gediegenen Einfriedung aus Werkstein mit schmiedeeisernen Gittern und expressionistischem Tor noch ablesbar ist. Das Haus Brasch, Am Großen Wannsee 36, heute Vereinshaus des Berliner-Segler-Vereins 1907, ist ein moderat neoklassizistisches Wohnhaus mit hohem Walmdach. Insbesondere wegen seiner ungewöhnlichen hellen Kalksandsteinverkleidung, seinem Eingangsaltan und der Vorfahrt fällt es im Straßenbild auf. Es ist das letzte Landhaus, das der renommierte Architekt und Architekturtheoretiker Hermann Muthesius in Berlin entworfen hat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine komplette Neuschöpfung, sondern um eine umfangreiche Umbau- und Erweiterungsmaßnahme. 1926 hatte der Kaufmann Eugen Brasch als neuer Eigentümer des Grundstücks Hermann Muthesius mit dem Umbau der älteren Villa Reclam zu einem modernen Landhaus beauftragt. (1) Die im August 1927 zuletzt überarbeiteten Entwürfe gehören zu den späten Werken, die Muthesius kurz vor seinem Tod im Oktober 1927 konzipiert hat. Bis zur Fertigstellung 1928 war dann der Architekt Georg Bannert mit der Bauausführung betraut. Dabei wurde der Vorgängerbau grundlegend umgestaltet und durch einen Anbau auf gut das doppelte Volumen erweitert.

Der mächtige zweigeschossige Baukörper mit Sockelgeschoss wird durch Gurtgesimse aus Muschelkalk horizontal gegliedert. Passend sind die Fenster ebenfalls in Muschelkalkstein gerahmt und im Obergeschoss mit Klappläden versehen. Auch die Pfeiler des Eingangsaltans besitzen eine entsprechende Verkleidung. Die Fassaden zeigen nur wenige für Muthesius frühere Landhäuser typische Formen, so zum Beispiel die über zwei Stockwerke reichenden "Bay-windows" an der südöstlichen Längsseite oder der ähnlich gestaltete Fenstererker mit Altan an der Seeseite. Wie auch bei anderen Landhäusern der 1920er Jahre, zum Beispiel dem Haus Tuteur in Charlottenburg, entwarf Muthesius hier nicht mehr im englischen Landhausstil, sondern im klassizistischen Stil. Bemerkenswert ist dabei allerdings die schlichte Form unter weitgehendem Verzicht auf malerische Attribute, zu deuten vielleicht als Einfluss der Moderne der 1920er Jahre. Inwieweit Wünsche des Auftraggebers dafür verantwortlich waren, ist schwerlich zu ermitteln, jedoch fügt sich Haus Brasch in die Reihe der ab 1910 Am großen Wannsee entstandenen neoklassizistischen Landhäuser nahtlos ein. Die Innengestaltung wird durch eine das ganze Gebäude von der Straßen- bis zur Seeseite durchquerende, mit flacher Tonne gedeckte Halle geprägt. Diese - in sich nochmals in Podest, Vestibül, eigentliche Halle und seeseitige Veranda gegliedert - ist bestimmend für die gesamte Raumkonzeption und geht sicher auf Muthesius zurück. Die seitlich anschließenden Gesellschaftsräume liegen auf gleichem Niveau. Beeindruckend ist die weitgehend erhaltene Innenausstattung der Haupträume im Stil des Art déco. Eine Besonderheit bildet der Kamin in der Halle mit figürlichen Reliefdarstellungen, welche die Sommer- und Wintersportarten personifizieren. Konzeptionell stellt Haus Brasch ein wichtiges Zeugnis für das Spätwerk von Hermann Muthesius dar. Gleichzeitig ist es ein bemerkenswertes Beispiel für die Vereinfachung der konservativen, am Klassizismus orientierten Architektur unter dem Einfluss von Neuer Sachlichkeit und Art déco.


1) Zur Villa Carl Reclams, Werk des Friedenauer Architekten Otto Hoffmann von 1898, siehe: Heinisch/Schumacher 1988, S. 156. Haus Brasch wurde in der Forschung als Werk von Muthesius bislang kaum beachtet.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Wannsee, 2013 / Seite 95f
  • Heinisch; Schumacher: Colonie Alsen, Berlin 1988 / Seite 156

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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